Rechtsextremismus
Personenpotenzial | Die rechtsextremistische Szene in Hessen gestaltete sich äußerst heterogen und deckte die gesamte Bandbreite des Spektrums ab: von einzeln agierenden Personen über lose strukturierte Kameradschaften und völkische Gruppen bis hin zu fest strukturierten Parteien und Gruppierungen der Neuen Rechten. Insbesondere im Bereich des Neonazismus gab es Einzelpersonen, die mit überregionalen rechtsextremistischen Strukturen vernetzt waren. Dabei verteilte sich in Hessen das rechtsextremistische Personenpotenzial relativ gleichmäßig auf die Regionen. Mit einem Anteil von etwa 80 Prozent dominierten Männer die Szene.
Insgesamt stieg das rechtsextremistische Personenpotenzial (2019:1.620) in
Hessen mit einer Zunahme von etwa 145 Personen um etwa neun Prozent an
(2018: 1.475). Ursache war insbesondere die Zunahme des
Personenpotenzials im parteiunabhängigen/-ungebundenen sowie im
weitgehend unstrukturierten Bereich.
Lose strukturierter Rechtsextremismus: Neonazis und subkulturell orientierte Rechtsextremisten | Der lose strukturierte Rechtsextremismus setzte sich aus dem neonazistischen Spektrum und subkulturell orientierten Rechtsextremisten zusammen, wobei beide Bereiche eine Schnittmenge aus den Kategorien parteiunabhängige/parteiungebundene Strukturen und weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial bildeten (siehe Kapitel Rechtsextremistisches Personenpotenzial). Bei beiden Bereichen gab es personelle Über- schneidungen, wobei über mehrere Jahre hinweg aktive Gruppierungen nur in Einzelfällen bestanden.
Ist der Bereich Neonazismus im engeren Sinne mit dem Bekenntnis zum Nationalsozialismus und dessen maßgeblichen Protagonisten gleichzusetzen, so werden ihm darüber hinaus Personen und Gruppierungen zugerechnet, die insbesondere rassistische und nationalistische Positionen vertreten, ohne dass sie dem legalistischen Rechtsextremismus angehören. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Neonazis ihre Freizeit eher wie subkulturell orientierte Rechtsextremisten verbringen oder teilweise gemeinsam mit ihnen bei Demonstrationen auftreten.
Die Aktivitäten neonazistischer Gruppierungen unterschieden sich hinsichtlich ihrer Art und ihres Ausmaßes voneinander und gingen in den letzten Jahren deutlich zurück. Die Gründe hierfür dürften im Bekanntwerden der rechtsextremistischen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) sowie in den sich daran anknüpfenden umfassenden staatlichen Maßnahmen und einer hieraus resultierenden Verunsicherung der Szene liegen. Einzelne neonazistische Gruppierungen versuchten, sich durch Satzungen und Aufnahmeprüfungen von anderen Gruppierungen des rechtsextremistischen Spektrums als elitär abzugrenzen. Nicht wenige der in solchen Gruppen agierenden Personen waren während der gesamten Dauer ihrer Szenezugehörigkeit in Straftaten verwickelt und wiesen ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft auf.
Nach wie vor versuchten neonazistische Gruppierungen in Hessen, sich im rechtsextremistischen Spektrum zu vernetzen und ihr Kontaktumfeld zu erweitern, um auf diese Weise Synergieeffekte zu erzeugen. Dabei fungierten das Internet und verschiedene Messenger-Dienste sowohl als bevorzugtes Vernetzungsmedium als auch als zentrales Instrument der Agitation.
Im Rahmen des Ziels der Sicherheitsbehörden in Hessen, das Begehen rechtsextremistischer – insbesondere gewalttätiger (neonazistischer) – Straftaten durch Einzelpersonen und/oder Gruppierungen zu verhindern, befand sich auch die Szene der subkulturell orientierten Rechtsextremisten im besonderen Fokus des LfV. Sobald bekannt wurde, dass eine rechtsextremistische Musikveranstaltung geplant war, wurden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine solche zu verhindern oder aufzulösen.
