Glossar & Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis extremistischer
Personenzusammenschlüsse

Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2017

Rechtsextremismus

Merkmale

Das deutsche Volk als höchster Wert | Rechtsextremisten lehnen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab und bekämpfen sie zum Teil mit Gewalt. Sie verfolgen extremistische Bestrebungen in unterschiedlichen Formen. Das deutsche Volk stellt für alle Rechtsextremisten den höchsten Wert dar. Sie ordnen die Rechte und Freiheiten anderer Völker und Nationen wie auch die des einzelnen Menschen diesem Nationalismus unter. Nach ihren Vorstellungen hat der Einzelne im Sinne eines völkischen Kollektivismus seinen Wert nur durch die Zugehörigkeit zum Volk, das heißt durch eine bestimmte Herkunft.

„Ethnopluralismus“ | Teile des Rechtsextremismus, vor allem die IB, propagieren das Konzept des „Ethnopluralismus“ und behaupten in einer verschleiernden Sprache, dass sie für die Vielfalt der Völker einstehen würden. In Wirklichkeit zielt dieses Konzept auf einen strikten Nationalismus, der „fremde“ Menschen ausgrenzt und dadurch Fremdenfeindlichkeit provoziert. Der „Ethnopluralismus“ beschreibt die Unterschiede zwischen den Völkern und meint damit letztlich die homogene nationale Identität der eigenen Ethnie.

Ideologie der Ungleichheit | Rechtsextremisten vertreten somit eine Ideologie der Ungleichheit, die in vielfacher Hinsicht den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widerspricht. An die Stelle demokratischer Entscheidungsprozesse wollen Rechtsextremisten einen autoritären (Führer-) Staat setzen, in dem nur der angeblich in sich einheitliche Wille der „Volksgemeinschaft“ herrscht.

„Kampf um die Parlamente“ und „Kampf um die Straße“ | Ihre Ziele verfolgen Rechtsextremisten auf unterschiedliche Art und Weise. Rechtsextremistische Parteien treten zu Wahlen an und versuchen, sich der demokratischen Strukturen zu bedienen, um diese letztlich abzuschaffen. Demgegenüber setzen Neonazis vor allem auf den „Kampf um die Straße“. Sie versuchen, durch öffentlichkeitswirksame Aktionen sowohl im Internet als auch in der „realen“ Welt Aufmerksamkeit zu erzielen und ihre Propaganda zu verbreiten.

Personenpotenzial1

Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten in Hessen stieg gegenüber dem Vorjahr an. Im Wesentlichen ist dies der besseren Erkenntnislage zu Rechtsextremisten unter Reichsbürgern und Selberstverwaltern zuzuschreiben.

Abgebildet ist die Tabelle rechtsextremistisches Personenpotenzial.
In der linken Spalte stehen untereinander die Namen der rechtsextremistischen Beobachtungsobjekte. Die weiteren drei Spalten enthalten Zahlenangaben zu diesen Beobachtungsobjekten jeweils für die Jahre 2017, 2016 und 2015 sowohl für Hessen als auch für die gesamte Bundesrepublik.
Rechtsextremistischen Parteien waren im Jahr 2017 in Hessen 275 Personen, im Jahr 2016 265 Personen und im Jahr 2015 260 Personen zuzurechnen.
Rechtsextremistischen Parteien waren im Jahr 2017 bundesweit 6.050 Personen, im Jahr 2016 6.550 Personen und im Jahr 2015  6.650 Personen zuzurechnen.
Der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands waren im Jahr 2017 in Hessen 250 Personen und bundesweit 4.500 Personen zuzurechnen. Im Jahr 2016 lag dieses Personenpotenzial in Hessen bei 250 und bundesweit bei 5.000, im Jahr 2015 lag das Personenpotenzial in Hessen bei 250 und bundesweit bei 5.200.
Der Partei Der Dritte Weg waren im Jahr 2017 in Hessen 15 Personen und bundesweit 500 Personen zuzurechnen. Im Jahr 2016 lag dieses Personenpotenzial in Hessen bei 15 und bundesweit bei 350, im Jahr 2015 lag das Personenpotenzial in Hessen bei 10 und bundesweit bei 300.
Der Partei Die RECHTE waren im Jahr 2017 in Hessen 10 Personen und bundesweit 650 Personen zuzurechnen. Im Jahr 2016 gibt es für Hessen keine Angabe, bundesweit lag das Personenpotenzial bei 700, im Jahr 2015 gibt es für Hessen keine Angabe, bundesweit lag das Personenpotenzial bei 650.
Parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen waren im Jahr 2017 in Hessen 650 Personen und im Jahr 2016 510 Personen zuzurechnen. Für das Jahr 2015 gibt es keine Angabe.
Parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen waren im Jahr 2017 bundesweit 6.300 Personen zuzurechnen. Für die Jahre 2016 und 2015 gibt es keine Angaben.
Dem weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial waren im Jahr 2017 in Hessen 540 Personen und im Jahr 2016 560 Personen zuzurechnen. Für das Jahr 2015 gibt es keine Angabe.
Dem weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial waren im Jahr 2017 bundesweit 12.900 zuzurechnen. Für die Jahre 2016 und 2015 gibt es keine Angaben.
Insgesamt gab es in Hessen im Jahr 2017 1.465 Rechtsextremisten, bundesweit waren es insgesamt 24.000. Im Jahr 2016 lag dieses Personenpotenzial in Hessen insgesamt bei 1.335 und bundesweit insgesamt bei 23.100, im Jahr 2015 lag das Personenpotenzial in Hessen insgesamt bei 1.310 und bundesweit insgesamt bei 22.600.
Von diesem gesamten rechtsextremistischen Personenpotenzial waren in Hessen im Jahr 2017 670 gewaltorientiert, bundesweit waren 12.700 gewaltorientiert. Im Jahr 2016 waren in Hessen 650 gewaltorientiert, bundesweit waren 12.100 gewaltorientiert. Im Jahr 2015 waren in Hessen 400 gewaltorientiert, bundesweit waren 11.800 gewaltorientiert.

Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen

Identitäre Bewegung Deutschland (IBD)/Identitäre Bewegung Hessen (IBH)

Definition/Kerndaten

Die IBD ist innerhalb des Rechtsextremismus ein relativ neues Phänomen, das sich „modern“, „intellektuell“ und aktionsorientiert präsentiert. Typisch rechtsextremistische bzw. nationalsozialistische Begriffe wie etwa „Volksgemeinschaft“ und „Rasse“ gehören nicht zum Vokabular der IBD, stattdessen verwendet sie „Identität“ und „Ethnie“ als Chiffren. Hierdurch versucht die IBD mittels ihrer Selbstdarstellung in den sozialen Medien und mit Hilfe medienwirksamer Aktionen vor allem internetaffine Jugendliche und junge Erwachsene zu gewinnen, um eine neue völkische Jugendkultur bzw. politische Strömung zu etablieren. Vor allem über die direkte Kommunikation in den sozialen Medien versucht sie, Begriffe und Inhalte neu und scheinbar unverfänglich zu definieren und damit auch Personen außerhalb der rechtsextremistischen Szene zu erreichen. So sagte ein Vertreter der Identitären Bewegung (IB): „Wir haben die Gesetze des Marketings, der Sozialen Medien, und des Gesellschaftsspektakels verstanden. Wir gießen diese Erkenntnisse in überraschende, aber verständliche Aktionen. Wir sprechen die Sprache der Jugend und erzeugen die Bilder, die die Mediengesellschaft versteht“. (Schreibweise wie im Original.)

Bundesvorsitzender: Daniel Fiß (Mecklenburg-Vorpommern)
Angehörige: In Hessen etwa 80, bundesweit mehr als 500
Medien: Internetpräsenzen, Publikation Identitärer Aktivist

Abgebildet ist das Logo der Identitären Bewegung Deutschland. Auf einem rechteckigen gelb-orangenem Hintergrund befindet sich in schwarzer Farbe ein Kreis, darin der griechische Buchstabe Lambda, also ein Winkel, etwas größer als 90 Grad, dessen Spitze nach oben zeigt. Die beiden Enden des Winkels gehen in den schwarzen Kreis über. Darunter steht in schwarzen Großbuchstaben das Wort Deutschland.

Ereignisse/Entwicklungen

Wie im Jahr 2016 nahmen sowohl bundes- als auch hessenweit die Aktivitäten der IB im Berichtsjahr zu. Sie versuchte größtmögliche mediale und öffentliche Aufmerksamkeit zu erringen. In einem Interview sagte ein führender Angehöriger der Identitären Bewegung: „Wir sind kreativ, dynamisch und überraschend. […] Wir adaptieren Aktionen der Studentenbewegung oder von Greenpeace: Begrenzte Regelübertretung, ziviler Ungehorsam, Überraschungsmoment und ja, auch Spaßaktionen. Letztere haben ein enormes Potential, denn nichts hat die linke Multikulti-Schickeria weniger als Humor“. Über die einzelnen Aktionen veröffentlichte die IBD Berichte mit Fotos bzw. Videos auf ihrem Facebook-Profil. Auf diese Weise versuchte sie nicht nur neue Angehörige zu werben, sondern auch die eigenen Aktivisten zu motivieren. So hieß es in einem Beitrag der IBH auf Facebook: „Wenn einheimische Frauen vor vermeintlichen Flüchtlingen fliehen müssen, dann ist das die vorhergesehene Folge einer völlig verfehlten Politik der Massenmigration zum Zweck des ›Großen Austauschs‹. Wehre auch DU Dich und komm in (die) Bewegung!“

Jugendliche und junge Erwachsene als Zielgruppe | Thematisch konzentrierte sich die IBH auf ihrer Facebook-Seite auf den Protest gegen die Migrations- und Asylpolitik. Wie in den Vorjahren brachte die IBH Banner und Plakate an, unter anderem in Frankfurt am Main, Gießen (Landkreis Gießen), Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf), Kassel sowie im Lahn-Dill-Kreis.

Ende Mai führte die IBH anlässlich des Schlossgrabenfestes in Darmstadt eine Banneraktion unter dem Motto „Schlossgrabenfest 2017 – Feiern unter Polizeischutz, offener Grenzen sei Dank“ durch.

Am 28. Juli ließ die IBH-Ortsgruppe Kassel gemeinsam mit der Regionalgruppe Thüringen rund 200 schwarze und gelbe Luftballons als „Zeichen gegen die Instrumentalisierung der documenta14“ an der Orangerie und am Schlosspark Wilhelmshöhe in Kassel steigen. An den Ballons waren Flyer bzw. Stellungnahmen der IBH zur documenta14 angebracht, „deren politisch abgerichtete Kunst die Zerstörung unserer Identität zelebriert“. Hiermit widersetze sich die IB der

„gescheiterten Agenda einer multikulturellen Gesellschaft, die vor allem den Völkern der abendländischen Welt trotz allem offenkundigen Misslingens aufgezwungen werden soll.“

Mitte August führte die IBH eine „Pantomime“ unter dem Motto „Das Schweigen der Lämmer“ anlässlich der documenta in Kassel auf. Auf der Facebook-Seite der IBH hieß es hierzu:

„Unser Straßentheaterstück stellt in starker Symbolsprache dar, was eine Politik der offenen Grenzen und der massenhaften Migration für Deutschland bedeutet. Das Volk wird ausgeblutet – und schweigt!“

Die Inschrift am Kasseler Fridericianum „Being safe is scary“ kritisierte die IBH als das

„immer gleiche Narrativ, demzufolge Migration immer und uneingeschränkt positiv ist, selbst wenn immer mehr Menschen Mord, Raub, Vergewaltigung und Körperverletzung durch Migranten zum Opfer fallen – Menschen, die wie Schafe auf dem Altar der politschen Korrektheit geopfert werden.“ (Schreibweise wie im Original.)

Weitere symbolische Aktionen führte die IBH am 20. August in Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) unter dem Motto „Terror als Normalzustand? Nicht mit uns!“ und am 17. September in Fulda (Landkreis Fulda) unter dem Motto „Wer sind die nächsten Opfer, Frau #Merkel?“ durch. Eine ähnliche Aktion fand im Dezember in Frankfurt am Main statt. Hierbei stellten IBH-Angehörige weiße Kreuze und Grablichter auf. Zu der Aktion in Marburg hieß es auf Facebook: „Wir werden den Terror und dessen Verharmlosung nicht hinnehmen. Wir sind die letzte wehrhafte Generation Europas“. Ihre Aktion in Fulda begründete die IBH unter anderem mit der angeblichen „Selbstaufgabe der eigenen Werte, wie es mit der zunehmenden Islamisierung geschieht“. Anlässlich des Jahrestags des Terroranschlags auf einen Berliner Weihnachtsmarkt brachten IBH-Angehörige in Wetzlar (Lahn-Dill-Kreis) Banner an einem Einkaufszentrum an, um der Angehörigen und der Verletzten zu gedenken, was Politiker „ein Jahr lang nicht für nötig befunden“ hätten: „Sie sind Opfer zweiter Klasse in den Augen unserer Politiker! An den Händen Merkels klebt ihr Blut“.

Darüber hinaus brachten IB-Aktivisten in Wiesbaden, Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) und im Lahn-Dill-Kreis Aufkleber an und verteilten Flugblätter in Marburg und Frankfurt am Main. Außerdem veranstaltete die IBH verschiedene Stammtischtreffen.

