Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2018

Verfassungsschutz in Hessen

Zukunft unserer Vergangenheit: Notwendigkeit von Verfassungsschutz

Vor hundert Jahren erklärte am 6. Februar 1919 der kurz darauf zum Reichspräsidenten ernannte Friedrich Ebert (1871 bis 1925) in seiner Rede zur Eröffnung der verfassungsgebenden Weimarer ­Nationalversammlung: „Das deutsche Volk ist frei, bleibt frei und regiert in aller Zukunft sich selbst“. Freilich konnte damals, wenige Monate nach dem Ende von Krieg und Monarchie, niemand ahnen, dass sich diese Worte nicht erfüllen würden. Vielmehr stand Deutschland bereits 14 Jahre später am Beginn eines Wegs, der es in den Abgrund eines verbrecherischen Terrorregimes führen sollte.

Auf einen Blick

  • Fortschreitende Aushöhlung der Weimarer Demokratie
  • Offene Feindschaft gegenüber dem Weimarer „System“
  • Lehren aus dem Scheitern der ersten deutschen Demokratie
  • Institutioneller Verfassungsschutz als Bestandteil der „wehrhaften Demokratie“
  • Erfordernis einer kognitiv-affektiven Informations- und Wertevermittlung

Fortschreitende Aushöhlung der Weimarer Demokratie | Gestalteten sich die innen- und außenpolitischen sowie die wirtschaftlichen und sozialen Ausgangsbedingungen für die junge Weimarer Republik schwierig und überaus komplex, so war die am 14. August 1919 in Kraft getretene Reichsverfassung eine „gute Verfassung in schlechter Zeit“ (Christoph Gusy), da sie unter der Bezeichnung „Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen“ (Artikel 109 ff.) klassische bürgerliche Freiheitsrechte festlegte.

Trotz ihrer Fortschrittlichkeit enthielt die Verfassung, wie uns seit dem Scheitern der Weimarer Republik im Jahr 1933 zunehmend bewusst geworden ist, Schwächen. Die „Grundrechte und Grundpflichten“ standen unter einem Gesetzesvorbehalt, mussten also durch entsprechende Gesetze in Kraft gesetzt bzw. konnten im Wege der einfachen Gesetzgebung verändert werden. Hauptmangel war jedoch das im Artikel 48 festgeschriebene Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten, von dem bereits Friedrich Ebert bis zu seinem plötz­lichen Tod im Jahr 1925 mehr als hundert Mal Gebrauch machte, wenn auch nur, um bedrohlichen wirtschaftlichen sowie außen- und innenpolitischen Krisen entgegenzusteuern.

Nach dem Scheitern der letzten Großen Koalition im Jahr 1930 berief Eberts Nachfolger, Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847 bis 1934), insgesamt fünf – der parlamentarischen Kontrolle weitgehend entzogene – Präsidialkabinette, zuletzt unter dem Reichskanzler und späteren Diktator Adolf Hitler (1889 bis 1945). In einer – vor allem wegen der Weltwirtschaftskrise (1929) und ihrer Folgen – prekären politisch-sozialökonomischen Situation trugen Hindenburg und seine Entourage mit ihrer antiparlamentarischen Auslegung der Weimarer Reichsverfassung („Verfassungsdurchbrechungen“) – neben vielen anderen Personen und Faktoren – entscheidend dazu bei, das demokratische Prinzip zugunsten eines zunehmend autoritären Systems auszuhöhlen.

Dabei ist zu betonen, dass die Weimarer Republik keineswegs wehrlos gegenüber den Feinden der Demokratie war. Sie verfügte über entsprechende Instrumentarien, wie etwa das Gesetz zum Schutz der Republik vom 21. Juli 1922, die Möglichkeit des Partei- und Vereinsverbots, strafrechtliche Bestimmungen sowie die Politische Polizei und den Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung. Die Entwicklung, welche die Weimarer Republik nahm, war keineswegs eine Einbahnstraße in die nationalsozialistische Barbarei. Freilich fehlten etlichen der in Politik, Justiz, Wirtschaft und Kultur verantwortlichen Personen die demokratische Überzeugung sowie die Entschlusskraft, die Instrumentarien, die der Weimarer Republik zur Verfügung standen, ausreichend und konsequent anzuwenden.