Aufgrund ihres Erlebnischarakters bietet Musik für Jugendliche verschiedene Identifikationsmöglichkeiten: das Pflegen eines stark emotionalisierten Gemeinschaftsverständnisses, das Beschwören von Feindbildern („Migranten“, „Juden“, „Staat“ und dessen Repräsentanten), das Verherrlichen von Gewalt sowie das Verharmlosen und Glorifizieren des Nationalsozialismus. Hinzu kommen die Lust der Provokation und der Reiz, Verbotenes zu tun. So gab es in Hessen im Berichtszeitraum vier rechtsextremistische Musikveranstaltungen.
Bei der Verhinderung solcher Veranstaltungen kommt dem Zusammenwirken der Sicherheitsbehörden sowie mit den örtlich zuständigen Behörden eine besondere Bedeutung zu. So nimmt etwa das LfV – in der Regel gemeinsam mit der Polizei – im Einzelfall Kontakt mit den jeweiligen Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden auf und weist unter anderem im Rahmen des kommunalen Newsletters auf Handlungsmöglichkeiten hin.
Gewaltaffinität und Radikalisierung | Die hohe Gewaltaffinität insbesondere der neonazistischen und subkulturell orientierten Szene reichte von der grundsätzlichen Bejahung von Gewalt bis hin zu Gewalttaten gegen Personen, die Rechtsextremisten in ihre Feindbilder einordnen. Dieses Gewaltpotenzial ist eine stets virulente Gefahr. Dies spiegelt sich in den schrecklichen rechtsextremistisch motivierten Ereignissen in Hessen im Berichtszeitraum wider, so der mutmaßlich rechtsextremistisch motivierte Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke in Wolfhagen (Landkreis Kassel), die versuchte Tötung eines eritreischen Staatsangehörigen in Wächtersbach (Main-Kinzig-Kreis) und der Angriff auf einen Syrer in Taunusstein (Rheingau-Taunus-Kreis). Aufgrund ihrer persönlichen Situation, ihres sozialen Umfelds, ihrer Beeinflussung durch außen und ihres Radikalisierungsgrads können einzelne Szeneangehörige zu Kurzschlusshandlungen neigen, die in Gewalt münden. In den meisten Fällen sind diese Taten nicht vorherzusehen und daher für die Sicherheitsbehörden nur äußerst schwer zu verhindern.
Von den insgesamt etwa 1.620 Rechtsextremisten in Hessen stufte das LfV 840 als gewaltorientiert ein, wobei unter diesen Begriff gewalttätige, gewaltbereite, gewaltunterstützende und gewaltbefürwortende Rechtsextremisten fallen. Das entspricht einem Anteil von etwa 52 Prozent. Unter gewaltorientiert werden nicht nur Personen erfasst, die bereits mit Gewalttaten in Erscheinung getreten sind, sondern auch solche, die Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele ansehen.
Eine wichtige Rolle für diese zu Gewalt führenden Entwicklungen spielt die fortschreitende Digitalisierung. Aus dem Internet und den sozialen Medien schöpfen Rechtsextremisten nicht nur ihre Informationen, die von sachgerechter Berichterstattung, (verzerrenden) Kommentaren und „Fake News“ bis zu kruden Verschwörungstheorien reichen, sondern sie nutzen diese Medien, um offen für ihre Ideen und Aktivitäten zu werben und um Gleichgesinnte auf sich aufmerksam zu machen und zu werben. Hierbei besteht die Gefahr, dass sich Menschen in „Echokammern“ bzw. „Filterblasen“ radikalisieren bzw. sich gegenseitig in der Radikalisierung bestärken, ohne dass sie noch einen relevanten und ihre Rezeption relativierenden Zugang zu der „Realwelt” haben.
Vor diesem Hintergrund ist es seitens des LfV unerlässlich, weiterhin in verstärktem Maß präventive Maßnahmen anzubieten und durchzuführen (siehe oben das Kapitel Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit), aber auch die Internetbearbeitung zu intensivieren, um vor allem sich radikalisierende gewaltorientierte Gruppierungen und Einzeltäter sowie deren Kennverhältnisse und Kommunikationswege frühzeitig zu identifizieren.