Aktivisten aus Hessen beteiligten sich auch an besonders medien- und öffentlichkeitswirksamen Aktionen der IBD:

Am 19. Mai versuchten in Berlin etwa 50 IB-Aktivisten in das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu gelangen, was die Polizei jedoch verhinderte. Vor dem Gebäude zeigten die Aktivisten Banner mit den Aufschriften „Zensurministerium“ sowie „Alles schon vergessen? Gegen Zensur und Meinungsverbote“ und schwenkten Fahnen der IBD. Der Protest richtete sich gegen den Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG). Die IBD sprach auf Facebook von einem „Netzwerkdurchsuchungsgesetz“, das als „trojanisches Pferd für eine massive Meinungseinschränkung“ dienen solle.

Gleichfalls in Berlin führten am 17. Juni Regionalgruppen der IBD und ausländische Aktivisten der IB eine Demonstration unter dem Motto „Zukunft Europa“ in Berlin durch, an der zeitweise etwa 850 Personen teilnahmen. Aufgrund mehrerer Blockaden durch Gegendemonstranten wurde der Aufzug nach mehreren hundert Metern abgebrochen.

Auf Facebook charakterisierte die IBD den Berliner Wedding, wo die Demonstration stattgefunden hatte, als einen Stadtteil,

„in dem der Anteil von Ausländern und Menschen mit Migrationshintergrund nahezu 84,5 Prozent beträgt. Hier manifestiert sich der Große Austausch, der von den Etablierten geleugnet, aber immer sichtbarer wird“.

Anfang August startete die IB im Rahmen ihrer Kampagne „Defend Europe“ vor der libyschen Küste ihre erste „Mission“ gegen angebliche „Schlepperaktivitäten“ von Nichtregierungsorganisationen (NGO), deren Ziel es war, Flüchtlinge aus dem Meer zu retten. Für ihre Kampagne hatte die IBD ein Schiff angemietet, das sich mehrere Wochen im Mittelmeer aufhielt. Mit ihrer Kampagne wollte die IB den „NGO-Wahnsinn“ beenden und die „mögliche Zusammenarbeit mit den Schleppern“ dokumentieren. Die IB-Aktivisten, die unter anderem aus Deutschland kamen, beendeten ihre Aktion am 17. August.

Klage gegen Beobachtung durch den Verfassungsschutz | Am 28. September veröffentlichte die IBD auf ihrer Facebook-Seite einen Beitrag, wonach sie „im Rahmen ihrer ,Verfassungsschützer‘-Kampagne dem Bundesminister des Innern […] eine Unterlassungsklage zugestellt und weitere optionale gerichtliche Schritte angekündigt“ habe. Darin habe sie den Innenminister aufgefordert, die

„weitere Beobachtung der Identitären Bewegung einzustellen und die Nennung in den jährlichen Verfassungsschutzberichten zu unterlassen. Das gleiche gilt für öffentliche Äußerungen, in denen die Identitäre Bewegung als ,rechtsextrem‘ bezeichnet wird. Denn nichts davon basiert auf einer validen Argumentationsgrundlage.“

Die IBD hatte bereits zuvor angekündigt, gegen die Verfassungsschutzbehörden zu klagen und für diese Kampagne eine eigene Homepage eingerichtet.

Neue Publikation Identitärer Aktivist | Im Juni brachte die IBH erstmals ihre Publikation Identitärer Aktivist heraus, die im Berichtszeitraum in insgesamt drei Ausgaben erschien. Das Redaktionsteam verfolgte damit drei Ziele:
  • „Einen kleinen Einblick in unsere politische Arbeit als am schnellsten wachsende Jugendbewegung Europas zu geben.“
  • „Die Meinungsvielfalt an Universitäten und Fachhochschulen wieder in ein Gleichgewicht zu bringen.“
  • „Nach und nach an allen hessischen Schulen patriotische Schüler zu erreichen.“

Rechtsextremistisches Merchandising | Darüber hinaus bot die IBD, um Jugendliche und junge Erwachsene als Zielgruppe zu erreichen, über eigene Online-Versandhäuser Material für den „patriotische[n] Aktivist[en]“ an. Das Warenangebot umfasste unter anderem T-Shirts, Aufkleber („Revolte gegen den großen Austausch“, „Multikultur ist eine Lüge!“) und Flugblätter.

Entstehung/Geschichte

Die IBD gründete sich im Oktober 2012 als Facebook-Gruppe und erhielt in kürzester Zeit große Zustimmung. Die Anzahl der Likes im Internet stieg von rund 1.600 Ende 2012 auf mehr als 64.000 Anfang 2018. Die IBD sieht sich als Ableger der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ), die wiederum aus dem 2003 in Frankreich entstandenen Bloc Identitaire – Le mouvement social européen, der späteren Génération Identitaire (GI), hervorgegangen war.

Die Anhänger der IB in Deutschland wurden zunächst „virtuell“ im Internet, dann aber auch zunehmend „real“ aktiv, indem sich regionale Gruppen bildeten. Anfang Dezember 2012 fanden sich deutsche Anhänger der IB zu ihrem ersten bundesweiten, konstituierenden Treffen in Frankfurt am Main zusammen, unter ihnen auch Vertreter aus Österreich und Italien. Zu der Veranstaltung wurden im Internet unter anderem folgende plakative programmatische Schlagworte veröffentlicht:

„Europa steht auf dem Spiel. Keine Kinder. Massenzuwanderung. Dekadenz & Kulturverfall. Islamisierung. Selbsthass. Fremdenliebe. Wirtschaftskrise. Asylbetrug. Rechtsfreie Räume. Scharia-Zonen. Migrantengewalt. Political Correctness. Wenn wir jetzt nichts tun, waren wir die letzte freie Generation Europas. Wir müssen jetzt handeln! Reconquista oder Eurabia.“

In Hessen trat die IB seit Ende 2012 mit Plakat- und Aufkleberaktionen öffentlich in Erscheinung. Im April 2014 fand in Fulda (Landkreis Fulda) ein Treffen statt, das der weiteren Vernetzung diente. In der Folge gründete sich im Mai 2014 in Nordrhein-Westfalen der Verein Identitäre Bewegung Deutschland e. V. mit dem Ziel, die

„Identität des deutschen Volkes als eine eigenständige unter den Identitäten der anderen Völker der Welt zu erhalten und zu fördern. Er widersetzt sich insbesondere der fortschreitenden Globalisierung und der Verdrängung der deutschen Identität aus immer mehr Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens.“

Ideologie/Ziele

Die IB stellt sich in ihrer Ideologie gegen den Gleichheitsgedanken des Grundgesetzes. „Kulturfremde“ Einflüsse hält sie für schädlich; Folge ihrer politischen Bestrebung ist letztlich Ausgrenzung.

Politische Eckpunkte | Auf ihrer Internetseite definiert die IBD vier „Säulen unserer politischen Arbeit“: „Metapolitik“, „Aktivismus“, „Gemeinschaft“, „Ausbildung“. Unter „Metapolitik“ versteht die IBD den „Kampf um Begriffe, um das Sagbare, letztlich auch um das Denken“. Damit versucht die IBD „jene Europäer“ zu gewinnen, die das „Establishment“ angeblich längst vergessen habe: „Jugendliche ohne Migrationshintergrund“.

Da „materielle Werte“ zu wenig Sinn stifteten, so die IBD, sei es ihr Ziel, „echte Gemeinschaften“ zu etablieren. Außerdem wolle sie „tiefgründige Analysen

und Lösungen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen“ liefern.

„Metapolitik“ | In einer Kulturrevolution, so die IBD in dem Internet-Beitrag „Metapolitische Räume – Macht und Moral“, sei es der „68er Bewegung und dem akademischen Überbau der Frankfurter Schule“ gelungen, die „konservativen Wurzeln“ Nachkriegsdeutschlands („Familie als Keimzelle des Volkes“, „Sittlichkeit und Anstand“) „aus dem Boden zu reißen“. Aus einer „rein subjektivistischen Perspektive“ hätten die „68er“ damals wie heute für eine bessere und gerechtere Gesellschaft gefochten – auf der „grundideologischen Basis […], dass das Subjekt nicht in eine höhere Ordnung eingebunden sei“. Damit seien eine „politische Moralblase“ und die linksliberale Ideologie einer „Konsenskultur“ geschaffen worden. Nun allerdings bekomme, so die IBD, die „illusorische Traumblase der Linken zunehmend Risse“, da Vorstellungen und reale Ereignisse auseinanderklafften.

Die „Neue Rechte“, so die IBD, müsse „linke Dogmen“ nicht nur widerlegen, sondern einen „moralischen Gegenentwurf zeichnen“:

„Eine Gemeinschaft muss auf mehr aufbauen als nur auf Verfassungsgarantien und abstrakten Menschenrechten. Sie braucht einen gemeinsamen Identitätsrahmen, der sich aus der geschichtlichen Kontingenz ableitet und dabei auf einem ethnokulturellen Fundament aufbaut.“

Vor diesem Hintergrund betont die IBD die dominierende Bedeutung von Abstammung und Identität und befindet sich damit in der Nähe zur völkischen Ideologie von Rechtsextremisten. Das Subjekt, das heißt den Menschen, nimmt die IBD nicht primär in seiner Individualität, sondern vorrangig in Bezug auf seine ethnische Herkunft und seine Eingebundenheit in die „Gemeinschaft“ wahr.

„Großer Austausch“ | Mit dem Begriff „Großer Austausch“ bezeichnet die IBD die „Tendenz einer schrittweisen Verdrängung der einheimischen Bevölkerung zugunsten fremder und zumeist muslimischer Einwanderer“. In einer Internet-Veröffentlichung „Was heißt für euch eigentlich ,Identität‘?“ definiert die IBD dagegen als „kollektives Merkmal unserer Identität“ den „ethnokulturelle[n] Aspekt, der für uns den Kern des politischen Handelns darstellt“:

„Wir glauben, dass sich jedes Volk dieser Erde durch seine besondere Verschiedenheit auszeichnet und in seiner Lebensart, seinen Wertvorstellungen, seiner Kultur, Herkunft, Religion und seinen sozialen Praktiken immer etwas Einzigartiges ist. Jedes Volk hat demnach auch das Recht, diese Eigenschaften und Merkmale seiner ethnokulturellen Identität zu bewahren und zu verteidigen. Genau diese Bewahrung fordern wir auch für unsere eigene deutsche und europäische Identität ein“.

„Ethnokulturelle Gemeinschaft“ | Nur wer ein „ehrliches und aufrechtes Verhältnis von sich selbst und dem Eigenen“ definiere, könne „gleichzeitig dem Anderen offen und anerkennend in der Verschiedenartigkeit begegnen“. Diese „inhaltliche Positionierung“ erteile, so die IBD,

„jeglichem Rassismus und Chauvinismus eine klare Absage, da es uns stets um die Betonung des Rechts auf Bewahrung der Identität für jedes Volk und jede Kultur geht und wir eine qualitative Auf- oder Abwertung einer bestimmten ethnokulturellen Gemeinschaft klar ablehnen. Wir wollen daher auch die Identität des deutschen Volkes in ihrer Besonderheit neben den vielen weltweit nebeneinanderstehenden Völkern in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit bewahren. Die ethnische und die kulturelle Seite unserer Identität sind dabei für uns gleichwertig. Die Überbetonung eines Teilaspekts der Identität lehnen wir ab“.

Unter dem Titel „Nationalismus vs. ethnokulturelle Identität“ versuchte die IBD den Vorwurf zu entkräften, sie sei nationalistisch. In dem entsprechenden Internet-Beitrag hieß es: „Wir Identitären sind nicht nationalistisch! […] Unsere Idee ist auch keine nationale, sondern eine europäische“. Zurzeit zerfalle der „europäische Kulturkreis“ nicht in einzelne Nationen, sondern gehe „als Gesamtes“ zugrunde:

„Jedes Volk Europas wird zwischen den liberalistischen Walzen der Masseneinwanderung, des Konsumwahns und des Werteverfalls zerrieben. Alle europäischen Völker verlieren ihre Identität und vergessen ihre Geschichte und ihre Kultur. Niemals war es wichtiger, dass die Europäer sich als solche begreifen und sich nicht durch nationalistische Ressentiments bei der Findung eines gemeinsamen und starken Überlebenswillens selbst im Wege stehen.“

In einer Positionsbestimmung unter dem Titel „Nationalismus revisited“ führte die IBD aus, dass Nationalismus mit „Subjektivismus, Werteverfall, Sinnentleertheit“ und der „Auflösung aller Dinge“ gleichzusetzen sei:

„Er würde einen fanatischen Krieg nach außen, Totalitarismus und Vereinheitlichung nach innen, biologistische und darwinistische Betäubungen gegen eine echte Sinnfrage bedeuten. Letztlich würde er damit keine Antwort auf die großen Fragen bedeuten, die heute das ganze Dasein umstellen und es in den Nihilismus treiben.“

Dem setzt die IBD entgegen:

„Wenn wir für den Erhalt unserer Identität kämpfen, tun wir das nicht ,egoistisch‘ oder ,nur für uns‘. Wir […] kämpfen gegen eine globale Tendenz der Vereinheitlichung, der Entzauberung, Entfremdung und Vermassung, gegen die Vernichtung von Freiheit, Vielfalt, Behausung und Verwurzelung.“

Für den „kulturellen Verfall (die identitäre Schwäche) in den Einwanderungsländern“ sei, so die IBD, der Liberalismus verantwortlich. Er müsse als Ideologie überwunden werden, da er Traditionsgebundenheit in „atomisierenden Individualismus“ verwandele.

