Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2019

Verfassungsschutz in Hessen

Freiheitliche demokratische Grundordnung

Den Kern der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland bildet die freiheitliche demokratische Grundordnung. In ihr sind tragende Grundprinzipien festgeschrieben, die absolute Werte und unverzichtbare Schutzgüter sind. Resultierend aus den Erkenntnissen über das Scheitern der Weimarer Republik und aus den furchtbaren Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Terror- und Unrechtsregime (1933 bis 1945) ist die Demokratie in Deutschland heute streitbar und abwehrbereit (siehe hierzu Hessischer Verfassungsschutzbericht 2018, S. 14–20). Die Demokratie ist willens und fähig, sich gegen Angriffe ihrer Feinde zu verteidigen. Der Verfassungsschutz hat hierbei die wichtige Funktion eines „Frühwarnsystems“.

Auf einen Blick
  • Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
  • Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
  • Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit | Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unsere Demokratie eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung. In ihr sind die Grundrechte der Bürger garantiert; es ist jedem Bürger möglich, staatliche Entscheidungen durch unabhängige Gerichte nachprüfen zu lassen. Das bedeutet, dass staatliche Willkür ausgeschlossen und das Handeln der Behörden an Recht und Gesetz gebunden ist. Jeder Bürger genießt Rechtssicherheit. Diese Ordnung gründet sich auf dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit, auf der Freiheit und Gleichheit aller Menschen, auf der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gerichte.

Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | Zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die unabänderliche oberste Werteprinzipien als Kernbestand unserer Demokratie enthält, zählen:

  • die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte,
  • das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  • die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  • das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  • die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung
  • die Unabhängigkeit der Gerichte und
  • der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt | Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 (2 BvB 1/13) auf den Antrag des Bundesrates, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisationen als verfassungswidrig einzustufen und aufzulösen, Folgendes erklärt:

„Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG beinhaltet die zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit nicht vereinbar. Daneben sind im Rahmen des Demokratieprinzips die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung aller Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) konstitutive Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips gilt dies für die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte und das staatliche Gewaltmonopol“.

Aufgaben, Befugnisse, Mitwirkungsaufgaben

Aufgabe des LfV ist, es den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit von Bund und Ländern zu treffen. Darüber hinaus erstellt das LfV Lageberichte und Analysen. Zu diesem Zweck sammelt es Informationen – insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen – über extremistische Bestrebungen und sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten und wertet sie aus.

Auf einen Blick
  • Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen
  • Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln
  • Mitwirkungsaufgaben des LfV

Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen | Extremistische Bestrebungen im Sinne des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes (HVSG) sind politisch bestimmte ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen. Nicht extremistisch ist die kritische Auseinandersetzung mit Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, ohne dass diese Auseinandersetzung das Ziel der Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verfolgt.

Neben extremistischen Bestrebungen, die auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen, beobachtet das LfV

  • sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG), gerichtet sind,
  • Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln | Das LfV hat keine exekutiven Befugnisse. Es darf zum Beispiel Personen weder vorladen noch festnehmen oder Durchsuchungen durchführen. Die Zusammenarbeit mit dem LfV beruht für Privatpersonen auf Freiwilligkeit. Um Maßnahmen, zu denen es selbst nicht befugt ist, darf das LfV die Polizei nicht ersuchen, was eine der Ausprägungen des Trennungsgebots zwischen Verfassungsschutz und Polizei ist.

Mitwirkungsaufgaben des LfV | Neben den oben beschriebenen Aufgaben unterstützt das LfV im Bereich des Geheim- und Wirtschaftsschutzes Behörden und Unternehmen mit seinen Erkenntnissen und seinem Wissen. Ebenso wirkt das LfV mit bei:

  • Aufenthalts-/Einbürgerungsverfahren von Ausländern und
  • Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen (unter anderem für die Bereiche Luftsicherheit, Atomkraftanlagen und den Umgang bzw. Verkehr mit Waffen und Sprengstoff).

Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzlich festgelegt. In allen Ländern bestehen hierfür eigene gesetzliche Grundlagen. In Hessen sind die Aufgaben und Befugnisse im HVSG geregelt. Darüber hinaus regelt das Bundesverfassungsschutzgesetz die Aufgaben und die Rechtsstellung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern.

Methoden

Um mittels kontinuierlicher Beobachtung verfassungsschutzrelevante Bestrebungen und Tätigkeiten zu erkennen und in fundierten Analysen zu beschreiben, bedient sich das LfV verschiedener Methoden. Sie reichen von der Informationsgewinnung aus allgemein zugänglichen Quellen über das Verwenden technischer Mittel bis hin zum Einsatz von Vertrauensleuten.