Offene Feindschaft gegenüber dem Weimarer „System“ | Vor diesem Hintergrund (hinzu kamen weitverbreitete antidemokratische Vor­behalte in vielen Bevölkerungsschichten) agierte die Nationalsozialis­tische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) unter der Führung Hitlers – neben der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) – in Wort und Tat als entschiedene und unmissverständliche Feindin der Weimarer Republik. So hieß es in der 1927 veröffentlichten Schrift des nationalsozialistischen Agitators und Demagogen Joseph Goebbels (1897 bis 1945) „,Der Nazi-Sozi‘. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten“:

„Haben wir einmal den [nationalsozialistischen] Staat etabliert, dann ist dieser Staat unser Staat, dann werden wir, und wir alleine, die verantwortlichen Träger dieses Staates sein. […] Dann gestalten wir den Staat auf dem Wege der diktatorischen Gewalt nach unseren Grundsätzen um. Dann wird die verantwortliche Minderheit einer schlappen, faulen, handlungsunfähigen und dummen Mehrheit, hinter der verborgen doch nur der Jude seine schwarzen Pläne verfolgt, ihren Willen aufzwingen und die Notwendigkeiten durchzusetzen wissen, die zur Erreichung des Volkes erforderlich sind“.

Selbstzufrieden stellte Goebbels als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda neun Monate nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ bzw. der „Machtübertragung“ Hindenburgs an das Präsidialkabinett Hitler (30. Januar 1933) in einer öffentlichen Rede fest, dass diese Strategie aufgegangen sei:

„Wenn wir in das Parlament einzogen, so nicht um des Parlamentarismus willen, sondern um uns in unserem Kampfe gegen den Parlamentarismus der Waffen zu bedienen, die uns der Parlamentarismus zur Verfügung stellte“.

Lehren aus dem Scheitern der ersten deutschen Demokratie | Nach dem Ende des von den Nationalsozialisten herbeigeführten Kriegs standen 1948 wiederum Beratungen für eine (provisorische) Verfassung an. Dieser Krieg hatte weitaus verheerendere Auswirkungen als der vorangegangene Erste Weltkrieg, so hatte das nationalsozialis­tische Unrechts- und Terrorregime unter anderem den Tod von über sechs Millionen Juden, 3,3 Millionen russischen Kriegsgefangenen sowie von mehr als 250.000 Sinti und Roma verschuldet, weltweit waren 60 bis 70 Millionen Menschen ums Leben gekommen.

Vor diesem Hintergrund stellte am 8. September 1948 Dr. Carlo Schmid, der Vorsitzende des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates, unter anderem die Frage, ob in dem neu zu schaffenden Grundgesetz (GG), das nur für das von den Westalliierten besetzte Gebiet gelten sollte, Gleichheit und Freiheit völlig uneingeschränkt und absolut sein sollten.

„[Sollten] sie auch denen eingeräumt werden, deren Streben ausschließlich darauf ausgeht, nach der Ergreifung der Macht die Freiheit selbst auszurotten? Also: Soll man sich auch künftig so verhalten, wie man sich zur Zeit der Weimarer Republik zum Beispiel den Nationalsozialisten gegenüber verhalten hat? […] Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es nicht zum Begriff der Demokratie gehört, dass sie selber die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft. Ja, ich möchte weitergehen. Ich möchte sagen: Demokratie ist nur dort mehr als ein Produkt einer bloßen Zweckmäßigkeitsentscheidung, wo man den Mut hat, an sie als etwas für die Würde des Menschen Notwendiges zu glauben. Wenn man aber diesen Mut hat, dann muss man auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie missbrauchen wollen, um sie aufzuheben“.

Diese Problematik – insgesamt die Frage, aus welchen Gründen die Weimarer Republik verfassungsrechtlich, institutionell und personell gescheitert war –, die Furcht vor einer Wiederholung vergleichbarer Krisen sowie die Entstehung kommunistischer Diktaturen in ­Osteuropa bildeten den Rahmen für die Erörterungen der Mütter und Väter des Grundgesetzes.

