Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit
Der Verfassungsschutz hat unter anderem die Aufgabe, die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen zu informieren und aufzuklären. Zu diesem Zweck stellt das LfV der Öffentlichkeit seinen jährlichen Verfassungsschutzbericht sowie eine Vielzahl weiterer Informations- und Präventionsangebote zur Verfügung. Darüber hinaus können sich Journalistinnen und Journalisten mit Anfragen an die Pressestelle des LfV wenden.
Hessischer Verfassungsschutzbericht | Im Mittelpunkt der Unterrichtung der Öffentlichkeit steht der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebene jährliche Verfassungsschutzbericht. Er informiert über die wesentlichen während des Berichtsjahrs gewonnenen Erkenntnisse des LfV und bewertet diese.
Informationsbroschüren des LfV | Damit sich die Bürgerinnen und Bürger gezielt mit verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen auseinandersetzen können, gibt das LfV Informationsbroschüren heraus. Folgende Publikationen können beim LfV direkt angefordert bzw. über dessen Internetpräsenz abgerufen werden (siehe unten Kontakt und Internetpräsenz):
- Kennzeichen und Symbole der Rechtsextremisten.
- Gedenk- und Jahrestage von Rechtsextremisten – Hintergründe und Aktivitäten.
- Verfassungsfeindliche Bestrebung: „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“.
- Mit Militanz zur Errichtung einer „herrschaftsfreien Gesellschaft“ – Einblicke in die autonome Bewegung.
- Salafistische Bestrebungen in Hessen.
- Verfassungsschutz in Hessen – Beobachten, analysieren und informieren.
- Extremismus erkennen – Handreichung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe.
Darüber hinaus finden interessierte Bürgerinnen und Bürger weitere Informationsmaterialien auch auf den Internet-seiten des BfV und der anderen Landesämter für Verfassungsschutz (www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen).
Aufklärende Prävention – Zielgruppen | Oberstes Ziel der Präventionsarbeit des LfV ist es, Menschen gegen Extremismus zu immunisieren. Daher versucht das LfV, möglichst viele Menschen sowohl in staatlichen als auch nichtstaatlichen Stellen über Gefahren, die von extremistischen Bestrebungen ausgehen, aufzuklären. Das LfV bietet zu verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen Fortbildungen an, bei denen es über Ideologien, Erscheinungsformen, Strategien sowie Anhaltspunkte für Radikalisierung informiert. Die Veranstaltungsteilnehmer werden somit in die Lage versetzt, extremistische Bestrebungen, die ihnen möglicherweise im Alltag begegnen, zu erkennen.
Primäre Zielgruppe der aufklärenden Prävention sind Multiplikatoren im Bereich der (Jugend-)Bildung (zum Beispiel Lehrerinnen und Lehrer). Das LfV ist seit 2009 durch die Hessische Lehrkräfteakademie als Anbieter von Fortbildungen für hessische Lehrerinnen und Lehrer akkreditiert. Auf seiner Internetseite sowie über die Online-Fortbildungsangebote der Staatlichen Schulämter bietet das LfV entsprechende Veranstaltungen an.
Weitere Adressaten sind Bildungseinrichtungen, Justiz, Polizei, Feuerwehr, religiöse Träger, private Sicherheitsdienstleister sowie – im Hinblick auf den präventiven Wirtschaftsschutz – Unternehmen und Wirtschaftsverbände.
Außerdem steht das LfV als Ansprechpartner für Vorträge bei Bürgermeisterdienstversammlungen, Magistrats- und Ausschusssitzungen sowie für Parteien, Vereine und andere Multiplikatoren zur Verfügung.
Beratende Prävention – Zielgruppe | Neben der aufklärenden bietet die beratende Prävention einzelfallbezogene Leistungen an, insbesondere Gespräche, Vorträge und Schulungsmaßnahmen für ausgewählte Bedarfsträger. Hierzu gehören insbesondere die Landkreise, Städte und Gemeinden, Schulen, soziale Einrichtungen, andere Behörden und öffentliche Stellen sowie weitere Institutionen wie Vereine, Verbände (zum Beispiel Sport- und Jugendvereine) und Moscheegemeinden, darunter auch extremistische, das heißt unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Moscheegemeinden.
Besonders die hessischen Kommunen sind wichtige Präventionspartner bei der Bekämpfung des Salafismus und Rechtsextremismus. So ist das LfV in zahlreichen kommunalen Präventionsgremien vertreten beziehungsweise arbeitet eng mit diesen zusammen.