Auf einen Blick
  • Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen
  • Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln

Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen | Die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen gewinnt das LfV vornehmlich aus allgemein zugänglichen Quellen. Dazu gehören unter anderem

  • Publikationen,
  • Internetinhalte sowie
  • öffentliche Veranstaltungen.

Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln | Verfassungsfeinde und andere Personen bzw. Gruppierungen, die dem Beobachtungsauftrag des LfV unterliegen, arbeiten oft konspirativ, das heißt, sie versuchen ihre wahren Ziele und Aktivitäten zu verschleiern oder geheim zu halten. Das Sammeln allgemein zugänglichen Materials durch das LfV und der Informationsaustausch mit anderen Behörden und anderen Stellen genügen deshalb zuweilen nicht, um ein vollständiges und sachgerechtes Bild von verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen sowie von Spionagetätigkeiten und Aktivitäten der Organisierten Kriminalität zu erhalten. Daher ist das LfV befugt, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs,
  • der Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung,
  • der Einsatz technischer Mittel zur Ortung von Mobilfunkendgeräten,
  • die Observation verdächtiger Personen,
  • das Fertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen,
  • die Beobachtung des Internets sowie
  • das Einsetzen von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten.

Die Vertrauensleute gehören nicht dem Verfassungsschutz an, liefern aber Informationen aus dem jeweiligen Beobachtungsobjekt.

Nachrichtendienstliche Mittel dürfen in Bezug auf personenbezogene Daten nur dann angewendet werden, wenn hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die entsprechenden Regelungen sind in § 5 HVSG festgelegt. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel unterliegt gesetzlichen Schranken, wobei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 14 HVSG) zu beachten ist.

Kontrolle

Die Tätigkeit des LfV wird auf vielfältige Weise kontrolliert. Dies geschieht insbesondere durch die Parlamentarische Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) des Hessischen Landtags. Die Regularien, welche die parlamentarische Kontrolle und die PKV als Institution betreffen, sind im Verfassungsschutzkontrollgesetz (VerfSchKontG) festgeschrieben.

Auf einen Blick
  • Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Hessischen Landtags
  • Pflichten der Hessischen Landesregierung
  • Befugnisse der PKV
  • G-10-Kommission
  • Rechts- und Fachaufsicht
  • Weitere Kontrollen

Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Hessischen Landtags | Die PKV besteht aus sieben Mitgliedern, die der Hessische Landtag gemäß § 1 Abs. 2 VerfSchKontG aus seiner Mitte wählt. Demnach bestimmt die Volksvertretung die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der PKV. Die Beratungen der PKV sind geheim.

Pflichten der Hessischen Landesregierung | Die Pflicht der Hessischen Landesregierung zur Unterrichtung der PKV sowie deren Befugnisse sind durch das im Juni 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen (Art. 2 – Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen) präzisiert und erweitert worden. Neben der umfassenden Unterrichtung der PKV durch das für das LfV zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport über die allgemeine Tätigkeit des LfV und über Vorgänge von besonderer Bedeutung wird die Kontrollkommission über weitere Sachverhalte informiert: so etwa über besondere Auskunftsersuchen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung, die Ortung von Mobilfunkendgeräten und Observationen sowie den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten (§§ 10, 7, 9, 11, 12 u. 13 HVSG).

Befugnisse der PKV | Jedes Mitglied der PKV kann die Einberufung einer Sitzung und die Unterrichtung der PKV verlangen. Darüber hinaus hat jedes Mitglied das Recht der Akteneinsicht; falls erforderlich, ist dabei auch Zutritt zu den Dienststellen des LfV zu gewähren. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit kann die PKV einen Sachverständigen mit der Durchführung von Untersuchungen beauftragen, welcher der PKV über das Ergebnis berichten muss. Darüber hinaus hat die PKV das Recht, den Haushaltsplan des LfV mitzuberaten.

G-10-Kommission | Maßnahmen, die mit einem Eingriff in Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) verbunden sind, bedürfen der Genehmigung der G-10-Kommission des Hessischen Landtags.

Rechts- und Fachaufsicht | Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport nimmt die Rechts- und Fachaufsicht über das LfV wahr, das heißt, es prüft die Recht- und Zweckmäßigkeit des Handelns des LfV, indem es dessen Aufgabenerledigung steuert und kontrolliert. Dies geschieht etwa mittels Strategie- und Programmplanungen, Zielvereinbarungen, Besprechungen, Weisungen und Erlassen.

Weitere Kontrollen | Darüber hinaus kontrollieren der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, der Hessische Rechnungshof und – mittelbar auf dem Wege der Berichterstattung und Kommentierung – die öffentlichen Medien die Tätigkeit des LfV. Die Speicherung personenbezogener Daten, Auskunftserteilungen und die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, die das LfV zu Lasten Betroffener trifft, unterliegen darüber hinaus der vollständigen gerichtlichen Kontrolle.