„Tugenden des Widerstandes“ | Unter Rückgriff auf den Topos des Widerstandsrechts folgert die IBD:

„Der Widerstandsfall nach GG Art. 20 Abs. 4 ist eingetreten. Unsere öffentliche Ordnung, unsere (Rechts-)Staatlichkeit und innere Sicherheit sind fundamental gefährdet. […] Unsere Regierung schadet unserem Land und unserem Volk – andere Abhilfe als oppositioneller Widerstand ist derzeit nicht möglich. Gleichzeitig ist jede Anwendung von Recht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den jede Situation erfordert, gebunden. Das Recht auf Widerstand in unserer jetzigen Situation rechtfertigt zivilen Ungehorsam, keine Gewalt.“

Als historisches Vorbild „in der jetzigen Situation“ benennt die IBD – in krasser manipulativer Umdeutung und Verzerrung der deutschen Geschichte – die „Akteure der Weißen Rose“, die als Jugendgruppe Widerstand gegen das nationalsozialistische Terrorregime geleistet hatten:

„Aus ihrem Opfer für Deutschland ist Kraft zu schöpfen. Nicht nur durch den exemplarischen Mut, den diese Widerständigen bewiesen, sondern gleichfalls durch die historische Kontinuität, die uns heute mit ihnen verbindet, ist die Legitimität von Widerstand offenbar: Deutschland, das Land der Deutschen, die den Souverän dieser Republik bilden, ist in Gefahr. Als es das letzte Mal durch eine Tyrannis in Gefahr war, mussten sich die Wenigen ebenso gegen die Vielen erheben.“

Symbolik | In ihrer Bildsprache verwendete die IBD im Internet, bei Veranstaltungen sowie auf Flyern, Aufklebern und Merchandisingartikeln den griechischen Buchstaben  (Lambda), der durch die Comicverfilmung „300“ aus dem Jahr 2006 einem breiten Publikum bekannt geworden ist. Der Film glorifiziert das antike Sparta und den letztlich aussichtslosen Verteidigungskampf von 300 Spartanern (Lakedaimoniern) gegen die Übermacht der Perser in der Schlacht bei den Thermopylen (480 v. Chr.). In vielfachen Variationen zeigt der Film bewaffnete und kämpferisch-entschlossene Spartaner im Kampf gegen die persischen Angreifer. Die IBD identifiziert sich mit dieser Bildersprache und sieht sich in ihrem „Abwehrkampf“ in der Tradition der Spartaner.

Strukturen

Laut ihren Facebook-Auftritten gliederte sich die IBD bundesweit in 15 Regionalgruppen, eine davon ist die IBH. Das die Regionalgruppe IBH umfassende Gebiet schloss auch Gebiete jenseits der hessischen Landesgrenze mit ein: den rheinland-pfälzischen Rhein-Lahn-Kreis und den „Regierungsbezirk Rheinhessen“.

In Hessen bestanden Ortsgruppen in Frankfurt am Main, Gießen (Landkreis Gießen), Kassel/Nordhessen, Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf), Darmstadt, Fulda (Landkreis Fulda), Wiesbaden, Eschwege (Werra-Meißner-Kreis) sowie im Lahn-Dill-Kreis und im Schwalm-Eder-Kreis. Die Anzahl der Ortsgruppen hat sich damit gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Bewertung/Ausblick

Die IBH konnte gegenüber dem Vorjahr die Anzahl ihrer Ortsgruppen von fünf auf zehn verdoppeln. Dies zeigt die Dynamik dieser Bewegung. Zugleich stellt ihre Propaganda in modernem Design, ihre Internet-Affinität und die dem linken politischen Protestspektrum entlehnte Agitationsweise eine Gefahr der Einflussnahme auf die junge Generation dar. In einem modernen Layout wird die verfassungsfeindliche Botschaft transportiert.

Neben der anwachsenden Dynamik und den jugendaffinen Aktionsformen geht von der IB zudem die Gefahr aus, dass sie mit ihrer Begriffswahl den Anschluss in die Mitte der Gesellschaft erreichen kann. So ersetzt sie Begriffe wie „Rasse“ durch die in der Gesellschaft nicht negativ besetzten Begriffe der „Ethnie“ und „Kultur“.

Die Anhänger der IB argumentieren mit einem (pseudo)intellektuellen Anspruch. Ihre Ausführungen kommen, anders als in der Neonazi- oder rechtsextremistischen Musikszene, nicht plump daher. Ihre Protagonisten entstammen zum Teil dem anspruchsvollen Bildungsbürgertum und richten sich infolgedessen auch an dieses.

Der Rekurs auf das grundgesetzliche Widerstandsrecht impliziert eine Agitation außerhalb des pluralen Meinungsbildungsprozesses. Diese Ideologie ist geeignet, Aktionsformen über das Verbale hinaus zu legitimieren.

Neonazis

Definition/Kerndaten

Rechtsextremisten, die nach der Überwindung der Gewaltdiktatur des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) dessen Ideologie in ihren inhaltlichen Zielsetzungen oder im Rahmen ihrer Aktivitäten zu verwirklichen versuchen, werden als Neonazis bezeichnet. Zahlreiche neonazistische Organisationen sind verboten, Neonazis finden sich aber immer wieder in neuen Gruppierungen, Bündnissen und Plattformen zusammen. Zu rechtsextremistischen Parteien und zu subkulturell orientierten Rechtsextremisten und Skinheads unterhalten Neonazis, denen grundsätzlich eine Gewaltorientierung zuzuschreiben ist, enge Kontakte.

Regionale Schwerpunkte: Mittelhessen
Aktivisten /Anhänger: In Hessen etwa 250
Medien: Internetpräsenzen
Abgebildet ist das Logo des Antikapitalistischen Kollektivs. Auf einem dunklen Untergrund befindet sich der Schriftzug Freier Widerstand. Darunter befindet sich in weißer Farbe ein Zahnrad. In der Mitte des Zahnrads befinden sich als Kreis die Farben schwarz, weiß und rot. Auf dem weißen Farbstreifen steht in schwarz der Schriftzug Hessen.

Ereignisse/Entwicklungen

Wie in den Jahren zuvor konzentrierten sich die Neonazis auf öffentlichkeitswirksame propagandistische Aktionen: Die Teilnahme an Demonstrationen und an Mahnwachen sowie die Verteilung von Aufklebern und Flugblättern. Ein zentrales Ereignis war erneut die Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“, die diesmal nicht in Hessen stattfand. Die Szene war mehrheitlich durch lose regionale Gruppierungen geprägt; die Kameradschaft Aryans zeichnete sich demgegenüber durch eine überregionale, länderübergreifende Struktur aus.

Kameradschaft Aryans | Bei der rechtsextremistischen Kameradschaft Aryans handelt es sich um einen länderübergreifenden Personenzusammenschluss aus gewaltbereiten Rechtsextremisten, der unter anderem auch Personenbezüge nach Hessen aufweist. Öffentlichkeitswirksamkeit erzielte die Gruppierung seit etwa Ende 2016 zunächst mit ihrer Facebook-Seite „Deutschland, unsere Zukunft“, die als erste offizielle Seite der Aryans galt. Im Profilbild war der Schriftzug „Aryans“ auf einer schwarz-weiß-roten Fahne, flankiert von Reichsadler-Abbildungen, zu sehen.

Am 4. Februar fand auf einem Grundstück im Raum Aschaffenburg (Bayern) eine Feier von ca. 30 bis 40 Rechtsextremisten statt, bei der ein mehrere Meter großes Hakenkreuz aus Holz abgebrannt werden sollte. Das Treffen wurde von der Polizei beendet. Unter den Teilnehmern befanden sich Personen, die der Kameradschaft Aryans zugerechnet werden können.

Am 18. März nahmen Personen der Gruppierung an einer Demonstration der Partei DIE RECHTE in Leipzig (Sachsen) teil. Die Teilnehmer traten in einheitlicher schwarzer Oberbekleidung mit der Aufschrift „Aryans 88“ (Vorderseite) und „Support your Race“ (Rückseite) auf.

An der rechtsextremistischen 1. Mai-Demonstration der Partei DIE RECHTE in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt nahmen auch Personen der Aryans teil. Auch hier trat die Gruppe in den bereits beschriebenen einheitlichen Kleidungsstücken auf. Im Zusammenhang mit der Veranstaltung kam es zu Ausschreitungen, an denen auch hessische Aktivisten der Aryans beteiligt gewesen sein sollen.

Freier Widerstand Hessen (FWH) | Die Gruppierung FWH ging aus der ehemals aktiven neonazistischen Gruppierung Nationale Sozialisten Main-Kinzig (NSMK) hervor. Die NSMK stellten ihre Aktivitäten Anfang 2015 ein.

Im Februar trat die Gruppierung wieder mit einem Internetauftritt in Erscheinung. Hier teilte die Gruppierung mit, dass sie ihre Aktivitäten nun unter dem Namen Freier Widerstand Main-Kinzig (FWMK) entfalten wird. Im Juni konnte der Internetauftritt nicht mehr erreicht werden. Allerdings trat nahezu zeitgleich eine bislang unbekannte Gruppe namens FWH im Internet in Erscheinung. Seitenaufbau und Inhalt waren identisch mit dem Internetauftritt der Gruppierung FWMK, sodass davon ausgegangen werden kann, dass eine erneute Umbenennung der Gruppierung stattfand. In der Öffentlichkeit trat die Gruppierung im Berichtsjahr durch Banneraktionen, so in Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis) sowie im Stadtgebiet Wiesbaden, in Erscheinung.

Demonstration „Für die Zukunft unserer Kinder“ in Wetzlar | Am 22. April fand in Wetzlar (Lahn-Dill-Kreis) die Demonstration „Für die Zukunft unserer Kinder“ statt. Einer der Redner war der Vorsitzende der NPD im Lahn-Dill-Kreis. An der von einer Rechtsextremistin aus Nordrhein-Westfalen angemeldeten Veranstaltung, die neben anderen rechtsextremistischen Organisationen unter anderem von der NPD mitgetragen wurde, beteiligten sich rund 80 Personen.

Mit der Wahl des gesellschaftlich positiv besetzten Mottos „Für die Zukunft unserer Kinder“ hatten die Verantwortlichen der Demonstration offenbar den rechtsextremistischen Hintergrund der Veranstaltung zu verbergen versucht.

An der Demonstration nahmen auch einige Aktivisten der neonazistischen Gruppierung Berserker Pforzheim – Ortsgruppe Lahn-Dill teil. Diese Gruppierung trat bereits durch ihr uniformiertes Erscheinungsbild bei demonstrativen Veranstaltungen insbesondere im Lahn-Dill-Kreis in Erscheinung. Nach Exekutivmaßnahmen im Januar 2018 wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Waffen-, Kriegswaffenkontrollgesetz und das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gab die Gruppierung ihre Auflösung bekannt.

Antikapitalistisches Kollektiv (AKK) | Im Berichtsjahr entfaltete das AKK nur wenige Aktivitäten. Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juli in Hamburg behauptete das AKK gegenüber Medien, es hätten „mehrere Gruppen“ an den Protesten teilgenommen. Vom 15. auf den 16. August beklebten unbekannte Täter zahlreiche Fensterscheiben und Gebäudeteile einer Berufsschule in Geisenheim (Rheingau-Taunus-Kreis) mit Plakaten und Werbezetteln. Die Plakate trugen die Aufschrift „NS AREA“ sowie den Slogan „Für den nationalen Sozialismus“. Darüber hinaus wurde auf die Website des AKK verwiesen.

„Drittes Nationales Schoppenturnier“ in Hünstetten | Am 9. September konnte ein Treffen von Rechtsextremisten in Hünstetten-Ketternschwalbach (Landkreis Limburg-Weilburg) zu einem sogenannten Schoppenturnier verhindert werden. Die Veranstaltung wurde nach Kündigung des Mietvertrags des Grill- und Bolzplatzes durch die Gemeinde durch Polizeikräfte aufgelöst. Es wurden mehr als 60 Personen kontrolliert. Die Teilnehmer kamen ganz überwiegend aus Hessen, aber auch aus anderen Bundesländern und in einem Fall aus dem europäischen Ausland.

Combat 18 Deutschland (C18 Deutschland) | Bei der neonazistischen Organisation Combat 18 Deutschland handelt es sich um ein Netzwerk, deren Ursprungsbezug in einer 1992 in England gegründeten Gruppierung liegt. Die Gruppenbezeichnung setzt sich aus „Combat“ für „Kampf“ sowie der Zahlenkombination 18, die für den ersten und achten Buchstaben des Alphabets (A und H) stehen, zusammen. Der Name Combat 18 kann demnach mit Kampftruppe Adolf Hitler übersetzt werden. Mitglieder der Gruppierung sind in mehreren Bundesländern, auch in Hessen, wohnhaft.

Für das Wochenende des 23. und 24. September reiste eine Gruppe von Personen von der Bundesrepublik Deutschland in die Tschechische Republik und soll dort Schießübungen auf einem privaten Schießstand durchgeführt haben. Am 24. September wurden am deutsch-tschechischen Grenzübergang Schirnding (Bayern) zwölf deutsche Staatsangehörige bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland kontrolliert. Aus der Kontrolle ergaben sich Hinweise auf Verstöße gegen das Waffengesetz (erlaubnispflichtige Schusswaffenmunition) sowie auf einen Bezug zur Gruppierung Combat 18. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet, die sich auch gegen Personen aus Hessen richteten.

Es ist davon auszugehen, dass zumindest bei einem Teil der Mitglieder bzw. Anhänger von Combat 18 Deutschland eine Waffenaffinität und Gewaltbereitschaft besteht.

Kampf der Nibelungen in Kirchhundem (Nordrhein-Westfalen) | Am 14. Oktober fand zum fünften Mal die in der rechtsextremistischen Szene populäre Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ statt. An der Veranstaltung, die im Berichtsjahr in Kirchhundem (Nordrhein-Westfalen) durchgeführt wurde, nahmen rund 500 Personen, darunter ca. 50 Kämpfer, aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus dem europäischen Ausland teil. Nach Veranstaltungsende wurden durch die Polizei eine Vielzahl von Fahrzeug- und Personenüberprüfungen durchgeführt.