Sonderauswertungsgruppe (SAW) | Umgehend nach der Festnahme des dringend Tatverdächtigen Stephan E. im Mordfall Dr. Walter Lübcke wurde im LfV eine Sonderauswertungsgruppe (SAW) gebildet, deren zentrale Aufgabe darin bestand, nachrichtendienstliche Ermittlungen hinsichtlich der Existenz möglicher rechtsextremistischer/-terroristischer Bestrebungen durchzuführen. Dabei hatte die SAW auch die Reaktionen der rechtsextremistischen Szene auf den Mord sowie auf die Inhaftierung der Tatverdächtigen im Blick.
Aufgabe der SAW war es, die Ermittlungen des zuständigen Generalbundesanwalts am Bundesgerichtshof bestmöglich zu unterstützen. Hierfür stand das LfV im stetigen und engen Austausch mit dem Generalbundesanwalt. In diesem Kontext wurden die im LfV vorhandenen Erkenntnisse zu den Tatverdächtigen dem Generalbundesanwalt vollumfänglich übermittelt. Darüber hinaus fungierte die SAW im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts als Informationsschnittstelle zwischen der hessischen Polizei und dem Verfassungsschutzverbund. Am 29. April 2020 erhob der Generalbundesanwalt beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main Anklage gegen die Tatverdächtigen. Der Prozess wurde am 16. Juni 2020 eröffnet.
Bearbeitung integrierter bzw. abgekühlter Rechtsextremisten (BIAREX) | In Anbetracht der Erkenntnisse im Mordfall Dr. Lübcke wurde am 23. Juli 2019 in der Abteilung 2 des LfV (Rechtsextremismus/-terrorismus) die Organisationseinheit BIAREX geschaffen. Sie unterzieht sogenannte abgekühlte Rechtsextremisten, die in der Vergangenheit zwar einschlägig rechtsextremistisch in Erscheinung getreten sind, in der Gegenwart aber – womöglich bereits seit vielen Jahren – eine unauffällige Biographie aufweisen, sukzessive einer wiederkehrenden Prüfung. Dabei wird insbesondere überprüft, ob die unterstellte Loslösung von der rechtsextremistischen Szene plausibel ist. Durch die fokussierte Analyse von Einzelpersonen sollen außerdem Radikalisierungsprozesse und hieraus entstehende Gefährdungspotenziale frühzeitig erkannt werden, sodass Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.
Der Anspruch von BIAREX ist, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse der angewandten Kriminologie sowie der Gewalt- und Extremismusforschung ein eigenes Analyseschema zu entwickeln. Es soll sowohl individuelle Gefährdungseinschätzungen als auch Szenarien ermöglichen, um prognostisch zu analysieren, unter welchen Bedingungen sich das von einem Rechtsextremisten ausgehende Gefährdungsrisiko erhöht oder verringert. Neben der Erarbeitung extremismusspezifischer Analysekriterien bereitet BIAREX vor allem die vorhandenen Erkenntnisse über eine Person auf, um ein möglichst umfassendes Bild über relevante Lebensbereiche, insbesondere auch der Gewaltorientierung, zu erhalten. Von besonderem Interesse ist dabei, einen Eindruck vom individuellen Verhalten einer Person zu gewinnen. Die Analyse verfolgt das Ziel, diejenigen Einflüsse im biographischen Längs- und Querschnitt zu identifizieren, die einen Rückschluss auf potenzielle rechtsextremistisch motivierte Verhaltensweisen zulassen. Die Erkenntnisse werden durch andere geeignete Informationen ergänzt (etwa durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten und Gerichtsurteile).
Darüber hinaus ist BIAREX Bestandteil einer weitreichenden datenschutzrechtlichen Sonderprüfung. Sie hat das Ziel, die beim LfV aufgrund des seit Juli 2012 bestehenden „Lösch-Moratoriums“ gesperrten Datensätze aus dem Phänomenbereich Rechtsextremismus einer kritischen Nachprüfung zu unterziehen. Dabei werden die gesperrten Datensätze in Bezug auf ein erhöhtes Gefahrenpotenzial analysiert.