Strukturen, Organisation, Haushalt

Der Verfassungsschutz ist als Inlandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland föderal organisiert. Der Bund und die 16 Länder unterhalten jeweils eigene Verfassungsschutzbehörden.

Auf einen Blick
  • Organisation
  • Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget

Organisation | Als obere Landesbehörde untersteht das LfV dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. Das LfV hat seinen Sitz in Wiesbaden. Das LfV gliedert sich in fünf der Amtsleitung unterstehende Abteilungen. An die Amtsleitung angebunden sind ebenso der Stab sowie die Koordination des Nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS), die Interne Revision, die Geheimschutzbeauftragte, die Datenschutzbeauftragte, die Koordination Dokumentenmanagementsystem (DMS) sowie die Projektgruppe 24/7- Dauerdienst. Darüber hinaus verfügt das LfV in Hessen über Außenstellen.

Wie in jeder Behörde gibt es einen Personalrat, eine Schwerbehindertenvertretung und eine Gleichstellungsbeauftragte.

Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget | Die Personalmittel sowie die Finanzmittel für Personal- und Sachausgaben sind im Haushaltsplan des Landes Hessen ausgewiesen. Für das Jahr 2019 standen dem LfV 375 Planstellen zur Verfügung. Das Ausgabenbudget für das Jahr 2019 belief sich auf 29.658.500.- Euro.

Wesentliche institutionelle Elemente der Sicherheitsarchitektur auf Bundesebene und in Hessen

Die Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland wurde in den letzten Jahren ausgebaut und modifiziert. Die Zielsetzung war hierbei, auf Gefahren und Bedrohungen flexibler und schneller reagieren zu können sowie Wissen und Kompetenzen verschiedener Sicherheitsbehörden zu bündeln. Relevante Informationen sollen unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten und gesetzlichen Vorgaben zusammengeführt und bewertet werden, ohne die organisatorische Trennung der Sicherheitsbehörden in Frage zu stellen.

Auf einen Blick
  • Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand
  • Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur
  • HETAZ

Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand | Nach wie vor unterlagen Organisation und Effizienz der Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere das Zusammenwirken ihrer einzelnen Elemente, einem Prüfungsprozess. Der vom Deutschen Bundestag 2018 eingesetzte Untersuchungsausschuss zum islamistisch motivierten Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin vom 19. Dezember 2016 soll sich unter anderem ein Urteil bilden zu der Frage,

„ob die Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder sowie die für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten sachgerechte Maßnahmen ergriffen haben, ob Informationen zwischen den einzelnen Behörden zeit- und sachgerecht ausgetauscht wurden und ob mit Nachrichtendiensten und Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden im europäischen und außereuropäischen Ausland sachgerecht zusammengearbeitet beziehungsweise Informationen ausgetauscht wurden“.

Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse soll der Untersuchungsausschuss unter anderem

„weitere Schlussfolgerungen für Befugnisse, Organisation, Arbeit und Kooperation der Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und der Nachrichtendienste von Bund und Ländern sowie der für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Kommunen ziehen und gegebenenfalls Empfehlungen für weitere Maßnahmen aussprechen“.

Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur | Die bundesweite Sicherheitsarchitektur besteht im Wesentlichen aus folgenden Einrichtungen:

  • dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) zur Abwehr und Bekämpfung des islamistischen Terrorismus,
  • dem Gemeinsamen Internetzentrum (GIZ) und
  • dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehr- zentrum (GETZ).

Am GTAZ in Berlin sind Vertreter folgender Behörden beteiligt:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • Bundeskriminalamt (BKA),
  • Bundesnachrichtendienst (BND),
  • Generalbundesanwaltschaft (GBA),
  • Bundespolizei (BPol),
  • Generalzolldirektion (GZD),
  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),
  • Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) und die
  • Landeskriminalämter.

Im GTAZ gibt es darüber hinaus zwei voneinander institutionell getrennte Einrichtungen: Die Nachrichtendienstliche (NIAS) und die Polizeiliche Informations- und Analysestelle (PIAS). NIAS- und PIAS-Mitglieder kooperieren in verschiedenen Arbeitsgruppen eng miteinander, um bestimmte Fälle aktuell zu bearbeiten sowie Gefahrenprognosen und mittel- bzw. längerfristige Analysen zu erstellen.

Nach dem Vorbild des GTAZ arbeiten im GIZ Vertreter des

  • BfV,
  • BKA,
  • BND,
  • BAMAD und
  • der GBA

eng zusammen. Darüber hinaus steht das GIZ in ständigem Austausch mit den zuständigen Landesbehörden.