Ziel des seit 2013 jährlich stattfindenden „Kampfs der Nibelungen“, der konspirativ in der rechtsextremistischen Szene geplant wird, ist es, so die Verlautbarung der Veranstalter im Internet, abseits des „Bekenntnis[es] zur freien demokratischen Grundordnung“ den

„Sport nicht als Teil eines faulenden politischen Systems [zu] verstehen, sondern diesen als fundamentales Element einer Alternative zu eben jenem [zu] etablieren und in die Breite [zu] tragen. […] Der Kampf der Nibelungen will […] allen Sportlern und Sport-Anhängern, die sich nach einer Alternative zum vorherrschenden ehr- und wertelosen Zeitgeist sehnen, eine Bühne bieten. Beteiligt euch, besucht unsere Veranstaltungen oder tretet selber aktiv an, kommt mit anderen Sportlern in Kontakt und animiert über euer Vorbild andere dazu, dem System der Versager, der Heuchler und der Schwächlinge den Rücken zu kehren“.

Ideologie/Ziele

Historischer Nationalsozialismus als „Vorbild“ | Neonazis orientieren sich, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, an der Ideologie des Nationalsozialismus (unter anderem an Rassismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Nationalismus, Antipluralismus) und idealisieren den „Führer“ Adolf Hitler (1889 bis 1945). Das Ziel von Neonazis ist die Schaffung eines ethnisch homogenen, diktatorischen Staats. Die Rechte des Einzelnen, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt – insgesamt Pluralismus – haben in der von Neonazis angestrebten deutschen „Volksgemeinschaft“ keinen Platz. Die „Volksgemeinschaft“ schließt Menschen anderer Kulturen und auch solche „Deutsche“ aus, die sie aufgrund von Behinderungen, sexueller Orientierung und sozialer Marginalisierung als „unwert“ einstuft. Das Individuum soll sich dem angeblichen Gesamtwillen unterordnen. Historische Tatsachen deuten Neonazis in revisionistischer Manier um und leugnen dabei auch den Holocaust.

Uneinheitlichkeit der Neonazi-Szene | Die neonazistische Szene ist in sich nicht homogen. Zum einen wird das „Dritte Reich“ (1933 bis 1945) als Vorbild betrachtet und eine Wiederherstellung des Nationalsozialismus angestrebt, zum anderen wird die nationalsozialistische „Weltanschauung“ neu interpretiert oder – wie teilweise im Falle des AKK – „antikapitalistisch“ mit Bezügen zum Linksextremismus und entsprechenden Aktionsformen „modernisiert“. Die überwiegende Zahl der Neonazis befürwortet jedoch die Kernelemente des Nationalsozialismus: Führerprinzip, Antisemitismus und die Ideologie der „Volksgemeinschaft“.

Zahlencodes | Intern bekennen sich Neonazis zu ihrer Ideologie, indem sie zum Beispiel nationalsozialistische Grußformeln („Sieg Heil“, „Heil Hitler“) verwenden und den „Hitler-Geburtstag“ feiern. Nach außen bekennen sich Neonazis wegen der Strafbarkeit eher in verklausulierter Form zum Nationalsozialismus, etwa in der Form der Selbstbezeichnung von Gruppierungen. So steht etwa bei dem 2015 durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport verbotenen Verein Sturm 18 e. V. die Zahl für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet, AH; was für Adolf Hitler steht. Entsprechend steht 88 für „Heil Hitler“.

Kampf gegen das „System“ | An die Stelle der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wollen Neonazis einen autoritären Führerstaat sowie eine ethnisch einheitliche „Volksgemeinschaft“ setzen. Unsere freiheitliche Demokratie bezeichnen Neonazis als „System“, das es abzuschaffen gelte. Bereits die Nationalsozialisten hatten die Weimarer Republik (1918 bis 1933) mit dieser Bezeichnung diffamiert. Der Aufruf zum Kampf gegen das „System“ ist ein Grundpfeiler neonazistischer Propaganda. Zielgruppe sind vor allem junge Menschen, die früh an die neonazistische Szene herangeführt und an sie gebunden werden sollen.

Strukturen

Die Neonazi-Szene wies in der Vergangenheit unterschiedliche Strukturen und Organisationsgrade auf. In der Vergangenheit waren hierarchisch strukturierte Vereine die vorherrschende Organisationsform. Zu ihnen zählte zum Beispiel die am 21. September 2011 vom Bundesminister des Innern verbotene Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. (HNG) sowie der am 27. Oktober 2015 verbotene Sturm 18 e. V. In den letzten Jahren traten jedoch weniger formalisierte, lose strukturierte Kameradschaften und sogenannte Freie Kräfte an die Stelle derartiger Personenzusammenschlüsse.

Thule-Seminar e. V.

Das 1980 von dem Rechtsextremisten Dr. Pierre Krebs gegründete Thule-Seminar e. V. mit Sitz in Kassel versteht sich als „Forschungs- und Lehrgemeinschaft für die indoeuropäische Kultur“ und will eine „geistig-geschichtliche Ideenschmiede für eine künftige Neuordnung aller europäischen Völker unter besonderer Berücksichtigung ihres biokulturellen und heidnisch-religiösen Erbes“ sein. Das Thule-Seminar e. V. betrieb – neben seiner umfangreichen Homepage – unter anderem den Eigenverlag Ahnenrad der Moderne und den Buch- und Kunstversanddienst Ariadne.

Das Thule-Seminar e. V. versteht sich als ideologische Denkschule mit elitärem Selbstverständnis und verbreitet vor allem in Publikationen und im Internet aggressive völkisch-rassistische Texte. Als Ideologe, Ideengeber und auch Vortragsredner versucht Krebs, Wirkung in rechtsextremistischen Kreisen zu erzielen. Bereits Anfang der 1980er Jahre verwendete er den gegenwärtig vor allem von der IB gebrauchten Begriff „Ethnopluralismus“. „Für den Extremfall, daß Westeuropa hoffnungs- und heillos durch den mörderischen Globalismus und die rassische Durchmischung zur Auflösung gebracht wird“, strebt Krebs das rein biologistisch-rassistische und an der nationalsozialistischen Ideologie orientierte Ziel an, jetzt ein „genetisches Reservoir zu schaffen“. (Schreibweise wie im Original.)

Im Mai durchsuchte die Polizei im Rahmen eines von der Staatsanwaltschaft Kassel geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Volksverhetzung Räumlichkeiten der in Hessen und Nordrhein-Westfahlen ansässigen drei Vorstandsmitglieder des Thule-Seminars e. V. Gegenstand der Ermittlungen war die Veröffentlichung „Mars Ultor 2016 – Leitthema Volksgemeinschaft. Der Taschenbuchplaner der Avantgarde“.

Die Publikation war 2016 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) auf Anregung des BfV indiziert worden (Bundesanzeiger AT 29. Juli 2016 B 11). Der Taschenbuchkalender reize „an zahlreichen Stellen zum Rassenhass insbesondere gegenüber Flüchtlingen, Asylsuchenden und Menschen ausländischer Herkunft“ an. Der Inhalt des Taschenbuchkalenders sei geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren. Außerdem verherrliche und verharmlose der Taschenbuchkalender den Nationalsozialismus. Adolf Hitler werde glorifiziert und rehabilitiert. Dieser habe sich, so der Text in „Mars Ultor 2016“, „im Dienste Deutschlands, ja letztlich wohl auch Europas, vollständig aufgerieben“.

Bewertung/Ausblick

Das Aktivitätsniveau, insbesondere des AKK, ist im Berichtsjahr zurückgegangen, die Gesamtzahl der Neonazis in Hessen in etwa konstant geblieben.

Wie sich gezeigt hat, etablierten sich jährlich stattfindende Sportveranstaltungen, um auf der Basis eines sportlichen Zusammenkommens – ob als Zuschauer oder als Teilnehmer – eine Bühne zur Verherrlichung der rechtsextremistischen Ideologie und szeneinternen Vernetzung zu schaffen. Durch derartige „Schoppenturniere“ und Fußballturniere haben Rechtsextremisten eine weitere Form von Zusammenkünften gefunden, die in der Öffentlichkeit zunächst als „harmlos“ wahrgenommen werden könnte. Auch wenn hier offensichtlich sportliche Betätigungen mit Fußballturnieren stattfinden sollen, werden derartige Zusammenkünfte zum regen Austausch und zur Verbreitung der rechtsextremistischen Botschaften genutzt. Aufgrund der mitunter hohen Teilnehmerzahl solcher Veranstaltungen stehen diese auch in Zukunft in besonderem Maße im Fokus der Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

Neonazi-Gruppierungen werden weiterhin versuchen, sich zu vernetzen. Das Internet wird auch in Zukunft das herausragende Mittel sein, mit dem Neonazis vor allem fremdenfeindliche Propaganda verbreiten.

Rechtsextremistische Parteien

Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

Definition/Kerndaten

Die NPD vertritt nationalistische, völkische und revisionistische Positionen. Insgesamt weist ihre Programmatik eine ideologische und sprachliche Nähe zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) im „Dritten Reich“ (1933 bis 1945) auf. Den verfassungsfeindlichen Charakter der NPD hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 festgestellt.

Während die NPD in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre in bis zu sieben westdeutschen Landesparlamenten vertreten war, verlor sie in den folgenden Jahren an Bedeutung. Seit der Wiedervereinigung 1989/90 nahm aber ihre lokale und regionale Verankerung, vor allem in damals wirtschaftlich schlechter gestellten Gebieten im Osten Deutschlands, teilweise wieder zu. Nachdem sie seit 2004 bzw. 2006 in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vertreten war, ist sie inzwischen in keinem Landesparlament mehr präsent.

Gründung: 1964
Landesvorsitzender: Jean-Christoph Fiedler
Bundesvorsitzender: Frank Franz (Saarland)
Mitglieder: In Hessen etwa 250, bundesweit etwa 4.500
Jugendorganisation: Junge Nationaldemokraten (JN)
Medien (Auswahl): Deutsche Stimme (DS, Erscheinungsweise monatlich), Internetpräsenzen

Abgebildet ist das Logo der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands: Ein Kreis in roter Farbe mit weiß-rotem Rand. In der Mitte befindet sich in weißer Farbe in Großbuchstaben von unten links leicht nach oben ansteigend die Abkürzung NPD.

Abgebildet ist das Logo der Jungen Nationaldemokraten Hessen. In einem roten Kreis befinden sich ein großer weißer Pfeil und ebenso in weiß die Buchstaben JN.

Ereignisse/Entwicklungen

Der NPD-Landesverband Hessen war wie in den Vorjahren nur sehr eingeschränkt handlungsfähig. Wenige Kreisverbände waren aktiv und traten wie zum Beispiel die Kreisverbände Lahn-Dill und Wetterau auch öffentlich in Erscheinung. Agitationsschwerpunkte waren nach wie vor die Themen „Asyl“, „Flüchtlinge“ und „Innere Sicherheit“, mit denen die NPD bevorzugt im Internet und sozialen Netzwerken ihre Ideologie verbreitete.

Beteiligung an der Bundestagswahl | Am 3. Juni eröffnete die NPD in Hessen mit einer Rednerveranstaltung in Büdingen (Wetteraukreis) ihren Wahlkampf zur Bundestagswahl am 24. September. Das entsprechende Motto lautete „Unsere Heimat schützen – NPD unterstützen!“ Mit einer elf Personen (2013: fünf) umfassenden Landesliste und Direktkandidaturen in sechs von 22 hessischen Wahlkreisen (Lahn-Dill, Gießen, Fulda, Main-Kinzig – Wetterau II – Schotten, Wetterau I und Hanau) trat die Partei zur Wahl an (2013 waren es 19 Direktkandidaten in den 22 Wahlkreisen).

Nach einem überwiegend regional begrenzten und zeitweise mit der Unterstützung von Bundesvorstandsmitgliedern geführten Wahlkampf (Informationsstände, Lautsprecherfahrten und Flugblattverteilungen), erzielte die NPD gemäß dem endgültigen Endergebnis bundesweit 0,4 Prozent (= 176.020 der Zweitstimmen) und verlor damit gegenüber der Wahl 2013 0,9 Prozentpunkte.

Hessenweit kam die NPD ebenfalls auf 0,4 Prozent (= 11.904 der Zweitstimmen) und verlor gegenüber dem letzten Bundestagswahlergebnis in Hessen 0,7 Prozentpunkte. Bei den Erststimmen erhielt die NPD sowohl bundesweit (= 45.169) als auch in Hessen (= 4.423) 0,1 Prozent und verlor damit 1,4 bzw. 1,1 Prozentpunkte.

In der unten stehenden Tabelle werden die hessenbezogenen Wahlergebnisse der NPD – absteigend geordnet nach dem Ergebnis der Zweitstimmen in Prozent – aufgeführt.