Ihre 1949, das heißt vor 70 Jahren, im Grundgesetz festgeschriebenen Schlussfolgerungen enthalten wesentliche Vorkehrungen zum Schutz der Verfassung, die – im Unterschied zur Weimarer Reichsverfassung – jetzt über wirksame gesetzliche Regelungen und Instrumentarien verfügt, um sich gegen ihre (eigene) Beseitigung zu wehren. Zu nennen sind etwa

  • die Wesensgehalt- und Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 2 u. 4 GG),
  • die Möglichkeit des Parteienverbots (Art. 21 Abs. 2 GG) und des Vereinsverbots (Art. 9 Abs. 2 GG),
  • die Verwirkungsvorschrift des Art. 18 GG,
  • die in Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze sowie die „Ewigkeitsklausel“ (Art. 79 Abs. 3).

Dabei befinden sich die von Carlo Schmid thematisierten Prinzipien „Freiheit“ und „Intoleranz“ in einem Spannungsfeld: Zu viel Freiheit gewährt Verfassungsfeinden möglicherweise zu viele Aktionsräume, zu viel „Intoleranz“ (im Sinne von staatlichen Verboten) unterminiert möglicherweise demokratische Freiheiten. Die Positionen in diesem Spannungsfeld sowie ihr Verhältnis zueinander unterlagen in der nunmehr 70-jährigen Geschichte der Bundesrepublik einem eingehenden Abwägungsprozess, der in Gegenwart und Zukunft stets aufs Neue vollzogen werden muss.

Institutioneller Verfassungsschutz als Bestandteil der „wehrhaften Demokratie“ | Dem Grundgesetz und der daran anknüpfenden Rechtsprechung vorausgegangen war die wissenschaftliche Konzeption einer „wehrhaften Demokratie“, die der Jurist Karl Loewenstein (1891 bis 1973) und der Soziologe Karl Mannheim (1893 bis 1947) entwickelt hatten. Loewenstein hatte bereits Ende Oktober 1931 während der Tagung der Deutschen Staatsrechtslehrer in Halle gefordert:

„Der Staat hat die Pflicht der Selbsterhaltung, sich dagegen zu wehren, daß gerade den Parteien der parlamentarische Apparat zur Verfügung gestellt wird, die sich zum Programm gemacht haben, diesen Apparat zu zerschlagen. Der Staat, der […] bedroht wird, muß sich entschlossen dagegen zur Wehr setzen“.

In ihren wissenschaftlichen Arbeiten, die während ihres Exils in den Vereinigten Staaten von Amerika bzw. in Großbritannien in den 1930er und 1940er Jahren entstanden, beschäftigten sich Loewenstein und Mannheim mit den Ursachen (staatlichen) Machtmissbrauchs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Loewenstein sah es als Aufgabe des Staats an, sowohl sich selbst (als Herrschaftsordnung) als auch die Grundrechte zu schützen, während Mannheim dies als Angelegenheit der Zivilgesellschaft betrachtete. Die Überlegungen von Loewenstein und Mannheim fanden – nicht direkt nachweisbar für das Grundgesetz – seit den 1950er Jahren Eingang in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und in die politischen Debatten in der Bundesrepublik.

Zu der Konzeption der „wehrhaften Demokratie“ gehört der in Artikel 73 Abs. 1 Nr. 10 GG erwähnte institutionelle Verfassungsschutz, wonach Bund und Länder unter anderem „zum Schutze der freiheit­lichen demokratischen Grundordnung“ (siehe unten das ­ Kapitel „Freiheitliche demokratische Grundordnung“) zusammenarbeiten. Folglich schuf der Bund auf entsprechender gesetzlicher Grundlage am 7. November 1950 das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). In Hessen verabschiedete – ähnlich wie in anderen Ländern – der Landtag am 19. Juli 1951 ein eigenes Gesetz für das LfV, das aktuell als Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen vom 25. Juni 2018 vorliegt. Darin wird in der Präambel des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes (HVSG) die Notwendigkeit des institutionellen Verfassungsschutzes betont: „Er [der Verfassungsschutz] ist Dienstleister der Demokratie und hält insbesondere die analytischen Kompetenzen zur Beurteilung jener Gefahren vor, die Demokratie und Menschenrechten durch extremistische Bestrebungen drohen“.