Aufgabe der Vertreter der am GIZ mitwirkenden Behörden ist die Beobachtung, Auswertung und Analyse von Veröffentlichungen mit islamistischen und jihadistischen Inhalten im Internet, um frühzeitig extremistische und terroristische Strukturen und Aktivitäten zu identifizieren.

Das GETZ ist als „Dachorganisation“ für die Bekämpfung folgender Phänomenbereiche zuständig:

  • Rechtsextremismus/-terrorismus,
  • Linksextremismus/-terrorismus,
  • Extremismus mit Auslandsbezug und
  • Spionageabwehr und Proliferation.

Die Federführung obliegt dem BfV und dem BKA. Die Koordinierte Internetauswertung (KIA) erfolgt beim BfV in Köln.

Am GETZ als Informations- und Kommunikationsplattform beteiligen sich – analog zu den Aufgaben des GTAZ – zur Bündelung der Fachexpertise und der Sicherstellung eines möglichst lückenlosen und schnellen Informationsflusses folgende Behörden:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • BKA,
  • BPol,
  • Europäisches Polizeiamt (Europol),
  • GBA,
  • GZD,
  • BND,
  • BAMAD,
  • BAMF,
  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die
  • Landeskriminalämter.

HETAZ | Das in Hessen am 11. März 2019 konstituierte Hessische Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (HETAZ) hat seine Geschäftsstelle im LfV. Es fungiert als anlassbezogene Kommunikations-, Informations- und Kooperationsplattform unter ständiger Beteiligung des Hessischen Landeskriminalamts (HLKA), der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Abteilung Staatsschutz, der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie des LfV. Abhängig von konkreten Gefährdungs- und Bedrohungssachverhalten werden Vertreter weiterer Behörden, wie zum Beispiel von Polizeipräsidien, Ausländerbehörden und Jugendämtern im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs und ihrer Zuständigkeit hinzugezogen.

Ziel ist es unter anderem, einen abgestimmten, fortlaufenden und nachhaltigen Informationsaustausch mit kurzen Kommunikationswegen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften und des für den Verfassungsschutz und die Polizei gültigen informationellen Trennungsgebots zu gewährleisten. Durch Bündelung, Verdichtung und Bewertung der Informationen soll die Erkenntnislage der zuständigen Behörden verbessert und der Austausch über operative Maßnahmen in enger Kooperation erleichtert werden. Hieraus soll auch eine noch effektiver und effizienter als bisher gestaltete Strafverfolgung resultieren. Im Berichtsjahr fanden sieben Sitzungen des HETAZ statt. Thematisch befasste es sich unter anderem mit rechtsextremistischen Bestrebungen, Legalwaffenbesitz von Extremisten und der Situation der in Syrien und im Irak inhaftierten Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats aus Hessen und deren mögliche Rückkehr.

Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit

Der Verfassungsschutz hat die gesetzliche Aufgabe, die Öffentlichkeit über die in § 2 Abs. 2 HVSG genannten Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren und aufzuklären. Zu diesem Zweck stellt das LfV der Öffentlichkeit seinen jährlichen Verfassungsschutzbericht, verschiedene Broschüren sowie Informationen auf seiner Internetseite zur Verfügung. Der Prävention, die 2018 im HVSG explizit als Aufgabe verankert wurde, misst das LfV sehr große und wachsende Bedeutung bei. Zudem haben Journalisten die Möglichkeit, sich mit Anfragen an die Pressestelle des LfV zu wenden.

Auf einen Blick
  • Hessischer Verfassungsschutzbericht
  • Informationsbroschüren des LfV
  • Prävention − Allgemeines
  • Aufklärende Prävention − Zielgruppen
  • Beratende Prävention − Zielgruppen
  • Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus
  • Kooperationspartner
  • „Begegnungen gegen Antisemitismus“
  • Fachtag der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main
  • Weitere Maßnahmen
  • Informationsstand auf dem Hessentag
  • Herbstgespräch
  • Entwicklung der Präventionsarbeit
  • Prävention für die Wirtschaft

Hessischer Verfassungsschutzbericht | Im Mittelpunkt der Information und Aufklärung der Öffentlichkeit steht der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebene jährliche Verfassungsschutzbericht. Er informiert über die wesentlichen während des Berichtsjahrs gewonnenen Erkenntnisse des LfV und bewertet diese. Dabei ist es das oberste Ziel der Präventionsarbeit des LfV, Menschen gegen Extremismus zu immunisieren.

