Mitwirkungsaufgaben des LfV
Neben der Beobachtung der in § 2 Abs. 2 HSVG genannten Bestrebungen und Tätigkeiten als Kernaufgabe des Verfassungsschutzes nimmt das LfV gesetzlich geregelte Mitwirkungsaufgaben wahr. Mit seinen Erkenntnissen und Empfehlungen trägt das LfV dazu bei, dass Extremisten weder legal in den Besitz von Waffen gelangen bzw. diese behalten, noch ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verfestigen können oder Zugang zu sicherheitsempfindlichen Infrastrukturen erhalten.
Auf einen Blick
- Gesetzlicher Auftrag
- Überprüfung der Zuverlässigkeit
- Änderung des Waffengesetzes
- Erteilung von Aufenthaltstiteln
- Einbürgerung
- Visumverfahren
- Konsultationsverfahren im Asylprozess
- Statistik
Gesetzlicher Auftrag | Um ihren Stellenwert als integralen Bestandteil der Sicherheitsarchitektur hervorzuheben, wurden die Mitwirkungsangelegenheiten des LfV ausdrücklich in § 20 Abs. 1 Nr. 2 HVSG aufgeführt. Dem LfV kommt dabei die wesentliche Aufgabe zu, auf Ersuchen von Behörden bei der Überprüfung von Antragstellern mitzuwirken (§ 2 Abs. 3 HVSG). Das LfV wertet im Rahmen seiner Mitwirkungsangelegenheiten die ihm vorliegenden Erkenntnisse aus (§ 4 Abs. 5 HVSG).
Überprüfung der Zuverlässigkeit | Das LfV wirkt bei einer Vielzahl von Zuverlässigkeitsüberprüfungen mit, so etwa nach dem
- Waffengesetz (WaffG),
- Bundesjagdgesetz (BJagdG),
- Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG),
- Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG),
- Gewerbeordnung (GewO) und
- Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (AtG).
Werden bei diesen Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Nachhinein Informationen bekannt, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Bedeutung sind, besteht für das LfV eine sogenannte Nachberichtspflicht.
Änderung des Waffengesetzes | Um zu verhindern, dass Extremisten legal in den Besitz von Waffen gelangen bzw. diese Waffen behalten können, wurde mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (3. WaffRÄndG) vom 17. Februar 2020 das Waffenrecht ergänzt. So wurde unter anderem in dem neu gefassten § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG eine Regelanfrage der Waffenbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung eingeführt. Die Regelanfrage wurde mit einer Nachberichtspflicht der Verfassungsschutzbehörden flankiert.
Aus der Erweiterung des § 5 WaffG um die Regelanfrage bei den Verfassungsschutzbehörden wird auch eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Bundesjagdgesetz abgeleitet. So haben die Jagdbehörden nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG vor Erteilung eines Jagdscheins auch die waffenrechtlichen Anforderungen an die Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG zu prüfen.
Mit dem 3. WaffRÄndG wurde auch das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe angepasst. Mit der Neufassung des § 8a Abs. 2 Nr. 3 SprengG begründet auch die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung die Regelvermutung der sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit. § 8a Abs. 5 SprengG sieht in der neu gefassten Nummer 4 die Verpflichtung der Sprengstoffbehörden vor, bei jeder Zuverlässigkeitsüberprüfung die zuständige Verfassungsschutzbehörde zu beteiligen. Beschränkte sich die Regelanfrage bislang auf Erlaubnisse nach § 7 SprengG für den gewerblichen Bereich, wurde die Zuverlässigkeitsüberprüfung um die Erlaubnisse nach
§ 27 SprengG für den nicht gewerblichen Bereich erweitert.
Auch Personen, die ein Bewachungsgewerbe betreiben oder als Wachperson arbeiten wollen, unterliegen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung (§ 34a GewO). Werden diese Personen bei der Bewachung von Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sowie bei der Bewachung von zugangsgeschützten Großveranstaltungen eingesetzt, wirkt das LfV mit.
