Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2020

Organisierte Kriminalität

Organisierte Kriminalität

Die Organisierte Kriminalität ist ein grenzüberschreitendes, transnationales Phänomen. Nahezu 80 Prozent der in Deutschland im Zusammenhang mit der OK geführten Verfahren weisen internationale Bezüge auf. In den letzten Jahren zeigt sich, dass die Straftäter nationalitätenübergreifende Kooperationen eingehen, wenn es für ihre Ziele nützlich ist. So bestätigen Untersuchungen, dass es enge Verflechtungen und eine effiziente Logistik bei den OK-Gruppierungen gibt, wobei diese einen hohen Grad an Organisierung aufweisen.

Auf einen Blick
  • OK-Definition
  • Missbrauch der freiheitlichen demokratischen Grundordnung – Tätigkeit der Sicherheitsbehörden
  • Rockerkriminalität
  • Russisch-eurasische OK
  • Italienische OK

OK-Definition | In Hessen ist für die Beobachtung der OK auch das LfV zuständig, um in seiner Funktion als „Frühwarnsystem“ entsprechende Aktivitäten festzustellen und aufzuklären. Als Rechtsgrundlage hierfür dient § 2 Abs. 2 Nr. 5 HVSG. Damit bildet die entsprechende Beobachtung durch das LfV einen wichtigen Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Hessen im Kampf gegen die OK. Laut der im Jahr 1990 von der bundesweiten Gemeinsamen Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) verabschiedeten Arbeitsdefinition ist die OK, die von Gewinn- und Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden

  • unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
  • unter Anwendung von Gewalt oder durch entsprechende Drohung oder
  • unter Einflussnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft.

Missbrauch der freiheitlichen demokratischen Grundordnung – Tätigkeit der Sicherheitsbehörden | Die OK missbraucht die freiheitliche demokratische Grundordnung, um allein in Deutschland seit Jahren einen Schaden im Millionenbereich zu verursachen (laut des Bundeslagebilds für das Jahr 2019 803.000.000 Euro). OK-Gruppierungen bedrohen die Grundlagen unserer Gesellschaft, indem sie die Macht einer kriminellen Organisation durch Gewalt (Körperverletzung, Bedrohung, Mord), Geld (Bestechung, Firmenbeteiligungen, Immobilienerwerb) und massive Einflussnahme (Politik, Verwaltung, Justiz, Medien, Wirtschaft) durchsetzen wollen.

Da Personen, die der OK angehören, sich in der Regel unauffällig und konspirativ verhalten, setzt die Aufklärung dieser Strukturen eine systematische und langfristig angelegte Beobachtung voraus. Das LfV arbeitet aufgrund der internationalen OK-Strukturen mit den OK-Dienststellen der Bundes- und Landespolizei sowie mit weiteren Sicherheitsbehörden im In- und Ausland zusammen. Um bereits im Vorfeld von Straftaten Anhaltspunkte für OK-Aktivitäten festzustellen, können nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden. Ziel ist es, personelle, logistische, organisatorische, finanzielle sowie deliktische Strukturen zu erforschen.

Rockerkriminalität | Das Phänomen der Rockerkriminalität stellt seit vielen Jahren im Bereich der OK einen Beobachtungsschwerpunkt des LfV dar. Das LfV wirkt dabei in Zusammenarbeit mit anderen Behörden auch an Vereinsverboten im Bereich der OK mit. Auch im Berichtsjahr konzentrierte sich das LfV auf die Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) – etwa die Hells Angels – und rockerähnliche Gruppierungen, zum Beispiel die Osmanen Frankfurt BC, deren Aktionsräume im Rhein-Main-Gebiet liegen.

Einzelne Führungspersonen der OMCG stellen dabei einen Hochrisikofaktor im Hinblick auf mögliche Gewalteskalationen dar. OMCG sind als Hauptakteure von Machtansprüchen (Gebietsauf- und -verteilungen) im „Rotlichtsektor“ (Menschenhandel, Zwangsprostitution) anzusehen. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen es auch zum Gebrauch von Schusswaffen kam. Dabei erlitten Mitglieder von OMCG schwerste Verletzungen oder sie wurden tödlich verletzt.

Russisch-eurasische OK | Zur russisch-eurasischen OK gehören alle OK-Strukturen, die von Personen dominiert werden, die in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion geboren wurden und eine entsprechende kulturelle Prägung (zu Beispiel durch Tradition, Sprache und Geschichte) erfahren haben. Von Bedeutung in der OK-Beobachtung durch das LfV sind insbesondere die sogenannten Diebe im Gesetz und die Bandenkriminalität.

Italienische OK | Das Rhein-Main-Gebiet ist Rückzugs- und Aktionsraum der italienischen OK. Deliktische Schwerpunkte sind – neben der Geldwäsche – der internationale Kokainhandel/-schmuggel sowie die Schutzgelderpressung bei italienischen Restaurantbetreibern. Dabei beobachtet das LfV insbesondere, über welche Verbindungen der kalabrische Mafia-Clan ‘Ndrangheta ins Rhein-Main-Gebiet verfügt.

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