Informationsbroschüren des LfV | Damit sich die Bürgerinnen und Bürger gezielt mit einzelnen Extremismusbereichen auseinandersetzen können, gibt das LfV Informationsbroschüren heraus. Folgende Publikationen können beim LfV angefordert oder über dessen Internetseite direkt abgerufen werden (siehe unten Kontakt und Internetpräsenz):

  • Verfassungsschutz in Hessen − Beobachten, analysieren und informieren.
  • Extremismus erkennen − Handreichung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe.
  • Salafistische Bestrebungen in Hessen.
  • Kennzeichen und Symbole der Rechtsextremisten.
  • Gedenk- und Jahrestage von Rechtsextremisten.
  • Rechtsextremismus und Sonnenwendfeiern.
  • Verfassungsfeindliche Bestrebung: „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“.
  • Mit Militanz zur Errichtung einer „herrschaftsfreien Gesellschaft“ – Einblicke in die autonome Bewegung.
  • „… und diese Gerüchte stammen nicht von irgendwelchen Nazis!“ Eine Studie zu Erscheinungsformen und ideologischen Hintergründen antisemitischer Agitation in den sozialen Netzwerken (= PAAF Analysen 1), auch als gekürzte Version (PAAF Analysen 1 – In aller Kürze) erhältlich.

Darüber hinaus finden interessierte Bürgerinnen und Bürger weitere Informationsmaterialien auf den Internetseiten des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Landesämter für Verfassungsschutz: www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen.

Prävention − Allgemeines | Das LfV hat seine Präventionsarbeit in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut, dabei bilden Informationen und vorbeugende Maßnahmen in Bezug auf Rechtsextremismus und Salafismus deutliche Schwerpunkte. Das Spektrum der Prävention umfasst

  • die Bereitstellung von Informationsmaterialien,
  • zielgruppenorientierte Sensibilisierungsveranstaltungen in Form von Vorträgen und Workshops (aufklärende Prävention) sowie
  • Beratungsleistungen in konkreten Fällen (beratende Prävention).

Aufklärende Prävention − Zielgruppen | Im Rahmen seiner Präventionsarbeit versucht das LfV, möglichst viele Menschen in staatlichen und nichtstaatlichen Stellen über Gefahren aufzuklären, die von extremistischen Bestrebungen ausgehen. Dazu bietet das LfV Fortbildungen zu den verschiedenen Extremismusphänomenen an, in denen es über entsprechende Ideologien, Strategien und Erscheinungsformen sowie über Anhaltspunkte für Radikalisierung informiert. Die Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer werden somit in die Lage versetzt, Extremismus zu erkennen, wenn er ihnen möglicherweise im Alltag begegnet.

Eine wichtige Zielgruppe der aufklärenden Prävention sind Multiplikatoren im Bereich der (Jugend-)Bildung, zum Beispiel Lehrkräfte. Das LfV ist seit 2009 bei der Hessischen Lehrkräfteakademie als Anbieter von Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer akkreditiert. Auf seiner Internetseite sowie über die Online-Fortbildungsangebote der Staatlichen Schulämter bietet das LfV entsprechende Veranstaltungen an.

Weitere Adressaten der aufklärenden Prävention des LfV sind Kommunen und Bildungseinrichtungen sowie Justiz, Polizei und Feuerwehr, aber auch religiöse Träger, private Sicherheitsdienstleister, Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Das LfV steht auch für Vorträge bei Bürgermeisterdienstversammlungen, Magistrats- und Ausschusssitzungen sowie bei Parteien, Vereinen und anderen Multiplikatoren zur Verfügung.

Anlassbezogen informiert das LfV Kommunen proaktiv über aktuelle Entwicklungen in den verschiedenen Extremismusbereichen: So setzte das LfV die hessischen Kommunen im Berichtsjahr mit einem Beitrag im Kommunalbrief des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport über eine neue Kampagne „#meetRI#“ der islamistischen Organisation Realität Islam (RI) in Kenntnis. Außerdem stellte das LfV dem Hessischen Kultusministerium ein Informationsblatt für Schulen über „schuelersprecher.info“, eine Kampagne der rechts- extremistischen Jungen Nationalisten, der Jugendorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, zur Verfügung.

Beratende Prävention − Zielgruppe | Um den Bedarfsträgern Handlungssicherheit bei der Identifizierung von und im Umgang mit extremistischen Bestrebungen zu vermitteln, bietet die beratende Prävention ergänzend zur aufklärenden Prävention einzelfallbezogene Leistungen an. Hierzu zählen insbesondere Beratungsgespräche, Vorträge und Schulungsmaßnahmen für ausgewählte Bedarfsträger, wie zum Beispiel für Landkreise, Städte und Gemeinden, Schulen und soziale Einrichtungen, Behörden und öffentliche Stellen, Verbände und (Moschee-)Vereine.

