Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2020

Verfassungsschutz in Hessen

Freiheitliche demokratische Grundordnung

Den Kern der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland bildet die freiheitliche demokratische Grundordnung. In ihr sind tragende Grundprinzipien festgeschrieben, die absolute Werte und unverzichtbare Schutzgüter sind. Resultierend aus den Erkenntnissen über das Scheitern der Weimarer Republik und aus den furchtbaren Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Terror- und Unrechtsregime (1933 bis 1945) ist die Demokratie in Deutschland heute streitbar und abwehrbereit. Die Demokratie ist willens und fähig, sich gegen Angriffe ihrer Feinde zu verteidigen. Der Verfassungsschutz hat hierbei die wichtige Funktion eines „Frühwarnsystems“.

Auf einen Blick
  • Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
  • Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
  • Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit | Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unsere Demokratie eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung. In ihr sind die Grundrechte der Bürger garantiert; es ist jedem Bürger möglich, staatliche Entscheidungen durch unabhängige Gerichte nachprüfen zu lassen. Das bedeutet, dass staatliche Willkür ausgeschlossen und das Handeln der Behörden an Recht und Gesetz gebunden ist. Jeder Bürger genießt Rechtssicherheit. Diese Ordnung gründet sich auf dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit, auf der Freiheit und Gleichheit aller Menschen, auf der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gerichte.

Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | Zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die unabänderliche oberste Werteprinzipien als Kernbestand unserer Demokratie enthält, zählen:

  • die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte,
  • das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  • die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  • das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  • die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
  • die Unabhängigkeit der Gerichte und
  • der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt | Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 (2 BvB 1/13) auf den Antrag des Bundesrates, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisationen als verfassungswidrig einzustufen und aufzulösen, Folgendes erklärt:

„Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG beinhaltet die zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit nicht vereinbar. Daneben sind im Rahmen des Demokratieprinzips die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung aller Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) konstitutive Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips gilt dies für die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte und das staatliche Gewaltmonopol“.

Aufgaben, Befugnisse, Mitwirkungsaufgaben

Aufgabe des LfV ist, es den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit von Bund und Ländern zu treffen. Darüber hinaus erstellt das LfV Lageberichte und Analysen. Zu diesem Zweck sammelt es Informationen – insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen – über extremistische Bestrebungen und sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten und wertet sie aus.

Auf einen Blick
  • Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen
  • Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln
  • Mitwirkungsaufgaben des LfV

Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen | Extremistische Bestrebungen im Sinne des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes (HVSG) sind politisch bestimmte ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen. Nicht extremistisch ist die kritische Auseinandersetzung mit Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, ohne dass diese Auseinandersetzung das Ziel der Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verfolgt.

Neben extremistischen Bestrebungen, die auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen, beobachtet das LfV

  • sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG), gerichtet sind,
  • Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln | Das LfV hat keine exekutiven Befugnisse. Es darf zum Beispiel Personen weder vorladen noch festnehmen oder Durchsuchungen durchführen. Die Zusammenarbeit mit dem LfV beruht für Privatpersonen auf Freiwilligkeit. Um Maßnahmen, zu denen es selbst nicht befugt ist, darf das LfV die Polizei nicht ersuchen, was eine der Ausprägungen des Trennungsgebots zwischen Verfassungsschutz und Polizei darstellt.

Mitwirkungsaufgaben des LfV | Neben den oben beschriebenen Aufgaben unterstützt das LfV im Bereich des Geheim- und Wirtschaftsschutzes Behörden und Unternehmen mit seinen Erkenntnissen und seinem Wissen. Ebenso wirkt das LfV mit bei:

  • Aufenthalts-/Einbürgerungsverfahren von Ausländern und
  • Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen (unter anderem für die Bereiche Luftsicherheit, Atomkraftanlagen und den Umgang bzw. Verkehr mit Waffen und Sprengstoff).

Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzlich festgelegt. In allen Ländern bestehen hierfür eigene gesetzliche Grundlagen. In Hessen sind die Aufgaben und Befugnisse im HVSG geregelt. Darüber hinaus regelt das Bundesverfassungsschutzgesetz die Aufgaben und die Rechtsstellung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern.