Identitäre Bewegung Deutschland e. V. (IBD)/Identitäre Bewegung Hessen (IBH) | Wie im Jahr 2018 gingen die Aktivitäten der IBH zurück, im Berichtsjahr reduzierte sich nunmehr aber auch die Anzahl der Mitglieder der IBH von 80 auf 60. Beide Entwicklungen resultierten unter anderem aus der vermehrt negativen öffentlichen Berichterstattung über die Identitäre Bewegung im Zusammenhang mit den Anschlägen in Christchurch (Neuseeland), wobei sich die IBD sogar mit Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert sah. Ihr „modernes“ und „intellektuell“ anmutendes Auftreten versuchte die IBD/IBH gleichwohl beizubehalten, wobei die Asyl- und Migrationspolitik nach wie vor in ihrem Agitationsmittelpunkt stand. So fragte die IBH am Hauptbahnhof in Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) die Passanten mittels Werbetafeln „Fühlst du dich wirklich sicher?“ und warnte am Frankfurter Hauptbahnhof vor angeblich „multikulturellen Bahnsteigen“. Dort hatte kurz zuvor ein Staatsbürger aus Eritrea ein Kind vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Über ihre Aktionen veröffentlichte die IBH Berichte mit Fotos auf ihrer Homepage, ihrem Twitter-Profil oder ihrem Telegram-Kanal.
Der Flügel – Junge Alternative (JA) | Am 15. Januar 2019 erklärte das BfV, dass es den Flügel und die JA als Teilorganisationen der AfD als Verdachtsfälle bewertet und systematisch beobachtet. (Die Gesamtpartei AfD wird bislang nicht als rechtsextremistisch bewertet und somit auch nicht beobachtet.) Die Bearbeitung einer Gruppierung als Verdachtsfall seitens des BfV entspricht der Bearbeitung einer Gruppierung als Beobachtungsobjekt durch das LfV. Das LfV schloss sich gemäß der Zusammenarbeitsrichtlinie des Verfassungsschutzverbundes am 31. Januar 2019 der Beobachtung des Flügels und der JA an.
Aufgrund seiner in Hessen nur gering ausgeprägten Strukturen und seiner fehlenden Präsenzen in den sozialen Medien war der Flügel in seiner Außenwirkung stark begrenzt. Veranstaltungen, die explizit dem Flügel zuzurechnen waren, wurden im Berichtszeitraum nicht festgestellt. Jedoch beteiligten sich Anhänger des Flügels an entsprechenden überregionalen Veranstaltungen oder nahmen an Veranstaltungen der JA Hessen teil. Der Flügel vertrat rassistische und völkische Positionen, um diese im parlamentarischen Diskurs mehrheitsfähig zu machen. Dazu sollte der steuernde Einfluss des Flügels auf die Gesamtpartei AfD ausgebaut und entsprechend genutzt werden.
Strukturen der JA waren in Hessen ebenfalls kaum vorhanden, einzelne Aktivisten beteiligten sich allerdings an Veranstaltungen des Flügels wie etwa dem sogenannten Kyffhäusertreffen. Ähnlich wie die IBD/IBH bemühte die JA das rechtsextremistische Narrativ vom „großen Austausch“ und sprach in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund von einer „herangezüchteten neuen Mehrheitsbevölkerung“. Dieser lastete die JA eine „um sich greifende Eroberer-Mentalität“, die „gesundheitliche Gefährdung unserer Kinder“ sowie eine Steigerung von Infektionskrankheiten an.
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) | Die NPD zog im Berichtsjahr vor allem mit zwei Ereignissen Aufmerksamkeit auf sich: Im Anschluss an ihre Jahresauftaktveranstaltung in Büdingen (Wetteraukreis) unter dem Motto „Festung Europa – Schutzzone Deutschland“ fand in der Willi-Zinnkann-Halle eine Musikveranstaltung mit szenebekannten rechtsextremistischen Bands statt. Nachdem Versuche der Stadt Büdingen gerichtlich gescheitert waren, die Vermietung der Stadthalle an die NPD rückgängig zu machen, beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Örtlichkeit grundsätzlich nicht mehr für Veranstaltungen politischer Parteien zur Verfügung zu stellen.