Insbesondere die hessischen Kommunen sind wichtige Partner der Extremismusprävention. So ist das LfV in zahlreichen kommunalen Präventionsgremien vertreten, mit denen es eng zusammenarbeitet und für die es als direkter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund fand am 26. November in Gelnhausen eine gemeinsam mit dem Präventionsrat des Main-Kinzig-Kreises organisierte Veranstaltung zu den Themen Antisemitismus und Rechtsextremismus für Schulelternbeiräte des Kreises statt. Nach Impulsvorträgen des LfV, des Polizeipräsidiums Südosthessen sowie von Makkabi Deutschland e. V. – Jüdischer Turn- und Sportverband in Deutschland und der Roten Linie – Pädagogische Fachstelle Rechtsextremismus konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Fragen an die Referentinnen und Referenten wenden.

Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus | Das 2008 im LfV eingerichtete Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus (KOREX) informiert im Rahmen der aufklärenden Prävention über Rechtsextremismus und bereitet dafür das Fachwissen des LfV für bestimmte Zielgruppen und die breite Öffentlichkeit auf. Das KOREX richtet seine Präventionsinhalte stets auf neuere bzw. aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus aus, so gab es im Rechtsextremismus seit 2015 Veränderungen und Entwicklungen, die sich unter die Stichworte Virtualisierung, Radikalisierung und Entgrenzung fassen lassen. Das KOREX informiert unter anderem über Strategien und Narrative, mit denen Rechtsextremisten um Zuspruch im demokratischen Lager werben. Auf die Entlarvung bzw. Dekonstruktion rechtsextremistischer Agitation und der ihr zugrundeliegenden Muster legt das KOREX besonderen Wert. Die aus rechtsextremistischen Bestrebungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung resultierenden Gefahren werden dabei besonders berücksichtigt. Darüber hinaus erstellt das KOREX Broschüren und berät Verantwortungsträger aus Politik, Gesellschaft und Behörden.

Das KOREX ist regelmäßig, aber auch anlassbezogen in die Aus- und Fortbildung der Hessischen Polizei und in diesem Rahmen vor allem in die Sensibilisierung für das Thema Rechtsextremismus eingebunden. So steuert das KOREX in den Seminaren „Staatsschutzmodul Politisch Motivierte Kriminalität (PMK)“ der Polizeiakademie Hessen seit Jahren Vorträge bei und hält auch Vorträge an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV) vor Studiengruppen und im Rahmen von Wahlpflichtmodulen. 2019 informierte das KOREX Führungskräfte verschiedener Polizeibehörden bei einer Vielzahl von Terminen über aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus; an jeweils drei Terminen im April beschulte das KOREX das gesamte Abschlusssemester der Polizeianwärterinnen und -anwärter der HfPV in Wiesbaden. Am 12. August bildete das KOREX für das Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei erstmals Anwärterinnen und Anwärter sowie das Stammpersonal fort. Diese Zusammenarbeit ist mittlerweile standardisiert, sodass das KOREX Anwärterjahrgänge in regelmäßigen zeitlichen Abständen für das Thema Rechtsextremismus sensibilisiert.

Kooperationspartner | Das LfV ist bei der Aufklärung über extremistische Bestrebungen eng mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und zivilgesellschaftlichen Trägern vernetzt. Das im Jahr 2013 eingerichtete HKE übernimmt die zentrale Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen zur Extremismusprävention und -intervention in Hessen. Das LfV ist im Rahmen des organisations- und ressortübergreifenden Ansatzes in der Lenkungsgruppe des HKE vertreten. Das HKE ist über die Internetseite www.hke.hessen.de erreichbar.

Außerdem gehört das LfV dem Expertenpool des landesweiten beratungsNetzwerks hessen − Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus an. In dem Expertenpool sind staatliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Initiativen miteinander vernetzt. Das beratungsNetzwerk hessen ist über die Internetseite www.beratungsnetzwerk-hessen.de zu erreichen.

Zudem ist das LfV Mitglied im Fachbeirat des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus. Das 2014 gegründete Netzwerk ist das erste landesweite Präventionsprojekt gegen Salafismus in Deutschland. Im Mittelpunkt des Präventionsnetzwerks steht die Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus, die beim zivilgesellschaftlichen Träger Violence Prevention Network (VPN) angebunden wurde. Die Beratung von islamistisch Radikalisierten und die Ausstiegsbegleitung stehen im Zentrum der Arbeit der Beratungsstelle Hessen (Email-Adresse: hessen@violence-prevention-network.de, Internetseite www.violence-prevention-network.de.)