Abgebildet ist eine Tabelle, welche die Bundestagswahlergebnisse der NPD in Hessen enthält.
Im Wahlkreis 175, Main-Kinzig − Wetterau römisch zwei − Schotten, erhielt die NPD 1.249 Zweitstimmen, das entspricht 0,9 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 1,2 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 172, Lahn-Dill, erhielt die NPD 897 Zweitstimmen, das entspricht 0,6 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 1,0 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 177, Wetterau römisch eins, erhielt die NPD 811 Zweitstimmen, das entspricht Prozent 0,6. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,9 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 173, Gießen, erhielt die NPD 751 Zweitstimmen, das entspricht Prozent 0,5. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,8 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 170, Schwalm-Eder, erhielt die NPD 652 Zweitstimmen, das entspricht 0,5 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,7 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 180, Hanau, erhielt die NPD 636 Zweitstimmen, das entspricht 0, 5 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 1,0 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 169, Werra-Meißner − Hersfeld-Rotenburg, erhielt die NPD 608 Zweitstimmen, das entspricht 0,5 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 1,1 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 174, Fulda, erhielt die NPD 663 Zweitstimmen, das entspricht 0,4 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 1,0 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 188, Bergstraße, erhielt die NPD 545 Zweitstimmen, das entspricht 0,4 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,7 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 187, Odenwald, erhielt die 624 NPD Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,8 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 178, Rheingau-Taunus − Limburg, erhielt die NPD 443 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,7 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 167, Waldeck, erhielt die NPD 442 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 185, Offenbach, erhielt die NPD 429 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,8 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 168, Kassel, erhielt die NPD 417 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 184, Groß-Gerau, erhielt die NPD 403 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,8 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 176, Hochtaunus, erhielt die NPD 388 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 171, Marburg, erhielt die NPD 357 Zweitstimmen, das entspricht 0,3 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,6 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 186, Darmstadt, erhielt die NPD 450 Zweitstimmen, das entspricht 0,2 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 181, Main-Taunus, erhielt die NPD 337 Zweitstimmen, das entspricht 0,2 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,4 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 182, Frankfurt am Main römisch eins, erhielt die NPD 315 Zweitstimmen, das entspricht 0,2 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 183, Frankfurt am Main römisch zwei, erhielt die NPD 265 Zweitstimmen, das entspricht 0,2 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,4 Prozentpunkte.
Im Wahlkreis 179, Wiesbaden, erhielt die NPD 222 Zweitstimmen, das entspricht 0,2 Prozent. Die Differenz zur Bundestagswahl 2013 betrug minus 0,5 Prozentpunkte.


Zum Ausgang der Bundestagswahl erklärte das Parteipräsidium in Berlin:

„Der bundesweite Stimmenanteil von 0,4 Prozent für die NPD ist enttäuschend und hat unser Wahlziel untertroffen. Die AfD hat alles aufgesogen, was möglich war, weil es momentan eben angesagt ist, bei dem vor allem auch von den Medien inszenierten ,Hype‘ dabei zu sein.“

Die NPD müsse, so die Erklärung des Parteipräsidiums, wenn sie noch einen politischen Auftrag haben wolle, „sich radikal als soziale und nationale außerparlamentarische Opposition präsentieren, die die Politik der AfD und der Linken im Blick haben“ werde. Die NPD müsse „vor allem auf die AfD Druck“ ausüben, „indem wir konsequent unsere unverhandelbaren Positionen präsentieren, damit diese gezwungen ist, das Meinungsspektrum in unserem Sinne zu erweitern“.

Zeitgleich zur Bundestagswahl kandidierte der NPD-Funktionär Thomas Hantusch bei der Bürgermeisterwahl der Stadt Leun (Lahn-Dill-Kreis) und erreichte im ersten Wahlgang 4,6 Prozent (= 155 Stimmen).

Aktivitäten der JN | Wie bereits in den vergangenen Jahren verfügten die JN in Hessen nur über eine marginale Anzahl aktiver Mitglieder, sodass sie sich auch im Berichtsjahr bemühten, neue Aktivisten zu werben. Dabei fand die Öffentlichkeitsarbeit der JN Hessen vor allem über soziale Medien wie etwa Facebook statt. Im Juli wählten die JN in Leun (Lahn-Dill-Kreis) einen neuen Landesvorstand und bestätigten dabei den Landesvorsitzenden Thassilo Hantusch in seinem Amt.

Am 15. Juni führten JN-Aktivisten in Frankfurt am Main eine „Solidaritätskundgebung“ für die in Lyon (Frankreich) zwei Tage zuvor von der Polizei geräumte Bastion Social durch, die am 27. Mai von der rechtsextremistischen Studentenorganisation Groupe Union Défense (GUD) besetzt worden war. Hierzu hieß es im Internet:

„Damit nimmt der Staat jungen und alten Franzosen einen Freiraum für kulturelle und soziale Entfaltung fern von kapitalistischen Normen und Verwertungszwängen. Die Bastion Social bot Unterschlupf für Bedürftige, verteile Speisen und Sachspenden […]. Dieser Überfall eines Staates auf sein eigenes Volk wird nicht der letzte sein […]. Sparmaßnahmen und asoziale Wirtschafts- und Arbeitsmarktreformen der Herrschenden machen den Widerstand in allen europäischen Ländern notwendiger denn je. Statt dem sozialen Verfall entgegenzuwirken, rüstet die Elite auf und setzt die eigenen Interessen notfalls mit Gewalt gegen das eigene Volk durch. Werde auch du Teil der aktiven, revolutionären und völkischen Jugendbewegung!“
(Schreibweise wie im Original.)

Offensichtlich in Anlehnung an die Vorstellungen der GUD in Frankreich führten Aktivisten im Rahmen der vom JN-Bundesverband organisierten Kampagne „Jugend packt an. Du – ich – wir“ auch in Hessen Aktionen durch. Auf der entsprechenden Homepage hieß es, dass „doch besonders die Hilfsbedürftigen in unserem Volk Degradation und Ausgrenzung“ erführen:

„Mieten, Strom- und Gaspreise, diktiert von riesigen, privaten Konzernen, zwingen unsere Landsleute immer weiter in die Knie, während sich die Politbonzen und Börsenspekulanten an ihren reich gedeckten Tischen fett fressen.“

Unter dem Motto „Hier gilt es, Taten statt Worte sprechen zu lassen!“ wurden in Hessen im November laut einem Facebook-Eintrag „Kleider, Decken und andere Spenden an die deutschen Obdachlosen in Frankfurt am Main verteilt“. Dazu hieß es im Internet:

„Gerade in den Großstädten sehen sich Bedürftige einem sich zuspitzenden Konkurrenz- und Verdrängungskampf durch Migranten und ausländische Banden ausgesetzt. […] An den Ausgabestellen für Kleidung und Nahrungsmittel, aber auch in den Heimen für Obdachlose und die von der Stadt im Winter geöffneten Bahnhofshallen, haben ebenfalls ausländische Clans durch Gewalttaten ein Klima der Angst geschaffen und die deutschen Bedürftigen so zum Großteil in andere Gebiete verdrängt. Wir sehen uns jenen Deutschen verpflichtet, die unter den sich immer weiter verschlechternden Zuständen leiden und unverschuldet in die Armut oder sogar die Obdachlosigkeit gerutscht sind.“

Kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg brachten am 5. Juli mehrere Aktivisten an der Autobahn bei Wiesbaden ein Plakat mit der Aufschrift „G20 Stoppen – Junge Nationalisten“ an und brannten Pyrotechnik ab. Weitere Plakate und Pyrotechnik wurden polizeilich sichergestellt.

Beispiele für die fremdenfeindliche Agitation der JN und zugleich für ihren Aktionismus sind Vorfälle am 31. Juli in den S-Bahnhöfen von Hofheim am Taunus, Hattersheim am Main (beide Main-Taunus-Kreis) und Niedernhausen (Rheingau-Taunus-Kreis). Dort wurden unter anderem tatorttypische Leichenskizzen/Umrisszeichnungen auf den Böden angebracht und mit Ketchup als Blutsymbol beschmiert. In einem Fall wurde eine ausgestopfte Puppe drapiert. Auf Flyern und Plakaten hieß es „Multikulti tötet!“ und „Tatort Multikulti“.

Entstehung/Geschichte

Bündelung rechtsextremistischer Kräfte als Ziel | Mit der Gründung der NPD 1964 in Hannover (Niedersachsen) sollten die zersplitterten Kräfte des rechtsextremistischen Lagers in der Bundesrepublik in einer Partei gebündelt werden. Der Großteil des Führungskaders der NPD bestand zunächst aus ehemaligen Mitgliedern der NSDAP. Aus dem Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) 1952 durch das Bundesverfassungsgericht zog die NPD den Schluss, sich um den Anschein von Legalität zu bemühen und eine öffentliche Verherrlichung des Nationalsozialismus weitgehend zu unterlassen. Diese Strategie trug dazu bei, dass die NPD bei der Bundestagswahl 1965 2 Prozent (= 664.193 der Zweitstimmen) erreichte. Zwischen 1966 und 1968 zog die NPD in die Landtage von Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein. Die Mitgliederanzahl stieg, wobei auf sämtlichen Parteiebenen etwa 20 Prozent der Mitglieder eine NSDAP-Vergangenheit aufwiesen. Ursache für den damaligen Auftrieb für die NPD waren zum Beispiel das Bestehen einer nur kleinen Opposition gegenüber der ersten Großen Koalition (1966 bis 1969), die konjunkturelle Schwäche in Deutschland und damit verbundene Verlustängste in der Bevölkerung.

Krise der NPD | Bei der Bundestagswahl 1969 scheiterte die NPD mit 4,3 Prozent (= 1.422.010 der Zweitstimmen) relativ knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. In der Folge führten unter anderem die innere Zerstrittenheit der Partei, eine sich allmählich bessernde wirtschaftliche Lage sowie die kritische Berichterstattung in den Medien über Ausschreitungen im Zusammenhang mit NPD-Mitgliedern zu einer langjährigen Krise der Partei. Weitere interne Streitigkeiten über die programmatische Ausrichtung, der starke Rückgang der Mitgliederzahlen, der öffentliche Skandal um die Leugnung des Holocausts durch den damaligen NPD-Vorsitzenden Günter Deckert (1991 bis 1995) und das Auftauchen konkurrierender rechtsextremistischer Parteien zementierten die Krise der NPD bis in die 1990er Jahre hinein.

„Drei-Säulen-Konzept“ – Erfolge in Ostdeutschland | Mit der Wahl Udo Voigts zum Bundesvorsitzenden im Jahr 1996 steigerte die NPD vor allem in den neuen Ländern ihre Mitgliederzahl und erneuerte neben Organisation und Strategie auch ihre Programmatik. Das neue „Drei-Säulen-Konzept“ enthielt folgende Punkte: „Kampf um die Köpfe“, „Kampf um die Straße“ und „Kampf um die Parlamente“. 2004 kam der „Kampf um den organisierten Willen“ hinzu.

Im Zuge ihres „Kampfs um die Straße“ öffnete sich die NPD vor allem gegenüber rechtsextremistischen Skinheads und Neonazis. Umgekehrt näherten sich diese der NPD an. Nach dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens 2003 setzte die Partei ihre Politik der Annäherung an die Neonazi-Szene fort und konzentrierte ihre Aktivitäten zunehmend auf Ostdeutschland. 2004 und 2006 zog die NPD in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ein. In beiden Landtagen ist sie inzwischen nicht mehr vertreten.

Konzept der „seriösen Radikalität“ | Holger Apfel, der 2011 gewählte Nachfolger Udo Voigts als Bundesvorsitzender, wollte mit seinem Konzept der „seriösen Radikalität“ die NPD aus der Krise führen, in die sie unter anderem durch eine Reihe von Niederlagen bei Landtagswahlen sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands geraten war. Offensichtlich aus persönlichen Gründen legte Apfel 2013 sein Amt als Bundesvorsitzender nieder und trat aus der Partei aus. Vorübergehend übernahm sein Stellvertreter Udo Pastörs die Führung, bis im November 2014 Frank Franz, vorher Pressesprecher der Partei, zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Zuvor war die NPD im September 2014 bei den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Mit dem Verlust der staatlichen Teilfinanzierung nach dem Ausscheiden aus dem Sächsischen Landtag und der damit verbundenen Einbuße von Mitarbeitern verlor die NPD eine wesentliche Grundlage ihrer bundesweiten politischen Arbeit.

Politische Bedeutungslosigkeit | Seit der Landtagswahl in Sachsen verlor die NPD bei weiteren Wahlen auf Landes- und Bundesebene kontinuierlich Stimmen. Im Berichtsjahr erhielt sie bei den Landtagswahlen im Saarland am 26. März 0,7 Prozent (= minus 0,5 Prozentpunkte) sowie in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 0,3 Prozent (= minus 0,3 Prozentpunkte). In Bezug auf einen „TV-Spot der NPD zur Bundestagswahl“ 2017 hieß es entsprechend auf der Internetseite der Partei:

„Gleichzeitig gilt es festzustellen, daß der Wähler von unserem Angebot nicht im gewünschten – und für unser Land wünschenwerten – Maße Gebrauch macht. Viele, allzu viele Deutsche erliegen immer noch der Hetze und Desinformation der Etablierten – oder sind wider besseres Wissen schlichtweg zu feige, ihr Stimmkreuz bei der NPD zu machen.“ (Schreibweise wie im Original.)

Ideologie/Ziele

Überwindung des „Systems“ | Die NPD steht für Antiparlamentarismus und Antipluralismus. Sie wendet sich mit ihrer fremdenfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Programmatik offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die NPD will die parlamentarische Demokratie von innen heraus, das heißt mittels Parteiarbeit, abschaffen. Die NPD will die politische und gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, von der Partei in Anlehnung an die Sprache des Nationalsozialismus als rein machtorientierte Herrschaft der „Systemparteien“ diffamiert, durch eine ethnisch homogene „Volksgemeinschaft“ ersetzen. Solidarität soll nur „ethnischen Deutschen“ zuteilwerden. So heißt es im Parteiprogramm:

„Der ethnischen Überfremdung Deutschlands durch Einwanderung ist genauso entschieden entgegenzutreten wie der kulturellen Überfremdung durch Amerikanisierung und Islamisierung.“

Diejenigen, die in den Augen der NPD „Fremde“ sind, grenzt sie aus. So seien

„Ausländer […] aus dem deutschen Sozialversicherungswesen auszugliedern und einer gesonderten Ausländersozialgesetzgebung zuzuordnen. In ihrer Ausgestaltung von Pflichten und Ansprüchen hat sie auch dem Rückführungsgedanken Rechnung zu tragen. […] Asylbewerber haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen.“

„Solidargemeinschaft aller Deutschen“, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus | Der Globalisierung will die NPD begegnen, indem sie das bestehende „System“ durch eine „Solidargemeinschaft aller Deutschen“ ersetzt. Darüber hinaus werden Muslime diffamiert. Auch antisemitische Positionen sind in der NPD verbreitet. Die Partei vertritt zwar keine offen antisemitische Programmatik, sie streut aber entsprechende Vorurteile.