Beispiele | Im Berichtsjahr veranstaltete das Hessische Ministerium des Innern und für Sport in Kooperation mit dem LfV am 21. April eine Informationsveranstaltung für die hessischen Landkreise, Städte und Gemeinden über das Phänomen der Reichsbürger und Selbstverwalter. In diesem Rahmen wurden die Teilnehmer über Hintergründe, Gefahrenpotenziale und Handlungsempfehlungen im Umgang mit diesem verfassungsfeindlichen Phänomen informiert.
Im Berichtsjahr führte der Präsident des LfV zahlreiche Gespräche vor Ort mit Landräten und Oberbürgermeistern, um diese über regionale extremistische Ausprägungen zu informieren. Auch bei diesen Treffen wurde das Thema der Reichsbürger und Selbstverwalter berücksichtigt.
Darüber hinaus war das LfV im Berichtsjahr beim Hessischen Landkreistag zu Gast und referierte über das Thema Extremismus.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Flüchtlingsbetreuung | Aufgrund vereinzelter salafistischer Missionierungsversuche in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften modifizierte das LfV sein Präventionsangebot seit 2015, indem es in Zusammenarbeit mit anderen Stellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erstaufnahmeeinrichtungen – koordiniert vom HKE – schulte. Dabei ging es unter anderem darum, Handlungsoptionen zu entwickeln, falls
- Anzeichen für eine extremistische Radikalisierung unter Flüchtlingen bemerkt werden,
- Tätigkeiten extremistischer Personen oder Gruppen in oder an einer Flüchtlingsunterkunft festgestellt werden,
- der Besuch extremistischer Treffpunkte durch Flüchtlinge wahrgenommen wird oder
- Hinweise auf ehemalige Mitarbeiter ausländischer Nachrichtendienste bzw. auf nachrichtendienstliche Aktivitäten anderer Staaten in Bezug auf Flüchtlinge erlangt werden.
Das LfV bietet in diesem Zusammenhang auch spezifische Angebote zur Information und Beratung, um vor Ort die Sensibilität für mögliche Gefahren durch extremistische Agitation zu erhöhen.
Darüber hinaus wurde im Berichtsjahr in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Gießen, dem HKE, dem Violence Prevention Network e. V. (VPN) und dem LfV eine landesweite Abfolge an Präventionsveranstaltungen für kommunale Bedienstete, die für Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge zuständig sind, auf den Weg gebracht.
Ausbau der Präventionsarbeit | Im Berichtsjahr gelang es dem LfV, die Anzahl seiner Präventionsveranstaltungen erneut zu steigern. Die große Nachfrage nach den Präventionsdienstleistungen des LfV korrespondiert mit der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen, der damit verbundenen Öffnung der Behörde gegenüber der Öffentlichkeit und dem kontinuierlichen Ausbau der aufklärenden und beratenden Prävention, unter anderem durch die Einrichtung des Kompetenzzentrums gegen Rechtsextremismus (KOREX) bereits im Jahr 2008. Seit 2009 vervielfachte sich die Zahl der Präventionstermine von 24 auf nunmehr 292 im Jahr 2017. In den letzten sechs Jahren gestaltete sich die Entwicklung wie folgt:
Im vergangenen Jahr fanden die meisten Veranstaltungen zu den Themen Rechtsextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter, Islamismus und Wirtschaftsschutz statt.
Hessisches Präventionsnetzwerk gegen Salafismus | Das 2014 gegründete Hessische Präventionsnetzwerk gegen Salafismus ist das erste landesweite Präventionsprojekt gegen Salafismus in Deutschland. Im Mittelpunkt des Präventionsnetzwerks steht die zentrale Beratungsstelle, die von den hessischen Sicherheitsbehörden und einem Fachbeirat flankiert wird. Das LfV ist Mitglied des Fachbeirats. Der zentralen Beratungsstelle ist der Verein VPN zugeordnet, der für ganz Hessen zuständig ist und zu dessen Aufgaben Präventions- und Interventionsmaßnahmen gehören.
Das Hessische Präventionsnetzwerk gegen Salafismus ist über die Internetseite des HKE und dessen E-Mail-Adresse wie folgt erreichbar:
www.hke.hessen.deund hke@hmdis.hessen.de
Prävention gegen Rechtsextremismus | Kernaufgabe von KOREX ist die Aufklärungsarbeit durch Aufbereitung des Fachwissens des LfV für bestimmte Zielgruppen sowie für die breite Öffentlichkeit. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit von KOREX liegt dabei auf Fortbildungsangeboten. In diesem Rahmen informiert KOREX über aktuelle Entwicklungen und Erscheinungsformen des Rechtsextremismus, insbesondere über Strategien, mit denen Rechtsextremisten um Jugendliche werben und wie Rechtsextremisten zu erkennen sind. Darüber hinaus erstellt KOREX Broschüren und berät Verantwortungsträger in Politik, Behörden und Gesellschaft.