„Begegnungen gegen Antisemitismus“ | Darüber hinaus besteht zwischen dem LfV und den hessischen Kommunen eine enge und wichtige Zusammenarbeit. Dies zeigt exemplarisch das Präventionsprojekt „Begegnungen gegen Antisemitismus“. Den Kern des Projekts, das der Landkreis Hersfeld-Rotenburg und das LfV zusammen mit weiteren Partnern im Berichtsjahr durchführten, bildete die Begegnung zwischen jüdischen und nichtjüdischen Schülerinnen und Schülern. Daran beteiligten sich die Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld, die Diltheyschule in Wiesbaden und die Gesamtschule Schenklengsfeld im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Weitere Partner waren unter anderem der Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen, das Programm Likrat des Zentralrats der Juden in Deutschland und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hersfeld-Rotenburg. Mit der Gesprächsreihe wollten der Landkreis Hersfeld-Rotenburg und das LfV einen deutlichen Akzent gegen Antisemitismus setzen und die Erinnerung an die Verbrechen wachhalten, die insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus an Menschen jüdischen Glaubens begangen wurden.

Auftakt der Gesprächsreihe war am 14. Juni auf dem Hessentag in Bad Hersfeld. Schülerinnen und Schüler der jüdischen Religionsklasse der Diltheyschule und der Modellschule Obersberg führten ein Interview mit Mark Krasnov, dem ersten jüdischen Religionslehrer an einer staatlichen Schule in Hessen zum Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“. Am 19. September folgte ein historischer Rundgang durch Schenklengsfeld auf den Spuren der jüdischen Familie Löwenberg. Im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Reichspogromnacht (9. November 1938) fand am 7. November eine Veranstaltung ( „Antisemitismus heute“) in der Modellschule Obersberg statt, bei der jüdische und nichtjüdische Schülerinnen und Schüler den Offenbacher Rabbiner Mendel Gurewitz und den hessischen Antisemitismusbeauftragten Uwe Becker befragten. Einen Tag später führte die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eine Gedenkveranstaltung in der Kirche St. Lullus-Sturmius und an der nahegelegenen Gedenkstätte in Bad Hersfeld durch. Bei der Abschlussveranstaltung am 27. Januar 2020 (Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus/Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust) in der Modellschule Obersberg stand die Dokumentation „Jetzt – nach so viel‘ Jahren“ im Mittelpunkt. Der Film beschäftigte sich mit den gegen die jüdische Bevölkerung gerichteten Pogromen 1938 in Rhina (Landkreis Hersfeld-Rotenburg), nach der Filmvorführung interviewten Schülerinnen und Schüler die Filmemacher Pavel Schnabel und Harald Lüders.

Fachtag der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main | Die Evangelische Akademie Frankfurt veranstaltete in Kooperation mit dem Polizeipräsidium Südosthessen am 5. November den Fachtag „Präventionsarbeit an Schulen. Das richtige Ziel am richtigen Ort?“ Nach einem Impulsvortrag von Dr. Michael Kiefer (Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück) stellten das LfV und eine Vertreterin der Respekt-Coaches (https://www.jmd-respekt-coaches.de) ihre jeweiligen Präventionsansätze in Bezug auf Extremismus im Kontext Schule vor. Im Anschluss daran fand ein Gespräch mit Publikumsbeteiligung statt.

Weitere Maßnahmen | Das LfV ist in die Fortbildungsprogramme der Justizvollzugsanstalten eingebunden und bildet gemeinsam mit dem  HLKA Strukturbeobachterinnen und -beobachter zum Phänomenbereich Islamismus weiter. Zudem führt das LfV seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Wagnitz-Seminar des Hessischen Ministeriums der Justiz ein mehrtägiges Seminar zu den Themen „Islamismus“ und „Rechtsextremismus“ für Richter, Staatsanwälte und Bewährungshelfer durch.

Seit 2015 fanden des Weiteren rund 30 Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen (HEAE) zum Thema „Extremistische Einflussnahme im Kontext von Flüchtlingseinrichtungen“ statt. Bei diesen vom HKE koordinierten Schulungen, ging es unter anderem darum, Handlungsoptionen zu entwickeln für Fälle, in denen

  • Anzeichen für eine extremistische Radikalisierung unter Flüchtlingen bemerkt werden,
  • Tätigkeiten extremistischer Personen oder Gruppen in oder an einer Flüchtlingsunterkunft festgestellt werden,
  • der Besuch extremistischer Treffpunkte durch Flüchtlinge wahrgenommen wird
  • und/oder Hinweise auf ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Nachrichtendienste bzw. auf nachrichtendienstliche Aktivitäten anderer Staaten in Bezug auf Flüchtlinge erlangt werden.

Darauf aufbauend wurde 2017 in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Gießen, dem HKE und dem VPN eine landesweite Abfolge von Präventionsveranstaltungen für kommunale Bedienstete mit dem Titel „Salafismusprävention in den Kommunen“ auf den Weg gebracht. Die Veranstaltung wurde 2018 hessenweit durchgeführt und so Vertreterinnen und Vertretern aller Kommunen eine Teilnahme an der Schulung ermöglicht. Im Berichtsjahr wurde die Veranstaltung auf Nachfrage für Kommunen und HEAE angeboten. Eine Fortführung und inhaltliche Weiterentwicklung der Veranstaltungsreihe ist geplant.