Methoden

Um mittels kontinuierlicher Beobachtung verfassungsschutzrelevante Bestrebungen und Tätigkeiten zu erkennen und in fundierten Analysen zu beschreiben, bedient sich das LfV verschiedener Methoden. Sie reichen von der Informationsgewinnung aus allgemein zugänglichen Quellen über das Verwenden technischer Mittel bis hin zum Einsatz von Vertrauensleuten.

Auf einen Blick
  • Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen
  • Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln

Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen | Die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen gewinnt das LfV vornehmlich aus allgemein zugänglichen Quellen. Dazu gehören unter anderem

  • Publikationen,
  • Internetinhalte sowie
  • öffentliche Veranstaltungen.

Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln | Verfassungsfeinde und andere Personen bzw. Gruppierungen, die dem Beobachtungsauftrag des LfV unterliegen, arbeiten aber oft konspirativ, das heißt, sie versuchen ihre wahren Ziele und Aktivitäten zu verschleiern oder geheim zu halten. Das Sammeln allgemein zugänglichen Materials durch das LfV und der Informationsaustausch mit anderen Behörden und anderen Stellen genügen deshalb zuweilen nicht, um ein vollständiges und sachgerechtes Bild von verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen sowie von Spionagetätigkeiten und Aktivitäten der Organisierten Kriminalität zu erhalten. Daher ist das LfV befugt, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • die Überwachung des Brief-, Post und Fernmeldeverkehrs,
  • der Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung,
  • der Einsatz technischer Mittel zur Ortung von Mobilfunkendgeräten,
  • die Observation,
  • das Fertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen,
  • die Beobachtung des Internets, dies beinhaltet die verdeckte Teilnahme an der im Internet geführten Kommunikation, sowie
  • der Einsatz von verdeckten Mitarbeitern sowie Vertrauensleuten.

Die Vertrauensleute gehören nicht dem Verfassungsschutz an, liefern aber Informationen über extremistische Bestrebungen.

Nachrichtendienstliche Mittel dürfen in Bezug auf personenbezogene Daten nur dann angewendet werden, wenn hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die entsprechenden Regelungen sind in § 5 HVSG festgelegt. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel unterliegt gesetzlichen Schranken (§ 14 HVSG), wobei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.

Kontrolle

Die Tätigkeit des LfV wird auf vielfältige Weise kontrolliert. Dies geschieht insbesondere durch die Parlamentarische Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) des Hessischen Landtags. Die Regularien, welche die parlamentarische Kontrolle und die PKV als Institution betreffen, sind im Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen (Verfassungsschutzkontrollgesetz) festgeschrieben.

Auf einen Blick
  • Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Hessischen Landtags
  • Pflichten der Hessischen Landesregierung
  • Befugnisse der PKV
  • G-10-Kommission
  • Rechts- und Fachaufsicht
  • Weitere Kontrollen

Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Hessischen Landtags | Die PKV besteht aus sieben Mitgliedern, die der Hessische Landtag gemäß § 1 Abs. 2 Verfassungsschutzkontrollgesetz aus seiner Mitte wählt. Demnach bestimmt die Volksvertretung die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der PKV. Die Beratungen der PKV sind geheim.

Pflichten der Hessischen Landesregierung | Die Pflicht der Hessischen Landesregierung zur Unterrichtung der PKV sowie deren Befugnisse sind durch das im Juni 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen (Art. 2 – Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen) präzisiert und erweitert worden. Neben der umfassenden Unterrichtung der PKV durch das für das LfV zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport über die allgemeine Tätigkeit des LfV und über Vorgänge von besonderer Bedeutung wird die Kontrollkommission über weitere Sachverhalte informiert: so etwa über besondere Auskunftsersuchen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung, die Ortung von Mobilfunkendgeräten und Observationen sowie den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten (§§ 10, 7, 9, 11, 12 u. 13 HVSG).

Befugnisse der PKV | Jedes Mitglied der PKV kann die Einberufung einer Sitzung und die Unterrichtung der PKV verlangen. Darüber hinaus hat jedes Mitglied das Recht der Akteneinsicht; falls erforderlich, ist dabei auch Zutritt zu den Dienststellen des LfV zu gewähren. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit kann die PKV einen Sachverständigen mit der Durchführung von Untersuchungen beauftragen, welcher der PKV über das Ergebnis berichten muss. Darüber hinaus hat die PKV das Recht, den Haushaltsplan des LfV mitzuberaten.