Strukturen

Eine 2010 vorgenommene Neugliederung des Landesverbands in zwei Unterbezirks- und elf Kreisverbände erforderte bereits 2015 eine erneute Modifizierung. Es erfolgte eine Umgestaltung zu nun sechs Bezirksverbänden (Nordhessen, Osthessen, Mittelhessen, Wetterau-Kinzig, Rhein-Main und Südhessen).

Auf den ersten Blick scheint die NPD flächendeckend vertreten zu sein. Die Umstrukturierung in größere Bezirksverbände macht jedoch deutlich, dass für feingliederige Strukturen das notwendige Personal fehlt. Die tatsächlich vorhandenen Strukturen sind in weiten Teilen Hessens nur schwach ausgeprägt.

Kein Verbot der NPD

Mit Urteil vom 17. Januar 2017 lehnte das Bundesverfassungsgericht den Antrag des Bundesrats vom 3. Dezember 2013 – Hessen hatte sich der Stimme enthalten – einstimmig als unbegründet ab, die NPD und ihre Teilorganisationen für verfassungswidrig zu erklären und aufzulösen.

Eindeutige Verfassungsfeindlichkeit der NPD | Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die NPD ein auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept vertritt. Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Das politische Konzept der NPD missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Die NPD arbeitet planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.

Aktuell keine Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Aussicht | Für ein Verbot muss sich eine Partei nicht nur durch aktives und planvolles Handeln für ihre verfassungsfeindlichen Ziele einsetzen und auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinwirken. Es müssen darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Lässt das Handeln einer Partei dagegen nicht auf die Möglichkeit des Erreichens ihrer verfassungsfeindlichen Ziele schließen, bedarf es keines präventiven Schutzes der Verfassung durch ein Parteiverbot.

Bei der NPD steht, so die Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts, weder eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele im Rahmen der Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung in Aussicht, noch ist der Versuch einer Erreichung dieser Ziele durch eine der Partei zurechenbare Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung in hinreichendem Umfang feststellbar. Auf Einschüchterung und Bedrohung, wie sie von der NPD ausgehen mag, sowie auf den Aufbau von Gewaltpotenzialen im Umfeld der Partei muss mit den Mitteln des Strafrechts rechtzeitig und umfassend reagiert werden.

Keine Verstöße gegen die Staatsfreiheit und den Grundsatz des fairen Verfahrens | Der antragstellende Bundesrat hat, so das Bundesverfassungsgericht, weder das Gebot strikter Staatsfreiheit verletzt noch gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Der Antragsteller hatte alle verdeckt eingesetzten Personen auf den Führungsebenen der NPD spätestens zum Zeitpunkt des Bekanntmachens der Absicht, einen Verbotsantrag zu stellen, abgeschaltet und eine informationsgewinnende Nachsorge unterlassen. Auch lag kein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vor, da zur Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts feststeht, dass die Prozessstrategie der NPD nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgespäht wurde und auch keine zufällig mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangten Erkenntnisse über die Prozessstrategie im laufenden Verbotsverfahren zum Nachteil der Antragsgegnerin verwandt wurden.

Bewertung/Ausblick

Mit nur 0,4 Prozent der Zweitstimmen bei der Bundestagswahl verfehlte die NPD eine weitere Teilhabe an der staatlichen Teilfinanzierung, die das Erreichen von mindestens 0,5 Prozent erfordert. Da die Finanzlage der Partei seit Jahren angespannt ist, dürfte der Wegfall der staatlichen Mittel negative Folgen für die Bundespartei haben. Für die NPD in Hessen sieht dies anders aus, weil sie bei der Landtagswahl 2013 1,1 Prozent der Zweitstimmen erreichte und somit nicht von der staatlichen Teilfinanzierung des Landes Hessen ausgeschlossen ist.

Sowohl das bundesweite als auch das hessische Ergebnis der Bundestagswahl zeigen, dass die NPD politisch nur eine marginale Rolle spielt. Auch innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums hat sie kaum Bedeutung. Der bereits seit etlichen Jahren angestrebte strukturelle und personelle Neuaufbau des Landesverbands in Hessen zeichnet sich auch unter dem seit 2015 amtierenden Vorsitzenden Jean-Christoph Fiedler nicht ab.

Vereinzelte Mandatsgewinne bzw. punktuelle Erfolge bei Kommunal- und Bürgermeisterwahlen sind auch in Zukunft nicht auszuschließen. Zu flächendeckenden Wahlerfolgen wird die NPD vor dem Hintergrund der gegenwärtigen personellen, organisatorischen und finanziellen Schwäche jedoch kaum in der Lage sein.

Der Dritte Weg/Der III. Weg

Definition/Kerndaten

Der Dritte Weg ist eine rechtsextremistische Partei, die ein völkisch-antipluralistisches Menschen- und Gesellschaftsbild propagiert. Die Partei begreift sich als „national“, „revolutionär“ und „sozialistisch“. In der im Berichtsjahr erschienenen Broschüre „National, Revolutionär, Sozialistisch“ wird unter dem Begriff „Revolution“ ein „grundlegender, allumfassender, systematischer und nachhaltiger Wandel, die Durchdringung der Politik und der Gesellschaft mit unserer Weltanschauung“ als Ziel formuliert. Eine solche Revolution sei nicht mit Waffengewalt zu erzwingen, wenngleich es notwendig sein könne, dass „einige Scheiben“ zerbrächen, wenn es gelte, das deutsche Volk „in seiner ethnischen Existenz zu sichern“ und eine „Jahrtausende umfassende Hochkultur zu retten“. Unter den Parteimitgliedern, die überwiegend dem neonazistischen Spektrum entstammen, befinden sich Personen aus dem Umfeld der verbotenen Gruppierung Freies Netz Süd (FNS), der völkisch geprägten Neonazi-Szene sowie frühere Mitglieder der NPD.

Bundesvorsitzender:: Klaus Armstroff (Rheinland-Pfalz)
Stellvertreter: Matthias Herrmann (Hessen)
Sitz: Weidenthal (Rheinland-Pfalz)
Mitglieder: In Hessen etwa 15, bundesweit etwa 350
Medien Internetpräsenzen
Abgebildet ist das Logo der Partei Der III. Weg. Dabei sind die Wörter der und Weg in schwarzen Großbuchstaben geschrieben, zwischen diesen beiden Wörtern befindet sich die Zahl drei als römische Zahl geschrieben.

Ereignisse/Entwicklungen

Wie in den Vorjahren stand die Asyl- und Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt der Agitation des Dritten Wegs. Dabei traten typisch rechtsextremistische Argumentationsmuster hervor. Bezüge zum Nationalsozialismus zeigten sich anlässlich des „Heldengedenkens“ am ehemaligen Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess in Wunsiedel (Bayern).

Agitation gegen Asyl- und Flüchtlingspolitik | In Beiträgen im Internet bezeichnete Der Dritte Weg Flüchtlinge pauschal als „Art- und Kulturfremde“ und schrieb unter der Überschrift „Die Asylflut bringt uns die Krätze zurück“: „Viele der illegal in die BRD Eingewanderten bringen die fast ausgerottet geglaubten Krankheiten nach Europa zurück und bereichern uns auch in diesen Bereichen.“

Angehörige des Dritten Wegs verteilten nicht nur asylfeindliche Flugblätter, sondern auch zu „Ausreisebötchen an Deutschlandhasser“ geformte Flyer, die sie ebenso „etablierten ,Volksvertretern‘ aller BRD-Blockparteien“ zukommen ließen:

„Mit dieser Aktion sollen Überfremdungsbefürworter aus der Deckung geholt werden und mit den Folgen für Volk und Heimat konfrontiert werden, auf dass sie ihr Handeln überdenken. Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!!!“ (Schreibweise wie im Original.)

„Nationale Streifen“ | In diesem Zusammenhang führten Angehörige des Dritten Wegs im Berichtsjahr in Fulda (Landkreis Fulda) mehrfach eine „nationale Streife“ durch. So gingen im Juni einige Aktivisten in Kleidungsstücken, auf denen das Parteilogo sowie „National Revolutionär Sozialistisch“ stand, anlässlich des Stadtfests durch Fulda. Später hieß es hierzu auf der Internetseite des Dritten Wegs: „In der völlig überfremdeten Stadt in Osthessen, ist gerade bei solchen Anlässen Vorsicht vor fremdländischen Straftätern geboten!“ Zu weiteren „Streifengängen“ kam es im November.

Heldengedenken“ | Aktivisten des Gebietsverbands West führten am 12. März ein „traditionelles Heldengedenken“ durch. Das Vorziehen des von Rechtsextremisten traditionell im November begangenen „Heldengedenktags“ (so hatten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag 1934 umbenannt) in den März begründeten die Angehörigen des Dritten Wegs mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935 und der Stiftung des Eisernen Kreuzes im März 1813.

Mit dem „Heldengedenken“ wollten, so ein Beitrag des Dritten Wegs im Internet, „volkstreue Deutsche“ an die „Werte“ erinnern, die „unseren Ahnen Kraft gegeben haben[,] unbeschreibbare Heldentaten zu vollbringen“. Dies bedeute vor allem, die „Opferkraft unserer Ahnen in das Hier der Jetztzeit zu transformieren. Ihre Saat sei unsere Ernte und auch wir müssen säen, damit unsere Nachfahren ernten können“. Um „den Verstorbenen von Stalingrad“ zu gedenken, entzündeten Aktivisten des Stützpunkts Westerwald-Taunus eine Flamme an einem Gedenkstein in Limburg (Landkreis Limburg-Weilburg).

„Heimat bewahren – für einen deutschen Sozialismus“ | Am 26. August führte Der Dritte Weg in Fulda (Landkreis Fulda) unter dem Motto „Heimat bewahren – für einen deutschen Sozialismus“ eine Demonstration durch, an der etwa 100 Personen aus dem übrigen Bundesgebiet teilnahmen. Dabei zeigten sie Plakate und Banner mit den Themen „Asylflut stoppen!“ und „Heimat bewahren! Deutscher Sozialismus jetzt“. Zuvor hatten die Demonstranten an kurzfristig angemeldeten Kundgebungen in Bad Hersfeld (Landkreis Hersfeld-Rotenburg), Alsfeld (Vogelsbergkreis) und Schweinfurt (Bayern) teilgenommen.

„Heimatvertriebenen-Aktionstag“ | In dem „Themenflugblatt ,Deutschland ist größer als die BRD!‘“ forderte Der Dritte Weg die „Erringung der Freiheit aller Deutschen innerhalb und außerhalb der gegenwärtigen deutschen Teilstaaten“ und behauptete, eine „friedliche Wiederherstellung Gesamtdeutschlands in seinen völkerrechtlichen Grenzen“ anzustreben, was mit einer „Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ einhergehen solle. Um diese für den Rechtsextremismus typischen revisionistischen Positionen zu bekräftigen und um auf das „Schicksal der deutschen Vertriebenen“ aufmerksam zu machen, führte die Partei am 10. September unter dem Motto „Verzicht ist Verrat“ einen „Heimatvertriebenen-Aktionstag“ durch.

Bundesweit versammelten sich Aktivisten des Dritten Wegs an Vertriebenen-Denkmälern und legten Kränze ab bzw. stellten Kerzen auf, so auch in mehreren Orten in Hessen: Villmar (Landkreis Limburg-Weilburg), Frankenberg (Landkreis Waldeck-Frankenberg), Fulda (Landkreis Fulda), Herborn, Aßlar, Atzbach, Wetzlar (Lahn-Dill-Kreis), Usingen (Hochtaunuskreis), Kassel sowie im Kreis Groß-Gerau und an der Bergstraße.

Parteitag | Während des „Gesamtparteitags“, der am 30. September stattfand, wurde Klaus Armstroff (Rheinland-Pfalz) als Parteivorsitzender bestätigt. Anstelle des aus Hessen stammenden bisherigen stellvertretenen Parteivorsitzenden wurde der dem mitgliederstarken Gebietsverband Mitte (Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin) zuzurechnende Matthias Fischer in diese Funktion gewählt. Mehr als „200 Mitglieder, Förderer und Interessenten“ sollen nach Angaben des Dritten Wegs an der Veranstaltung teilgenommen haben.

„Tag der Gemeinschaft“ | Im Anschluss an den „Gesamtparteitag“ fand zum dritten Mal der „Tag der Gemeinschaft“ unter dem Motto „Jugend im Sturm“ statt. Hauptredner waren Matthias Fischer und „Sebastian Räbiger, der bis zur Verbotsverfügung am 31. März 2009 als ,Bundesführer‘ der Heimattreuen Deutsche Jugend agierte“. Letzterer schilderte, „wie nationale Erziehung und Jugendarbeit […] auszusehen hat und wie diese vor allem auch in den Alltag einer Familie vor- und erlebt werden sollte“. Um zu verdeutlichen,

„daß nationaler Freiheitskampf mehr ist als nur an Demonstrationen teilzunehmen, führte ein sächsischer Stützpunkt Selbstverteidigungstechniken vor, welche allen Teilnehmern nochmals die notwendige Wehrhaftigkeit vor Augen führte.“ (Schreibweise wie im Original.)