Informationsstand auf dem Hessentag | Im Rahmen seiner Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit war das LfV in der Landesausstellung des Hessentags 2019 in Bad Hersfeld (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) mit einem Informationsstand vertreten. Die Besucherinnen und Besucher hatten die Möglichkeit, mit Experten des LfV über die Arbeit des Verfassungsschutzes ins Gespräch zu kommen. Außerdem konnten sich die Besucher anhand von Publikationen und Schautafeln am komplett neugestalteten Stand des LfV über den Antagonismus zwischen freiheitlicher demokratischer Grundordnung und Extremismus informieren. Eine eigens entwickelte Videopräsentation bot Wissenswertes zu allen Extremismusbereichen. Die Bühnenveranstaltung des LfV in der Landesausstellung bildete den Auftakt zu der oben erwähnten Präventionsreihe „Begegnungen gegen Antisemitismus“.

Herbstgespräch | Das jährliche Herbstgespräch des LfV fand am 14. November im Museum Wiesbaden mit dem Thema „Mit aller Gewalt – Wie Rechtsextremisten unsere freiheitliche Demokratie bekämpfen“ statt. Der Präsident des LfV, Robert Schäfer, warnte in seinem Eingangsvortrag vor der ungebrochen hohen Mobilisierungskraft der rechtsextremistischen Szene. Dieses Potenzial zeige sich nicht nur in den bundesweit stattfindenden rechtsextremistischen Konzerten, sondern auch im wachsenden Zuspruch zu rechtsextremistischen Kampfsportveranstaltungen, die sich zu „Szenemagneten und Rekrutierungstreffen unter sportlichem Vorwand“ entwickelt hätten. Darüber hinaus wies Robert Schäfer am Beispiel des Internets darauf hin, dass rechtsextremistische Einzeltäter stets einem speziellen politisch-sozialem Hintergrund verhaftet sind: „Selbst wenn ein Täter hundertprozentig allein handelt, kann er sich durch das Internet in eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten eingebettet fühlen“.

Der Journalist Thomas Kreutzmann (ARD-Hauptstadtstudio Berlin/ Hessischer Rundfunk) moderierte die Podiumsdiskussion, an der folgende Diskutanten teilnahmen: Peter Beuth, Hessischer Minister des Innern und für Sport, Heidi Benneckenstein, Aussteigerin aus der Neonazi-Szene, Dr. Andreas Hollstein, Bürgermeister von Altena (Nordrhein-Westfalen) und Opfer einer Messerattacke im Jahre 2017, sowie Dr. Reiner Becker, Politikwissenschaftler und Leiter des Demokratiezentrums Hessen an der Philipps-Universität Marburg. Alle Podiumsgäste waren sich einig, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht allein durch die Sicherheitsbehörden gewonnen werden könne. Vielmehr sei es die Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger, Mut zu haben und Gesicht und Haltung zu zeigen.

Entwicklung der Präventionsarbeit | Mit 335 Veranstaltungen erreichte das LfV die bislang höchste Zahl von Präventionsterminen pro Jahr. Wie in der Vergangenheit hatten die meisten Veranstaltungen Rechtsextremismus, Islamismus und Wirtschaftsschutz zum Thema. Die große Nachfrage nach den Präventionsangeboten des LfV korrespondiert mit der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen, der damit verbundenen Öffnung der Behörde gegenüber der Öffentlichkeit und dem kontinuierlichen Ausbau der aufklärenden und beratenden Prävention. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Präventionstermine vervielfacht.

Prävention für die Wirtschaft | Informationen über die Aktivitäten und Dienstleistungen des LfV zum Thema Wirtschaftsschutz finden Sie im Kapitel Geheim- und Wirtschaftsschutz.

Kontakt und Internetpräsenz

Kontakt und Internetpräsenz | Alle Bürgerinnen und Bürger können sich an das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen wenden. Allgemeine Fragen sollten via E-Mail an die Adresse poststelle@lfv.hessen.de gerichtet werden.

Für spezielle Fragen zur Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit ist das LfV unter der E-Mail-Adresse praevention@lfv.hessen erreichbar.

Für spezielle Fragen zum Wirtschaftsschutz ist das LfV unter der E-Mail-Adresse wirtschaftsschutz@lfv.hessen.de erreichbar.

Die Internetseite www.lfv.hessen.de enthält außerdem Informationen zu den Aufgaben und Befugnissen des LfV sowie zu allen extremistischen Phänomenbereichen. Das LfV veröffentlicht auf seiner Homepage auch aktuelle Stellenangebote.

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