G-10-Kommission | Maßnahmen, die mit einem Eingriff in Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) verbunden sind, bedürfen der Genehmigung der G-10-Kommission des Hessischen Landtags.

Rechts- und Fachaufsicht | Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport nimmt die Rechts- und Fachaufsicht über das LfV wahr, das heißt, es prüft die Recht- und Zweckmäßigkeit des Handelns des LfV, indem es dessen Aufgabenerledigung kontrolliert. Dies geschieht etwa mittels Strategie- und Programmplanungen, Zielvereinbarungen, Besprechungen, Weisungen und Erlassen.

Weitere Kontrollen | Darüber hinaus kontrollieren der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, der Hessische Rechnungshof und – mittelbar auf dem Wege der Berichterstattung und Kommentierung – die öffentlichen Medien die Tätigkeit des LfV. Die Speicherung personenbezogener Daten, Auskunftserteilungen und die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, die das LfV zu Lasten Betroffener trifft, unterliegen darüber hinaus der vollständigen gerichtlichen Kontrolle.

Strukturen, Organisation, Haushalt

Der Verfassungsschutz ist als Inlandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland föderal organisiert. Der Bund und die 16 Länder unterhalten jeweils eigene Verfassungsschutzbehörden.

Auf einen Blick
  • Organisation
  • Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget

Organisation | Als obere Landesbehörde untersteht das LfV dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. Das LfV hat seinen Sitz in Wiesbaden und gliedert sich in sechs der Amtsleitung unterstehende Abteilungen. An die Amtsleitung angebunden sind ebenso der Stab, die Interne Revision, die Geheimschutzbeauftragte sowie die Datenschutzbeauftragte. Darüber hinaus verfügt das LfV in Hessen über Außenstellen.

Wie in jeder Behörde gibt es einen Personalrat, eine Schwerbehindertenvertretung und eine Gleichstellungsbeauftragte.

Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget | Die Personalmittel sowie die Finanzmittel für Personal- und Sachausgaben sind im Haushaltsplan des Landes Hessen ausgewiesen. Für das Jahr 2020 standen dem LfV 375 Planstellen zur Verfügung. Das Ausgabenbudget für das Jahr 2020 belief sich auf 32.535.200.- Euro.

Wesentliche institutionelle Elemente der Sicherheitsarchitektur
auf Bundesebene und in Hessen

Die Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland wurde in den letzten Jahren ausgebaut und modifiziert. Die Zielsetzung war hierbei, auf Gefahren und Bedrohungen flexibler und schneller reagieren zu können sowie Wissen und Kompetenzen verschiedener Sicherheitsbehörden zu bündeln. Relevante Informationen sollen unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten und gesetzlichen Vorgaben zusammengeführt und bewertet werden, ohne die organisatorische Trennung der Sicherheitsbehörden in Frage zu stellen.

Auf einen Blick
  • Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand
  • Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur
  • Hessisches Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (HETAZ)

Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand | Nach wie vor unterlagen Organisation und Effizienz der Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere das Zusammenwirken ihrer einzelnen Elemente, einem Prüfungsprozess. Der vom Deutschen Bundestag 2018 eingesetzte Untersuchungsausschuss zum islamistisch motivierten Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin vom 19. Dezember 2016 sollte sich unter anderem ein Urteil bilden zu der Frage,

„ob die Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder sowie die für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten sachgerechte Maßnahmen ergriffen haben, ob Informationen zwischen den einzelnen Behörden zeit- und sachgerecht ausgetauscht wurden und ob mit Nachrichtendiensten und Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden im europäischen und außereuropäischen Ausland sachgerecht zusammengearbeitet beziehungsweise Informationen ausgetauscht wurden“.

Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse soll der Untersuchungsausschuss unter anderem

„weitere Schlussfolgerungen für Befugnisse, Organisation, Arbeit und Kooperation der Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und der Nachrichtendienste von Bund und Ländern sowie der für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Kommunen ziehen und gegebenenfalls Empfehlungen für weitere Maßnahmen aussprechen“.

Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur | Die bundesweite Sicherheitsarchitektur besteht im Wesentlichen aus folgenden Einrichtungen:

  • dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) zur Abwehr und Bekämpfung des islamistischen Terrorismus,
  • dem Gemeinsamen Internetzentrum (GIZ) und
  • dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ).