Darüber hinaus gab es „Volkstanz für jedermann“, einen „Jungautorenwettbewerb“ sowie den Auftritt eines „Liedermachergespanns aus Thüringen“. Die Partei erklärte:

„Die drei Säulen unserer Bewegung – der politische Kampf, der kulturelle Kampf und der Kampf um die Gemeinschaft – sollen nicht bloße Lippenbekenntnisse darstellen, sondern aktiver Ausdruck unseres gesamtheitlichen Wollens [sein].“

Kontakte zu nationalistischen Gruppierungen im Ausland | Eine Gruppe von Aktivisten des Dritten Wegs nahm im Oktober am sogenannten Marsch der Nation in Kiew (Ukraine) teil, an dem rund 20.000 Personen teilgenommen haben sollen. Im Zuge der Reise wurde eine Delegation der Partei zudem vom ukrainischen Azov-Bataillon empfangen. Hierbei handelt es sich um eine paramilitärische Einheit, die in der Ukraine am Kampf gegen prorussische Separatisten beteiligt ist.

Heldengedenken“ | Vor allem Angehörige des Dritten Wegs nahmen am 18. November in Wunsiedel (Bayern) an einer Demonstration mit etwa 200 Personen teil, um ihre „tiefe Dankbarkeit und Hochachtung vor den Leistungen aus der Vergangenheit“ zu artikulieren. Gleichzeitig sei dies ein „lebensbejahendes Bekenntnis dazu, das Erbe aufzunehmen und weiterzutragen, sodass der Fortbestand unseres Volkes auch zukünftig gesichert“ sei. Offensichtlich in Anspielung auf den „Stellvertreter des Führers“, Rudolf Hess, dessen mittlerweile aufgelöstes Grab sich in Wunsiedel befand, sprach Der Dritte Weg im Internet vom „Heldengedenken in der Märtyrerstadt“.

Entstehung/Geschichte

Die Partei Der Dritte Weg wurde am 28. September 2013 in Heidelberg (Baden-Württemberg) gegründet. Nach und nach gründeten sich verschiedene länderübergreifende Stützpunkte, unter anderem auch der Stützpunkt Westerwald/Taunus, der im Wesentlichen den Landkreis Limburg-Weilburg und den Lahn-Dill-Kreis sowie angrenzende Landkreise in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen umfasst. Seit ihrer Gründung führte die Partei vor allem Demonstrationen, „Heldengedenkfeiern“ und gegen Flüchtlinge und die Flüchtlingspolitik gerichtete Flugblattverteilaktionen durch bzw. veröffentlichte -entsprechende Verlautbarungen im Internet.

Auf Landesebene nahm die Partei bislang lediglich in Rheinland-Pfalz an der Landtagswahl am 13. März 2016 teil, erreichte jedoch mit 1.944 Zweitstimmen (= 0,1 Prozent) weniger Stimmen, als sie im Vorfeld an Unterstützungsunterschriften (2.040) erhalten hatte.

Ideologie/Ziele

„Zehn-Punkte-Programm“ | In seinem „Zehn-Punkte-Programm“ nennt Der Dritte Weg als sein Ziel die „Schaffung eines Deutschen Sozialismus, fernab von ausbeuterischem Kapitalismus wie gleichmacherischem Kommunismus“. Kinderreiche Familien sollen „zur Abwendung des drohenden Volkstodes“ gefördert werden, für „Kindermord und andere Kapitalverbrechen“ fordert die Partei die Einführung der Todesstrafe. Ein weiteres Ziel besteht in der „Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes“. Darüber hinaus enthält das „Zehn-Punkte-Programm“ die geschichtsrevisionistische Forderung nach der „friedliche[n] Wiederherstellung Gesamtdeutschlands in seinen völkerrechtlichen Grenzen“.

„National, sozialistisch und revolutionär“ | Gemäß seinem 2015 im Internet veröffentlichten „Selbstverständnis“ begreift sich Der Dritte Weg als „national“, „revolutionär“ und „sozialistisch“:

„Denn nur diese drei Begriffe zusammengefasst ergeben eine ganzheitliche Wirkung, welche das politische, das wirtschaftliche, das soziale und das geistige Leben zu einer Synthese zusammenführt“.

Ausführlich erläuterte Der Dritte Weg die Begriffe in seiner 2017 erschienenen Broschüre „National, Revolutionär, Sozialistisch“.

Nationalismus | Den Nationalismus definiert die Partei als die „politische Idee, die die Interessen und das Überleben des eigenen Volkes in den Mittelpunkt aller Betrachtungen und Entscheidungen“ rücke. Der „echte Nationalismus“ brauche stets eine „völkische Komponente“, und das „Blut ist der Schlüssel zum Verständnis der volkseigenen Kultur und der Seele des völkischen Lebens“. Das Volk sei nicht nur eine „Blut-, sondern auch eine Schicksalsgemeinschaft“ und die Nation bilde den „übergeordneten Willen des Volkes“. Im Liberalismus verkörpere dagegen der „Einzelne den wichtigsten Wert“, als „geistige Immunschwächekrankheit“ habe der Liberalismus den „europäische[n] Mensch[en] auf seine Existenz als Einzelwesen reduziert und seiner Kultur, Heimat und Identität beraubt“. In diesem Kontext sieht sich Der Dritte Weg „unseren kultur- und blutsverwandten Völkern in Europa verbunden“:

„Egal ob West- oder Ost-, Süd[-] oder Nordeuropa, es sitzen überall die gleichen Verräter, die gleichen Vertreter des feigen Bürgertums und die gleichen Geldempfänger des Kapitals in den Parlamenten. Daher können wir sie gar nicht anders als gleichsam hassen und verachten. Wir fiebern jedem Schlag, ja jedem Nadelstich, den die verschiedenen europäischen Bewegungen den volksfeindlichen Systemen beibringen, entgegen, begeistern uns über jeden Erfolg und verneigen uns vor jedem Toten und jedem Verletzten dieses gesamteuropäischen Kampfes.“

Revolution | Als Ziel ihrer Arbeit beschreibt die Partei Der Dritte Weg die „nationale Revolution“:

„Ein grundlegender, allumfassender, systematischer und nachhaltiger Wandel, die Durchdringung der Politik und der Gesellschaft mit unserer Weltanschauung.“

Der liberale Staat müsse durch den autoritären abgelöst und die „nihilistische Kultur der Moderne durch eine völkische ausgetauscht werden“. Dies will Der Dritte Weg mittels einer „friedlichen Revolution“ erreichen, schränkt jedoch ein:

„Doch auch wenn wir unsere Revolution gewaltlos durchsetzen wollen, lehnen wir dennoch die bürgerliche Auffassung, dass Ruhe und Ordnung die oberste Maxime ist, ab. Sofern es notwendig ist, dass einige Scheiben zerbrechen, um nicht nur das deutsche Volk in seiner ethnischen Existenz zu sichern, […] so werden wir dies nicht als Frevel ansehen. Als Revolutionär ist es manchmal nötig, die kleine Ordnung zu verletzen, um die große Ordnung zu retten.“

„Nationaler und deutscher Sozialismus“ | Unter „sozialistisch“ versteht Der Dritte Weg – im Unterschied zur angeblich rein wirtschaftlichen Definition durch den Kommunismus – eine „geistige Lebensauffassung“, die sich auf der Achtung der Natur und der Umwelt sowie der „sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit“ gründe:

„Der Deutsche Sozialismus ist darum der dritte Weg, der des Blutes, gegenüber Kommunismus und Kapitalismus, die beide nur materialistisch sind.“

Vor diesem Hintergrund kritisiert die Partei generell den „Kapitalismus“, insbesondere die durch ihn angeblich verursachte Ausbeutung und Umweltzerstörung. Der „Überfremdung Europas“ durch „Millionen hereinströmender, außereuropäischer ,Migranten‘ […] als Lohndrückerkolonnen und Konkurrenzmasse für den europäischen Arbeiter“ sei mit der „Idee unseres Deutschen Sozialismus“ zu begegnen, „indem wir die Gemeinschaft aller Deutschen über die Interessen jedes Einzelnen oder von Einzelgruppen setzen“. Nach dem Sozialismus-Verständnis des Dritten Wegs ist eine „geistige Wende, die auf alle Lebensbereiche – damit auch den wirtschaftlichen – ausstrahlt“, das Ziel. Im Unterschied zum „materialistischen Menschenbild“ des Kommunismus wolle der „Deutsche Sozialismus dem Arbeiter wieder gesellschaftliches Ansehen verschaffen“. Um dies zu erreichen, sei die „Einführung eines allgemeinen Arbeitsdienstes der Jugend“ vorgesehen.

Strukturen

Die Partei gliederte sich gemäß ihrer Satzung in die Gebietsverbände Süd, West, Nord und Mitte. Im Berichtsjahr existierten nur die Gebietsverbände Süd, West und Mitte, denen bundesweit 20 Stützpunkte zugeordnet werden. Hessen zählte neben den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland zum Gebietsverband West, der aus den Stützpunkten Pfalz, Rheinhessen, Westerwald-Taunus, Sauerland-Süd und „Hermannsland“ bestand. Die Bezeichnung „Hermannsland“ spielt auf den Schauplatz der Varusschlacht an, in welcher der eigentlich in römischen Diensten stehende Cherusker Arminius – auch Hermann genannt – ein römisches Heer vernichtend schlug.

Der Stützpunkt Westerwald/Taunus umfasste im Wesentlichen den Landkreis Limburg-Weilburg und den Lahn-Dill-Kreis sowie angrenzende Landkreise in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Zum Stützpunkt Sauerland-Süd zählte – neben Landkreisen in Nordrhein-Westfalen – der hessische Landkreis Waldeck-Frankenberg. Zunehmende Aktivitäten der Partei waren im Berichtszeitraum darüber hinaus im Raum Fulda feststellbar, der im Organisationsaufbau der Partei dem Stützpunkt Mainfranken zugerechnet wird.

Bewertung/Ausblick

Die Partei zeigt sich nach außen willens, die rechtlichen Anforderungen zur Aufrechterhaltung des Parteienstatus zu erfüllen. Obgleich sie das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland ablehnt, nutzt sie die mit dieser Organisationsform einhergehenden Vorteile. Ihre Agitation ist weniger auf Wahlen ausgerichtet, als vielmehr aktionsorientiert mit provokativen Elementen.

Die Intensivierung von Kontakten zu nationalistischen Organisationen im Ausland, insbesondere der Besuch einer -paramilitärischen Einheit wie das ukrainische Azow-Bataillon, eigens inszenierte Selbstverteidigungskurse bei Veranstaltungen und das Bekenntnis, dass nationaler Freiheitskampf mehr als Teilnahme an Demonstrationen bedeute, lässt erkennen, dass die Partei Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele nicht ausschließt, ohne dies allerdings offen zu propagieren.

Zur Verbreitung ihrer Agitation nutzte die Partei verstärkt das Internet. So setzte sie neben der üblichen Informationsverbreitung über die parteieigene Internetseite auch die verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten der sozialen Netzwerke ein. Sie gibt sich damit modern und versucht, gesellschaftlich anschlussfähig zu sein. Ihre gesellschaftliche Isolation konnte sie allerdings bislang nicht aufbrechen.

DIE RECHTE

Logo der Partei DIE RECHTE Als Auffangbecken für Mitglieder der ehemaligen rechtsextremistischen Deutschen Volksunion (DVU) im Mai 2012 gegründet, traten der Partei DIE RECHTE anschließend auch Neonazis und frühere Mitglieder der NPD bei. Im Oktober 2017 legte der Neonazi Christian Worch sein Amt als Bundesvorsitzender, das er seit 2012 bekleidet hatte, wegen parteiinterner Differenzen nieder. Ihm folgte – zunächst kommissarisch – der Neonazi Christoph Drewer nach.

Am 26. August gründete sich der hessische Landesverband der Partei DIE RECHTE neu, nachdem er sich 2014 aufgelöst hatte. Zum Vorsitzenden wählte der Parteitag Christian Göppner. Auf der Facebook-Seite des neonazistischen Freien Widerstands Hessen war im Vorfeld mit dem Aufruf „Jetzt Aktiv werden!“ auf die Neugründung hingewiesen worden. Bisher wurden der Kreisverband und Stützpunkt Main-Kinzig sowie die Stützpunkte Marburg und Wiesbaden gegründet. In Hessen gehören der Partei, die als Auffangbecken für Rechtsextremisten verschiedener Ausrichtungen fungiert, etwa zehn Personen an, bundesweit etwa 650. Bei der Bundestagswahl erzielte DIE RECHTE, die nur mit einer Landesliste in Baden-Württemberg angetreten war, 0,0 Prozent (= 2.054 der Zweitstimmen).

Weitgehend unstrukturierte Rechtsextremisten

Subkulturell orientierte Rechtsextremisten/Skinheads − rechtsextremistische Musik

Definition/Kerndaten

Das Skinhead-Phänomen entstand in Großbritannien als Protest gegen die bürgerliche Gesellschaft und trat Ende der 1970er Jahre erstmals in Deutschland in Erscheinung. Seit den 1980er Jahren geriet die Skinhead-Szene in der Bundesrepublik zunehmend unter den Einfluss von Rechtsextremisten. Inzwischen wurde das Spektrum zwar vielfältiger, die Grenzen zwischen Skinhead-Bewegung und sonstigen subkulturell orientierten Rechtsextremisten waren jedoch nach wie vor fließend. Daher werden beide Begrifflichkeiten als Synonyme verwendet. Skinheads sind heute auf den ersten Blick nicht immer als solche zu erkennen. Springerstiefel und Bomberjacke werden durch Turnschuhe und beliebte Szeneartikel ersetzt. Aber auch lange Haare, dunkle Kleidung und schwarze Schminke sind insbesondere bei Anhängern der Musikrichtung des National Socialist Black Metal (NSBM) verbreitet. Skinheads agieren überwiegend ohne organisatorische Bindungen.