§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. l) HVSG regelt die Übermittlungsbefugnis des LfV auch für die Fälle gesetzlich an anderer Stelle normierter Überprüfungen. Dies betrifft zum Beispiel die für den Bereich der Polizei geltenden §§ 13a und 13b des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG). Das LfV wird nur dann in die Überprüfungen einbezogen, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist und die betroffene Person einwilligt. So wirkt das LfV etwa bei der Überprüfung von Personen mit, die eine Tätigkeit als Bedienstete einer Behörde mit Vollzugsaufgaben anstreben oder einen unbegleiteten Zutritt zu staatlichen Einrichtungen erhalten sollen. Gleiches gilt bei Personen, für die ein privilegierter Zutritt zu einer Veranstaltung einer Behörde oder öffentlichen Stelle oder zu einer besonders gefährdeten Veranstaltung in nicht öffentlicher Trägerschaft beantragt wird.
Auf Grundlage des § 13a HSOG wirkt das LfV bei der Überprüfung von Personen mit, die im sicherheitssensiblen Bereich von Veranstaltungen, wie etwa dem Hessentag, eingesetzt werden sollen. Schließlich wirkt das LfV auch bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung von an der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und ihren Außenstellen (HEAE) beschäftigten Dolmetschern mit (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. h) HVSG).
Erteilung von Aufenthaltstiteln | Die Ausländerbehörden übermitteln vor erstmaliger Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln die personenbezogenen Daten der Antragsteller an das LfV, um zu prüfen, ob Versagungsgründe vorliegen (§ 73 Abs. 2 AufenthG, Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet). Werden dem LfV nachträglich sicherheitsrelevante Informationen bekannt, ist es verpflichtet, diese mitzuteilen (Nachberichtspflicht nach § 73 Abs. 3 AufenthG).
Seit 2009 besteht in Hessen eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe, an der unter anderem Vertreter des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, der Polizei und des LfV teilnehmen. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit in Hessen lebenden Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die aus Sicht von Polizei und LfV dem extremistischen, terroristischen Spektrum oder der OK zuzuordnen sind. Ziel ist eine enge behördenübergreifende Zusammenarbeit bei Einzelfällen, die eine besondere Sicherheitsrelevanz aufweisen und bei denen aufenthaltsbeendende oder aufenthaltsbeschränkende Maßnahmen geboten sind.
Einbürgerung | Auch bei Einbürgerungsbewerbern, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, fragen die zuständigen Regierungspräsidien vor ihrer Entscheidung im Einbürgerungsverfahren beim LfV nach Erkenntnissen (§§ 32 u. 37 Abs. 2 StAG, Staatsangehörigkeitsgesetz).
Visumverfahren | Beantragt ein Ausländer aus einem konsultationspflichtigen Staat bei einer Auslandsvertretung ein Visum zur Einreise nach Deutschland bzw. in das Gebiet der Schengener Staaten, ist eine Vielzahl inländischer Stellen, wie etwa die nationalen Sicherheitsbehörden, zu beteiligen. Zur Feststellung eventueller Versagungsgründe oder sonstiger Sicherheitsbedenken ist dabei eine Übermittlung von personenbezogenen Daten über das Bundesverwaltungsamt (BVA) als technischer Dienstleister an das BfV möglich. Ergibt sich bei einem automatisierten Datenabgleich mit dem NADIS eine Eintragung des LfV, wird es an dem Verfahren beteiligt (§ 73 Abs. 1 AufenthG).
Konsultationsverfahren im Asylprozess | Seit 2017 wird bei unerlaubt eingereisten bzw. aufhältigen Personen sowie bei Asyl- und Schutzsuchenden mit der Erstregistrierung im Ausländerzentralregister ein automatisierter Sicherheitsabgleich initiiert, an dem das LfV – dem Visumverfahren vergleichbar – beteiligt wird (§ 73 Abs. 1a u. 3a AufenthG).
Statistik | 2020 wurden 189.707 Anfragen (2019: 184.435 Anfragen) an das LfV gerichtet. Zu den anfragestärksten Mitwirkungsaufgaben zählten insbesondere die Beteiligung bei Aufenthaltstiteln, Einbürgerungen, Visa und die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem WaffG, BJagdG und LuftSiG. Die anfragestärksten Prüfungsbereiche wurden statistisch erfasst. Die mit der COVID-19-Pandemie verbundenen Reisebeschränkungen wirkten sich auf die Zahl der Visumerteilungen und das im Bereich der Luftsicherheit eingesetzte Personal aus.
Im Bereich Sonstige sind unter anderem enthalten: Konsultationsverfahren im Asylprozess, SprengG, AtG, GewO, Veranstaltungen und HEAE.