Am GTAZ in Berlin sind Vertreter folgender Behörden beteiligt:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • Bundeskriminalamt (BKA),
  • Bundesnachrichtendienst (BND),
  • Generalbundesanwaltschaft (GBA),
  • Bundespolizei (BPol),
  • Generalzolldirektion (GZD),
  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),
  • Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) und die
  • Landeskriminalämter.

Im GTAZ gibt es darüber hinaus zwei voneinander institutionell getrennte Einrichtungen: Die Nachrichtendienstliche (NIAS) und die Polizeiliche Informations- und Analysestelle (PIAS). NIAS- und PIAS-Mitglieder kooperieren in verschiedenen Arbeitsgruppen eng miteinander, um bestimmte Fälle aktuell zu bearbeiten sowie Gefahrenprognosen und mittel- bzw. längerfristige Analysen zu erstellen.

Nach dem Vorbild des GTAZ arbeiten im GIZ Vertreter des

  • BfV,
  • BKA,
  • BND,
  • BAMAD und
  • der GBA

eng zusammen. Darüber hinaus steht das GIZ in ständigem Austausch mit den zuständigen Landesbehörden.

Aufgabe der Vertreter der am GIZ mitwirkenden Behörden ist die Beobachtung, Auswertung und Analyse von Veröffentlichungen mit islamistischen und jihadistischen Inhalten im Internet, um frühzeitig extremistische und terroristische Strukturen und Aktivitäten zu identifizieren.

Das GETZ ist als „Dachorganisation“ für die Bekämpfung folgender Phänomenbereiche zuständig:

  • Rechtsextremismus/-terrorismus,
  • Linksextremismus/-terrorismus,
  • Extremismus mit Auslandsbezug und
  • Spionageabwehr und Proliferation.

Die Federführung obliegt dem BfV und dem BKA. Die Koordinierte Internetauswertung (KIA) erfolgt beim BfV in Köln (Nordrhein-Westfalen).

Am GETZ als Informations- und Kommunikationsplattform beteiligen sich – analog zu den Aufgaben des GTAZ – zur Bündelung der Fachexpertise und der Sicherstellung eines möglichst lückenlosen und schnellen Informationsflusses folgende Behörden:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • BKA,
  • BPol,
  • das Europäische Polizeiamt (Europol),
  • GBA,
  • GZD,
  • BND,
  • BAMAD,
  • BAMF,
  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und
  • die Landeskriminalämter.

Hessisches Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (HETAZ) | Das in Hessen am 11. März 2019 konstituierte HETAZ hat seine Geschäftsstelle im LfV. Es fungiert als anlassbezogene Kommunikations-, Informations- und Kooperationsplattform unter ständiger Beteiligung des Hessischen Landeskriminalamts (HLKA), der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Abteilung Staatsschutz, der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie des LfV. Seit Juli 2020 ist zudem der Sonderermittler der Hessischen Polizei in das HETAZ eingebunden. Abhängig von konkreten Gefährdungs- und Bedrohungssachverhalten werden Vertreter weiterer Behörden, wie zum Beispiel von Polizeipräsidien, Ausländerbehörden und Jugendämtern im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs und ihrer Zuständigkeit hinzugezogen.

Ziel ist es unter anderem, einen abgestimmten, fortlaufenden und nachhaltigen Informationsaustausch mit kurzen Kommunikationswegen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften und des für den Verfassungsschutz und die Polizei gültigen informationellen Trennungsgebots zu gewährleisten. Durch Bündelung, Verdichtung und Bewertung der Informationen soll die Erkenntnislage der zuständigen Behörden verbessert und der Austausch über operative Maßnahmen in enger Kooperation erleichtert werden. Hieraus soll auch eine noch effektiver und effizienter als bisher gestaltete Strafverfolgung resultieren.

Im Berichtsjahr fanden vier Sitzungen des HETAZ statt. Thematisch befasste es sich unter anderem mit rechtsextremistischen Bestrebungen, dem gewaltorientierten Linksextremismus und der islamistischen Bedrohungslage.

Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit

Extremisten verfolgen das Ziel, die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen. Eine notwendige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit extremistischen Positionen und Aktivitäten kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die Bürger über sachgerechte Informationen verfügen. Um die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen zu unterrichten und für deren Gefahren zu sensibilisieren, verankerte das LfV seine Präventionsarbeit in den letzten Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Die Präventionsinhalte werden dabei stets an den aktuellen Entwicklungen in den verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen ausgerichtet. Um die konsequente Stärkung der Prävention auch organisatorisch sicherzustellen, wurde im September die Abteilung 6 „Prävention und phänomenübergreifende Analyse“ geschaffen. Dies diente auch dazu, das Selbstverständnis des LfV in Bezug auf Offenheit und Präsenz des Verfassungsschutzes noch mehr im öffentlichen Raum sichtbar machen.

Auf einen Blick
  • Dienstleister der Demokratie
  • Hessischer Verfassungsschutzbericht
  • Aufklärende Prävention
  • Beratende Prävention
  • Zielgruppen
  • Kooperationspartner
  • Abteilung „Prävention und phänomenübergreifende Analyse“
  • Etablierte Maßnahmen
  • Präventionsarbeit in Zeiten der COVID-19-Pandemie
  • Informationsbroschüren des LfV
  • Präventionsarbeit in Zahlen
  • Kontakt und Internetpräsenz
  • Prävention für die Wirtschaft

Dienstleister der Demokratie | Die seit Jahren stetig anwachsende Zahl der Präventionstermine belegt sowohl die Notwendigkeit und als auch den Bedarf von Extremismusprävention. Daher wurde diese Aufgabe auch im 2018 neugefassten HVSG gesetzlich verankert. Das LfV wurde dadurch in seiner Funktion als Frühwarnsystem und Dienstleister der Demokratie gestärkt.

Zusätzlich zu den bereits bestehenden Präventionsangeboten, wie zielgruppenorientierte Sensibilisierungsveranstaltungen aufklärende Prävention) und Beratungsleistungen in konkreten Fällen (beratende Prävention), beschritt das LfV in den letzten Jahren zahlreiche andere, auf langfristige Zusammenarbeit angelegte Wege. Damit soll es für die Gesellschaft ein aktiver Partner und Dienstleister der Demokratie sein.

Neben der Präsenz auf dem Hessentag beteiligte sich das LfV zum Beispiel an kommunalen Präventionstagen oder Tagen der offenen Tür mit einem Informationsstand, um als kompetenter, transparenter und direkter Ansprechpartner wahrgenommen zu werden. Des Weiteren wurden neue Veranstaltungsformate wie Fachtage, Podiumsdiskussionen oder langfristige Projekte angestoßen oder unterstützt.

Hessischer Verfassungsschutzbericht | Im Mittelpunkt der Unterrichtung der Öffentlichkeit steht der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebene jährliche Verfassungsschutzbericht. Er informiert über die wesentlichen während des Berichtsjahrs gewonnenen Erkenntnisse des LfV und bewertet diese.

Aufklärende Prävention | Oberstes Ziel der Präventionsarbeit ist es, Menschen gegen Extremismus zu immunisieren. Daher ist das LfV, bestrebt möglichst viele Menschen sowohl in staatlichen als auch nichtstaatlichen Stellen über Gefahren, die von extremistischen Bestrebungen ausgehen, aufzuklären. Das LfV bietet zu verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen Fortbildungen an, bei denen es über Ideologien, Erscheinungsformen, Strategien sowie Anhaltspunkte für Radikalisierung informiert. Die Veranstaltungsteilnehmer werden somit in die Lage versetzt, extremistische Bestrebungen, die ihnen möglicherweise im Alltag begegnen, zu erkennen.

Im Zuge der aufklärenden Prävention informiert das LfV darüber hinaus relevante gesellschaftliche Akteure anlassbezogen über aktuelle Entwicklungen in den verschiedenen Phänomenbereichen. Sollten dem LfV zum Beispiel extremistische Bestrebungen im Umfeld von Schulen bekannt werden, so geht es aktiv auf die entsprechende Schule zu und bietet Beratung und Unterstützung an. Bei hessenweiten Kampagnen informiert das LfV die jeweiligen Bedarfsträger anlassbezogen über geeignete Kanäle (etwa den Kommunalbrief des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport).

Beratende Prävention | Um den Bedarfsträgern Handlungssicherheit im Erkennen von und im Umgang mit extremistischen Bestrebungen zu vermitteln, bietet die beratende Prävention ergänzend zur aufklärenden Prävention einzelfallbezogene Beratungen an.