Das LfV gehört mit KOREX dem Expertenpool des landesweiten beratungsNetzwerks hessen – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus an. In dem Expertenpool sind staatliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Initiativen miteinander vernetzt. Hierin ist auch das HKE eingebunden, das die Präventionsmaßnahmen koordiniert. Zu erreichen ist das beratungsNetzwerk hessen – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus über ein Kontaktformular auf der Internetseite www.beratungsnetzwerk-hessen.de.
Prävention für die Wirtschaft | Informationen über die Aktivitäten und Dienstleistungen des LfV zum Thema Wirtschaftsschutz finden Sie im Kapitel Geheim- und Wirtschaftsschutz.
Informationsstand auf dem Hessentag | Traditionell ist das LfV in der Landesausstellung des Hessentags mit einem Informationsstand vertreten, so auch in Rüsselsheim am Main (Kreis Groß-Gerau) vom 9. bis 18. Juni 2017. Die Besucher hatten die Möglichkeit, sich in Gesprächen mit Experten des LfV über verschiedene extremistische Bestrebungen, insbesondere über Rechtsextremismus und Salafismus, zu informieren und entsprechende Publikationen mitzunehmen. Das LfV bot zudem Expertensprechstunden zu den Themen Identitäre Bewegung, Antisemitismus und Wirtschaftsschutz an. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu den Besuchern ist die alljährliche Präsenz des LfV auf dem Hessentag ein wichtiger Baustein der Präventions- und Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes in Hessen.
Bei seinen Bühnenveranstaltungen in der Landesausstellung kooperiert das LfV mit unterschiedlichen Partnern. Im Bereich der aufklärenden Prävention führt das LfV seit einigen Jahren Projekte mit hessischen Schulen durch, die dem Grundsatz „Prävention mal anders“ folgen und das Ziel haben, junge Menschen selbst zu Präventionspaten fortzubilden. Beim Hessentag 2017 produzierten Oberstufenschülerinnen und Schüler eines Politikleistungskurses der Max-Planck-Schule zum Thema „Rechtsextremismus“ einen Kurzfilm. Dazu führten sie unter anderem Interviews mit Passanten in Rüsselsheim am Main.
Bei einer weiteren Bühnenveranstaltung des LfV präsentierten Schülerinnen und Schüler der Wiesbadener Gerhart-Hauptmann-Schule Kurzrollenspiele, um vor islamistischen Radikalisierungen und Anwerbeversuchen zu warnen. Diese Vorstellung erfolgte anlässlich des preisgekrönten Präventionsprojekts „Wir gegen Salafisten“ der Gerhart-Hauptmann-Schule Wiesbaden in Zusammenarbeit mit dem LfV.
Darüber hinaus referierten der Präsident des LfV, Robert Schäfer, zusammen mit dem Präsidenten des Polizeipräsidiums Südhessen, Bernhard Lammel, sowie Prof. Susanne Schröter, Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), über die aktuelle Sicherheitslage in Hessen.
Herbstgespräch | Das jährliche Herbstgespräch des LfV fand am 14. November zum Thema „Antisemitismus: Neue Formen – Alte Ressentiments“ im Hessischen Landtag in Wiesbaden statt. Am selben Tag hatte die PAAF des LfV eine aktuelle Studie zu Erscheinungsformen und ideologischen Hintergründen antisemitischer Agitation in den sozialen Netzwerken veröffentlicht und darin vor den zahlreichen Facetten und Gesichtern des heutigen Antisemitismus gewarnt. Der hessische Innenminister Peter Beuth warnte in seinem Impulsvortrag vor den vielfältigen Facetten des Antisemitismus: „Wir müssen also feststellen, dass wir es neben dem leider lange und alt bekannten von rechts geprägten Antisemitismus und dem ebenfalls mindestens seit dem Deutschen Herbst erkannten Antisemitismus von links auch mit einem Antisemitismus unter Migranten und Muslimen zu tun haben. Allen Antisemiten müssen wir uns gleichermaßen entgegenstellen.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Jörg Diehl (Spiegel Online) erörterten vor knapp 200 geladenen Besucherinnen und Besuchern Dr. Josef Schuster (Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland), Esther Schapira (Journalistin, Filmemacherin und Autorin), Prof. Dr. Bassam Tibi (Politikwissenschaftler und Experte für den politischen Islam), Prof. Dr. Reinhard Schramm (Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen) und Dr. Walter Jung (Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg) die Bedeutung und Gefahren der vielfältigen Gesichter des Antisemitismus.
https://lfv.hessen.de/prävention/das-herbstgespräch/19-herbstgespräch-rückblick