Aktivisten /Anhänger: In Hessen etwa 360
Rechtsextremistische Musikgruppen in Hessen: Faust und Nordglanz (NSBM)

Ereignisse/Entwicklungen

Soweit rechtlich möglich, unterbinden die Sicherheitsbehörden rechtsextremistische Konzerte in Hessen. Aufgrund dieser restriktiven Vorgehensweise fand auch im Berichtsjahr in Hessen kein rechtsextremistisches Konzert statt.

Andere Musikveranstaltungen | Am 2. Juni fand in Hessen ein Balladenabend im internen Kreis mit einem rechtsextremistischen Liedermacher der rechtsextremistischen Musikgruppe FLAK statt. Die Veranstaltung entfaltete keine Außenwirkung. Darüber hinaus wurden jeweils am 28. Januar bzw. 11. November im Main-Kinzig-Kreis und am 13. Mai im Schwalm-Eder-Kreis insgesamt drei Partei- bzw. Rednerveranstaltungen mit Musikdarbietung durchgeführt. Darüber hinaus fanden im Berichtsjahr fünf weitere Musikdarbietungen im internen Kreis statt.

Mobilisierungskraft rechtsextremistischer Musik | Im Berichtsjahr zeigte sich erneut, wie stark die Mobilisierungskraft rechtsextremistischer Musik ist. Als bundesweit herausragendes Ereignis ist hier die Veranstaltung „Rock gegen Überfremdung II – Identität und Kultur bewahren – Rede- und Musikbeiträge gegen den Zeitgeist“, am 15. Juli zu nennen.

„Rock gegen Überfremdung II“ | Besucht von etwa 6.000 Personen aus dem In- und Ausland fand am 15. Juli in Themar (Thüringen) die bislang größte rechtsextremistische Konzert- und Rednerveranstaltung in Deutschland statt, die im Februar als politische Versammlung angemeldet worden war. Acht Bands traten auf, unterbrochen jeweils von Redebeiträgen einzelner Rechtsextremisten. An Informations- und Verkaufsständen wurden rechtsextremistische Schriften verteilt und einschlägige CDs und Bekleidung verkauft. Auch Rechtsextremisten aus Hessen waren nach Themar angereist.

Die hohe Besucherzahl, mit Teilnehmern aus dem europäischen Ausland, resultiert offenbar aus dem Umstand, dass die Veranstalter im Vorfeld mit in der Szene bekannten und beliebten Bands geworben hatten.

Insgesamt gab es Strafanzeigen im mittleren zweistelligen Bereich wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung, Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz. Einzelpersonen wurden in Gewahrsam genommen, darüber hinaus gab es Identitätsfeststellungen im dreistelligen Bereich.

Dieses größte in Deutschland durchgeführte rechtsextremistische Konzert zeigt, dass die Zugkraft dieser Musik ungebrochen ist. In zahlreichen Liedtexten von Musikgruppen des subkulturell geprägten Spektrums werden offen oder auch unterschwellig rechtsextremistische Feindbilder und Ideologiefragmente transportiert, entsprechende Denkmuster geformt und verfestigt sowie ein Identitätsgefühl beschworen. In Liedtexten wird Gewalt nicht nur gerechtfertigt, sondern es wird offen zur Gewalt aufgerufen. Vor diesem Hintergrund gilt es in Hessen nach wie vor, im Rahmen aller gesetzlichen Möglichkeiten rechtsextremistische Konzerte zu unterbinden.

Funktion rechtsextremistischer Musik | Rechtsextremistische Musik spielt nach wie vor eine wichtige Rolle für die rechtsextremistische Szene und ist zugleich ein bedeutendes, jugendorientiertes Medium, um entsprechende Botschaften zu transportieren. Oft stehen im Vordergrund des Musikerlebnisses zunächst nicht rechtsextremistische Inhalte, sondern für die Hörer einprägsame Melodien und einfache Rhythmen. Die Hürde für den Einstieg in den Rechtsextremismus ist dabei niedrig, da Musik nahezu jederzeit und überall konsumierbar ist. Die Musik dient der Selbstdarstellung und der szeneinternen Kommunikation über Werte und Feindbilder und ist Ausdruck eines subkulturellen Zusammengehörigkeitsgefühls. Dabei wirkt der Konsum von rechtsextremistischer Musik oft als Katalysator von Gefühlen und Aggressionen. Besonders in Verbindung mit Alkohol kann dies zu Gewaltausbrüchen führen.

Diffuse Einstellungen | Subkulturell orientierte Rechtsextremisten und Skinheads sind gekennzeichnet durch eher diffuse rechtsextremistische Einstellungen, die sich an das Gedankengut von Neonazis anlehnen. Eine vertiefte „weltanschauliche“ und politische Auseinandersetzung findet dabei nicht statt. Im Vordergrund steht eine erlebnis- und aktionsorientierte Lebensgestaltung vor allem in Form des Konsumierens von Musik.

Musikveranstaltungen – Internet | Konzerte spielen für subkulturell orientierte Rechtsextremisten und Skinheads eine wichtige Rolle. In der eher strukturlosen Szene sind Konzerte identitätsstiftende Ereignisse und dienen der Kommunikation und Vernetzung. Zudem üben die in der Regel konspirativ organisierten Konzerte gerade auf junge Rechtsextremisten eine große Faszination aus.

Eine wachsende Bedeutung haben für subkulturell orientierte Rechtsextremisten und Skinheads, aber auch für Neonazis und rechtsextremistische Parteien, mittlerweile Liederabende. Auftritte überwiegend einzelner rechtsextremistischer Interpreten dienen als Treffpunkt und Plattform, wobei politische Botschaften über die Liedtexte mit Zwischenmoderationen verknüpft und zur Anwerbung potenzieller Interessenten genutzt werden.

Bewertung/Ausblick

Große Konzerte mit szenebekannten Bands stoßen nach wie vor auf eine große Resonanz in der Szene. Zugleich hat sich im Berichtszeitraum die Tendenz bestätigt, dass eine Verlagerung der Musikveranstaltungen hin zu Liederabenden, zumeist verbunden mit politischen Redebeiträgen, stattfindet.

Unabhängig von der Form dieser Musikveranstaltungen bleibt die hohe Gefahr, die von rechtsextremistischer Musik ausgeht. Der Besuch von Konzerten dient vielfach als Einstieg in den Rechtsextremismus. Entsprechende Inhalte und vor allem Teile der neonazistischen Ideologie werden insbesondere jugendlichen Neueinsteigern auf eingängige Art und Weise vermittelt. Aufgrund der hieraus für Jugendliche resultierenden Gefahren ist die Szene der subkulturell orientierten Rechtsextremisten und Skinheads ein wichtiges Beobachtungsfeld des Verfassungsschutzes in Hessen. Mit jedem verhinderten Konzert verliert die rechtsextremistische Szene eine Anlaufstelle und ein wichtiges Bindeglied zu Jugendlichen, die noch außerhalb des Rechtsextremismus stehen.

Rechtsterrorismus

Die der rechtsextremistischen Ideologie eigene Gewaltorientierung, die sich insbesondere in Hass und Gewalt gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern manifestiert, birgt die Gefahr schwerer staatsgefährdender Gewalttaten: Solche Straftaten richten sich gegen Leben und persönliche Freiheit eines oder mehrerer Menschen, so dass sie nach den Umständen bestimmt und geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Dabei kann diese Gewaltorientierung bis zum Rechtsterrorismus -führen. Die Beobachtung rechtsextremistischer Gewaltpotenziale, deren Herausbildung eine virulente Gefahr darstellt, ist eine herausragende Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden. Das folgende Ereignis im Berichtszeitraum verdeutlicht die Virulenz dieser Gefahr:

Mitglieder einer Terrorvereinigung verurteilt | Das OLG München verurteilte am 15. März vier Angeklagte wegen Gründung und Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung OSS zu Freiheitsstrafen zwischen drei und fünf Jahren. Das Urteil ist rechtskräftig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten im August 2014 die terroristische OSS gebildet hatten. Die zuletzt etwa 30 OSS-Mitglieder hatten rassistische, antisemitische und antimuslimische Ziele verfolgt. Nachdem sie sich zunehmend in verschiedenen sozialen Medien radikalisiert hatten, planten die Verurteilten Sprengstoffanschläge auf Ausländer bzw. Asylbewerberunterkünfte.

Um konkret einen Anschlag auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft in Sachsen zu verüben, hatten zwei Rechtsextremisten in Tschechien in Deutschland nicht zugelassene Sprengkörper erworben, die sie mit Nägeln oder Brennstoff versehen wollten, um deren Gefährlichkeit noch weiter zu steigern. Aufgrund der Festnahme der vier Verurteilten im Mai 2015 wurde die Tat verhindert. Darüber hinaus wurde innerhalb der Gruppe erwogen, eine Kirche anzugreifen und dabei „Allahu akbar“ zu rufen, um in der Bevölkerung den Verdacht auf Muslime zu lenken.

Ziele von Rechtsterroristen | Wie bereits die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gezeigt haben, wollen Rechtsterroristen mit ihren Straf- und Gewalttaten gemäß ihrem rechtsextremistischen Verständnis die bestehende Ordnung destabilisieren. Dies gilt auch für Einzeltäter („lone wolves“). Das, was nach ihrer Ansicht nicht zur deutschen, in sich einheitlichen „Volksgemeinschaft“ gehört, also „Fremdes“ bzw. Ausländer oder Flüchtlinge, soll bekämpft bzw. vernichtet werden.

Straf- und Gewalttaten

Im Berichtsjahr wiesen insgesamt 540 politisch motivierte Straf- und Gewalttaten einen rechtsextremistischen Hintergrund auf. Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten, die 2016 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich angestiegen war, sank damit im Berichtsjahr sehr deutlich ab. Schwerpunkt der Gewalttaten, die ebenfalls zurückgingen, blieben die Körperverletzungsdelikte.

Eine Ursache für das deutliche Absinken der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten kann in der veränderten Fokussierung von Rechtsextremisten in Bezug auf den Rückgang der Asylbewerberzahlen vermutet werden. (Siehe im Glossar und Abkürzungsverzeichnis unter dem Stichwort Politisch motivierte Kriminalität zur Erfassung politisch motivierter Straf- und Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund.)

Abgebildet ist die Tabelle rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten in Hessen. In der linken Spalte stehen die Deliktarten. Die weiteren drei Spalten enthalten Angaben zu den Deliktarten jeweils für die Jahre 2017, 2016 und 2015.
In den Jahren 2017, 2016 und 2015 gab es keine Tötung.
In den Jahren 2017 und 2016 gab es keine versuchte Tötung, es gab eine versuchte Tötung im Jahr 2015.
Im Jahr 2017 gab es 13 Körperverletzungen, im Jahr 2016 gab es 19, im Jahr 2015 gab es 17.
Im Jahr 2017 gab es 2 Taten im Bereich Brandstiftung/Sprengstoffdelikte, im Jahr 2016 gab es 3, im Jahr 2015 gab es keine Delikte.
Im Jahr 2017 gab es 1 Delikt im Bereich Landfriedensbruch. In den Jahren 2016 und 2015 gab es keine Delikte.
In den Jahren 2017, 2016 und 2015 gab es keine Delikte im Bereich gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr.
Im Jahr 2017 gab es kein Delikt im Bereich Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung, Widerstandsdelikte, im Jahr 2016 gab es 1 Delikt, im Jahr 2015 gab es 2 Delikte.
Die Anzahl dieser Gewalttaten betrug im Jahr 2017 insgesamt 16, im Jahr 2016 23 und im Jahr 2015 20.
Darüber hinaus kam es zu weiteren, sogenannten sonstigen Straftaten.
Im Jahr 2017 gab es 22 Delikte im Bereich Sachbeschädigung, im Jahr 2016 gab es 41 Delikte, im Jahr 2015 gab es 57 Delikte.
Im Jahr 2017 gab es 6 Delikte im Bereich Nötigung/Bedrohung, im Jahr 2016 gab es 29 Delikte, im Jahr 2015 gab es 16 Delikte.
Im Jahr 2017 gab es 496 Delikte im Bereich andere Straftaten (insbesondere Propagandadelikte), im Jahr 2016 gab es 706 Delikte, im Jahr 2015 gab es 566 Delikte.
Insgesamt betrug die Anzahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten in Hessen im Jahr 2017 540. Im Jahr 2016 waren es 799 und im Jahr 2015 659 rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten.

Beispielhaft seien folgende Straftaten aufgeführt:

  • In Oberursel (Hochtaunuskreis) trat ein unbekannter Täter einem iranischen Staatsangehörigen mit dem Fuß gegen den Oberschenkel, schlug ihn mit der Faust auf das linke Ohr und rief im darauffolgenden Streit „Heil Hitler“.
  • Ein Beschuldigter veröffentlichte auf einer Internet-Plattform ein Video mit der Bezeichnung „German bus driver – Aus[c]hwitz“, welches eine Person zeigt, die auf dem Fahrersitz eines Busses in die Sprechanlage sagt: „Alle Ausländer einsteigen, wir fahren nach Auschwitz!“ Darüber hinaus zeigte die Person den Hitlergruß.
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