Zielgruppen | Eine der wichtigsten Zielgruppen der Präventionsarbeit sind Multiplikatoren im Bereich der (Jugend-)Bildung, wie zum Beispiel Lehrkräfte. Seit 2009 ist das LfV durch die Hessische Lehrkräfteakademie als Anbieter von Fortbildungen für hessische Lehrerinnen und Lehrer akkreditiert. Das Fortbildungsangebot kann über die Staatlichen Schulämter, aber auch von einzelnen Schulen in Anspruch genommen werden.

Darüber hinaus sind besonders die hessischen Kommunen wichtige Partner bei der Extremismusprävention. So ist das LfV – zusätzlich zu den angebotenen Vorträgen für und mit Kommunen – in zahlreichen kommunalen Präventionsgremien vertreten bzw. arbeitet eng mit diesen zusammen und steht den Gremien als direkter Ansprechpartner zur Verfügung. Weitere Adressaten sind Bildungseinrichtungen, Justiz, Polizei, zivilgesellschaftliche Träger, religiöse Träger sowie Unternehmen und Wirtschaftsverbände.

Um der Ausbreitung extremistischer Bestrebungen präventiv entgegenzuwirken, spricht das LfV – neben den bereits etablierten Bedarfsträgern – immer wieder neue Zielgruppen an und wirbt für das Präventionsangebot. Ein besonderer Schwerpunkt der Fortbildungsmaßnahmen liegt jedoch weiterhin in den Bereichen Kommunen, Polizei, Schule und Justiz. Hier baute das LfV seine Angebote aus.

Die Nachhaltigkeit nimmt bei der Prävention des LfV eine zentrale Stelle ein. So stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Bedarfsträgern auch im Anschluss an Sensibilisierungsveranstaltungen oder Projekte als Ansprechpartner zur Verfügung. Der Erfolg der vertrauensvollen Zusammenarbeit spiegelte sich in den letzten Jahren in vielen Folgeveranstaltungen und Weiterempfehlungen des Angebots wider.

Kooperationspartner | Bei der Bekämpfung extremistischer Bestrebungen ist das LfV eng mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und zivilgesellschaftlichen Trägern vernetzt. Das 2013 eingerichtete HKE übernimmt die zentrale Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen zur Extremismusprävention und -intervention in Hessen. Das LfV ist im Rahmen des organisations- und ressortübergreifenden Ansatzes in der Lenkungsgruppe des HKE vertreten. Das HKE ist über www.hke.hessen.de erreichbar.

Darüber hinaus gehört das LfV folgenden Institutionen an:

  • Expertenpool des landesweiten beratungsNetzwerks hessen − Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus. In dem Expertenpool sind staatliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Initiativen miteinander vernetzt.
  • Fachbeirat des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus. Das 2014 gegründete Netzwerk war das erste landesweite Präventionsprojekt gegen Salafismus in Deutschland. In dessen Mittelpunkt steht die Beratungsstelle Hessen - Religiöse Toleranz statt Extremismus, die beim zivilgesellschaftlichen Träger Violence Prevention Network (VPN) angebunden ist. Die Ausstiegshilfe und -begleitung von islamistisch Radikalisierten sowie die Beratung des sozialen Umfelds stehen im Zentrum der Arbeit der Beratungsstelle Hessen.

Abteilung 6 „Prävention und phänomenübergreifende Analyse“ | Seit September 2020 konzentriert sich die Präventionsarbeit des LfV in der neuen Abteilung 6 „Prävention und phänomenbereichsübergreifende Analyse“. Die Aufgaben der aufklärenden und beratenden Prävention werden in zwei Dezernaten wahrgenommen: Das Dezernat 61 (das heißt, das bereits 2008 eingerichtete Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus, KOREX) und das Dezernat 62 (Islamismus, Salafismus/Linksextremismus/Extremismus mit Auslandsbezug). Kernaufgabe beider Dezernate ist die Aufklärungsarbeit durch Aufbereitung des Fachwissens des LfV für bestimmte Zielgruppen sowie für die breite Öffentlichkeit. Ein weiteres Dezernat bildet das Berichtswesen, in dem unter anderem der jährlich erscheinende Hessische Verfassungsschutzbericht erstellt wird.

Darüber hinaus befindet sich nun auch die Phänomenbereichsübergreifende wissenschaftliche Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF) in der Abteilung 6.