Anfang September wurde der stellvertretende Vorsitzende des NPD-Landesverbands Hessen, Stefan Jagsch, in Altenstadt (Ortsteil Waldsiedlung, Wetteraukreis) mit den Stimmen der nichtextremistischen Ortsbeiratsmitglieder zum Ortsvorsteher gewählt. Als die Medien bundesweit und international hierüber berichten und sich eine – auch politische – Debatte über die Gründe für diese Wahl entspann, wurde Jagsch vom Ortsbeirat abgewählt und eine neue Ortsvorsteherin einer demokratischen Partei gewählt. Trotz dieser „Korrektur“ verdeutlicht die Wahl Jagschs, dass Nichtextremisten verschiedener politischer Couleur sich nicht scheuten, einen Rechtsextremisten in ein politisches Amt zu wählen und hierfür „gewichtige“ Gründe hatten; andererseits war es einem Rechtsextremisten offensichtlich gelungen, Nichtextremisten für sich einzunehmen.
Bei der Europawahl verlor die NPD in Hessen 9.025 Stimmen und erreichte einen Stimmenanteil von 0,2% (= 4.844 Stimmen). Dieses Wahlergebnis in Hessen sollte jedoch über die Schwere des „Tabubruchs“ in Altenstadt nicht hinwegtäuschen, zumal die Partei versuchte, sich zusammen mit ihrer Jugendorganisation Junge Nationalisten (JN) in der Öffentlichkeit als „Kümmererin“ (Kampagne „Schafft Schutzzonen!“) zu profilieren. Parteiintern erfuhr die NPD Hessen Aufwertung, da es ihr bei dem Bundesparteitag gelang, mit Daniel Lachmann und Ingo Helge nunmehr zwei Personen in den Bundesvorstand zu entsenden.
Der Dritte Weg/Der III. Weg | Einen Agitationsschwerpunkt der neonazistischen Partei bildeten wie in der Vergangenheit die Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie der Geschichtsrevisionismus. So forderte der Dritte Weg einen „zentralen Gedenktag“ für die Opfer der alliierten Bombenangriffe während des Zweiten Weltkriegs und führte in Fulda (Landkreis Fulda) und in Darmstadt entsprechende „Gedenkveranstaltungen“ durch. Auch versuchte die Partei, die bundesweit bei der Europawahl lediglich 12.756 Stimmen (= 0,0%) gewann, das gesamtgesellschaftlich virulente Thema „Umwelt- und Klimaschutz“ für sich zu nutzen, indem sie es in die Parole „Umweltschutz ist Heimatschutz“ ummünzte. In diesen Kontext bezog der Dritte Weg den „Bauernstand als Ernährer unseres Volkes“ ein und forderte „Schutz der Natur und Umwelt als Lebensraum unseres Volkes“ sowie „Achtung dem Tier als Ausdruck unserer Volksseele“.
Flüchtlinge im Visier von Rechtsextremisten | Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten (40) im Zusammenhang mit der Flüchtlingsthematik nahm gegenüber dem Vorjahr (2018: 38) leicht zu. Dabei erhöhte sich die Zahl der gegen Asylbewerber/Flüchtlinge gerichteten Straftaten um zehn Delikte (2018: 26). Besonders schwer wog hierbei die versuchte Tötung eines Migranten aus Eritrea in Wächtersbach (Main-Kinzig-Kreis). Im Unterschied zum Vorjahr kam es zu keinen gegen Hilfsorganisationen und Helfer gerichteten Straftaten. Da nur eine Straftat in den Gesamtbereich der Politisch Motivierten Kriminalität fiel (41, davon 40 – siehe oben – rechtsextremistisch motiviert), bleibt die Einschätzung des Vorjahres bestehen, dass Fremdenfeindlichkeit ein unabdingbarer Bestandteil des Rechtsextremismus ist, aber auch in Teilen der nichtextremistischen Bevölkerung vorhanden ist, wenn etwa (in der Wahrnehmung der Täter) die sozialökonomischen und politischen Verhältnisse massiven Änderungen unterworfen sind.