Etablierte Maßnahmen | Gerade in Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen etablierte das LfV in den letzten Jahren viele Formate, die sich bewährt haben.

Im Justizressort führt das LfV regelmäßig Sensibilisierungsmaßnahmen durch und bildet dabei vor allem auch Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamte fort. Zudem veranstaltet das LfV jährlich ein jeweils dreitägiges Justizseminar zu den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und Islamismus für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium der Justiz.

Das LfV ist regelmäßig und anlassbezogen in die Aus- und Fortbildung der Hessischen Polizei eingebunden und beteiligt sich traditionell mit Vorträgen an den Staatsschutz-Aufbaumodulen der Hessischen Polizeiakademie (HPA) für Staatsschützerinnen und Staatsschützer; außerdem hält das LfV auf Anfrage Vorträge an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV) vor Studiengruppen. 2020 führte das LfV erstmals ein eigenes Wahlpflichtmodul an der HfPV in Kassel zum Thema „Extremismus“ unter besonderer Berücksichtigung des Rechtsextremismus durch.

Seit 2019 informierte und sensibilisierte das KOREX eine mittlere dreistellige Zahl an Führungskräften mehrerer Polizeibehörden bei einer Vielzahl von Einzelterminen über Erscheinungsformen, Strategien und Ideologieelemente des Rechtsextremismus. Ebenso führte das KOREX bei der Bundespolizei zahlreiche Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Frankfurter Flughafens sowie für die Anwärterinnen und Anwärter des Aus- und Fortbildungszentrums in Eschwege (Werra-Meißner-Kreis) durch.

2017 wurde in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Gießen, dem HKE und dem VPN eine landesweite Abfolge von Präventionsveranstaltungen für kommunale Bedienstete mit dem Titel „Salafismusprävention in den Kommunen“ auf den Weg gebracht. Für das Berichtsjahr war eine inhaltliche Weiterentwicklung der Veranstaltung, die seit 2017 regelmäßig angeboten wurde, geplant, musste aber aufgrund der COVID-19-Pandemie verschoben werden.

Präventionsarbeit in Zeiten der COVID-19-Pandemie | Im Kontext der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie fanden die Präventionsarbeit des LfV seit März nicht in gewohntem Maß statt. Wurden viele geplante Formate abgesagt, war es dennoch möglich, im Laufe des Jahres aufgrund der Umstellung auf digitale Formate einige Veranstaltung nachzuholen oder neu zu initiieren.

Am 27. Januar (Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus/Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust) fand in der Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) die Abschlussveranstaltung des Projekts „Begegnungen gegen Antisemitismus“ statt. Gemeinsam mit dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg und weiteren Partnern hatte das LfV das Projekt im Rahmen des Hessentags 2019 initiiert; es ermöglichte intensive Begegnungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Schülerinnen und Schülern, indem diese die Veranstaltungen – überwiegend Podiumsdiskussionen, eine historische Stadtführung und eine Filmvorführung – gemeinsam vorbereiteten und moderierten.

Im Mittelpunkt der Abschlussveranstaltung stand der Dokumentarfilm „Jetzt - nach so viel‘ Jahren“. Er beschäftigt sich mit dem Trauma der während des Nationalsozialismus aus dem osthessischen Dorf Rhina vertriebenen Jüdinnen und Juden, vor allem aber mit dem Umgang der Rhinaer Bevölkerung mit diesem Teil der Geschichte ihres Dorfes zu Beginn der 1980er Jahre: Vergessen, Verdrängen und Relativieren. Im Gespräch mit den Filmemachern Pavel Schnabel und Harald Lüders wurde deutlich, dass der Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen seitdem zwar offener geworden ist, aber auch, dass beide nach wie vor mitunter als „Volksverräter“ beschimpft werden.

Vor dem ersten „Lockdown“ im März führte das LfV die ersten Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Meldeplattform Hessen gegen Hetze zu verschiedenen Phänomenbereichen durch. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ist geplant. Die Meldeplattform wird durch das Hessen Cyber Competence Center (Hessen3C) des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport betrieben. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu bieten, potenzielle Hassrede (Hate Speech) einfach und schnell zu melden. Die Meldestelle ist wie folgt erreichbar: www.hessengegenhetze.de

Ein weiterer wichtiger Baustein der Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit des LfV, die diesjährige Präsenz auf dem Hessentag in Bad Vilbel (Wetteraukreis) in der Landesausstellung, fand aufgrund der allgemeinen Absage pandemiebedingt nicht statt. An künftigen Hessentagen wird das LfV den Besucherinnen und Besucher wieder die Möglichkeit geben, mit Expertinnen und Experten des LfV über dessen Arbeit ins Gespräch zu kommen und sich durch entsprechende Publikationen und Schautafeln am Stand des LfV über die freiheitliche demokratische Grundordnung und die sie bedrohenden extremistischen Phänomene zu informieren.

Im September bot das LfV erstmals ein zweitägiges Seminar im Rahmen der Zentralen Fortbildung des Landes Hessen an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden schwerpunktmäßig über das Thema „Rechtsextremismus“ (mit Schwerpunkt auf der Neuen Rechten) informiert. Darüber hinaus wurden die Bereiche Islamismus, Linksextremismus und Antisemitismus thematisiert. Das phänomenbereichsübergreifende Seminar wird dauerhaft im Programm der Zentralen Fortbildung angeboten.

Das traditionelle jährliche Herbstgespräch fand pandemiebedingt nicht statt.

Informationsbroschüren des LfV | Damit sich die Bürgerinnen und Bürger gezielt mit verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen auseinandersetzen können, gibt das LfV Informationsbroschüren heraus. Folgende Publikationen können derzeit beim LfV direkt angefordert bzw. über dessen Internetpräsenz abgerufen werden (siehe unten Kontakt und Internetpräsenz):

  • Verfassungsschutz in Hessen − Beobachten, analysieren und informieren.
  • Extremismus erkennen − Handreichung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe.
  • Salafistische Bestrebungen in Hessen.
  • Kennzeichen und Symbole der Rechtsextremisten.
  • Gedenk-und Jahrestage von Rechtsextremisten.
  • Rechtsextremismus und Sonnenwendfeiern.
  • Verfassungsfeindliche Bestrebung: „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“.
  • Mit Militanz zur Errichtung einer „herrschaftsfreien Gesellschaft“.
  • PAAF Analysen 1 – „… und diese Gerüchte stammen nicht von irgendwelchen Nazis!“ Eine Studie zu Erscheinungsformen und ideologischen Hintergründen antisemitischer Agitation in den sozialen Netzwerken.
  • PAAF Analysen 1 – In aller Kürze.
  • PAAF Analysen 2 – Filter ohne Blase. Wie die rechtsextremistische Szene sich über das politische Tagesgeschehen informiert.
  • PAAF Analysen 2 – In aller Kürze.

Darüber hinaus sind weitere Informationsmaterialien auch auf den Internetseiten des BfV und der anderen Verfassungsschutzbehörden zu finden: www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen.

Präventionsarbeit in Zahlen | Pandemiebedingt führte das LfV weniger Termine als in der Vergangenheit durch, wobei die große Nachfrage nach den Präventionsdienstleistungen anhielt. Von 241 fest geplanten Terminen wurden 79 abgesagt. Auf die Extremismusprävention entfielen etwa vier Fünftel der geplanten Termine und erreichten annährend die Zahl des Vorjahres.

Termine zum Rechtsextremismus bildeten einen deutlichen Schwerpunkt, gefolgt von Veranstaltungen zum Islamismus und mit phänomenbereichsübergreifendem Charakter. Da sich die Präventionsveranstaltungen des LfV direkt an den Anforderungen der Bedarfsträger ausrichten, spiegeln die Zahlen die entsprechenden Bedürfnisse wider.

Kontakt und Internetpräsenz | Alle Bürgerinnen und Bürger können sich an das LfV wenden.

Die Homepage des LfV ist unter www.lfv.hessen.de erreichbar. Auf der Homepage ist auch ein Kontaktformular verfügbar.

Für Fragen zur Prävention ist das LfV unter der Telefonnummer 0611-720/1966 und der E-Mail-Adresse praevention@lfv.hessen erreichbar.

Spezielle Fragen zum Thema Wirtschaftsschutz können an die E-Mail-Adresse wirtschaftsschutz@lfv.hessen.de gerichtet werden.

Prävention für die Wirtschaft | Informationen über die Aktivitäten und Dienstleistungen des LfV zum Thema Wirtschaftsschutz finden Sie im Kapitel „Spionage- und Cyberabwehr/Wirtschaftsschutz“.

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