Erfordernis einer kognitiv-affektiven Informations- und Wertevermittlung | Für die heutige Demokratie, die – ebenso wie vor hundert Jahren – Krisen kennt, können sowohl aus dem Scheitern der Weimarer Republik als auch aus der Analyse aktueller extremistischer Phänomene etliche Schlussfolgerungen gezogen werden. Eine der wichtigsten ist: Eine monokausale Erklärung für das Ende der ersten deutschen Demokratie gibt es nicht. Es war ein komplexes und kompliziertes Geflecht von Krisen und Ereignissen – unter anderem „Wirtschaftskrise, Regierungskrise, Krise des Parteiensystems, gesellschaftliche Krise, durchgreifende Legitimationskrise an der Spitze und an der Basis“ (Ian Kershaw) –, die in ihrer Verschränkung und Akkumulation zur „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten führten. In diesen Kontext gehören ebenso die fundamentale Feindlichkeit und die entsprechende Betätigung von Rechts- und Linksextremisten gegen die Demokratie wie das Agieren bzw. die „konkrete[n] Intrigen einiger weniger Akteure, […] die erst die Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten ermöglichten“ (Martin Grosch).

Was unser Verstehen unserer jüngsten deutschen Geschichte und das „Lernen“ aus ihr betrifft, sollte folgender Satz des Schriftstellers Kurt Tucholsky (1890 bis 1935) bedacht werden, den er unter einem Pseudonym am 10. Oktober 1930 in der liberalen Vossischen Zeitung formuliert hatte: „Erfahrungen vererben sich nicht – jeder muss sie allein machen“. In unserem kollektiven Bewusstsein vergeht die nationalsozialistische Vergangenheit als Erfahrung immer mehr. „Historische Errungenschaften wie Gewaltenteilung, Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit“ werden, so Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede am 6. Februar 2019 zum Festakt „100 Jahre Weimarer Reichsverfassung“, „vielerorts auch bei uns in Europa wieder angefochten und in Zweifel gezogen“. Mit diesem beklagenswerten und zunehmenden Gedächtnisverlust muss sich auch die Extremismusprävention des Verfassungsschutzes im Rahmen ihrer entsprechenden Arbeit offensiv auseinandersetzen. Es gilt, gezielt den Menschen als persönlich verantwortliches Individuum anzusprechen, weil letzten Endes der Mensch als Triebkraft im Zentrum von politischen Ereignissen und Entwicklungen steht.

Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der Extremismusprävention des LfV, die nunmehr im § 2 Abs. 1 HVSG verankert ist, vor allem zwei Kompetenzen zu vermitteln: auf kognitiver Ebene das sachbezogene Wissen in Bezug auf Demokratie und Extremismus sowie auf affektiver (emotionaler) Ebene die „Vorbeugung persönlichkeitsbedingter Risikofaktoren für Autoritarismus, Gewalt, Radikalisierung, Rassismus und Extremismus“ (Tom Mannewitz). Mehr denn je müssen vor allem diejenigen Menschen erreicht werden, die bereits im Kindesalter und als Jugendliche keinen bzw. einen nur unzureichenden Zugang zu einer adäquaten Bildung haben und sich als Außenstehende in unserer Gesellschaft missverstanden fühlen. So mahnte Bundespräsident Dr. Steinmeier in seiner oben erwähnten Rede in Weimar: „Demokratie gelingt oder scheitert nicht auf dem Papier der Verfassung, sondern in der gesellschaftlichen Realität“.

Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen

Das Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen vom 25. Juni 2018 löst das bis dahin gültige Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz vom 19. Dezember 1990 (GVBl. I S. 753), zuletzt geändert durch § 29 VerfassungsschutzG vom 25. Juni 2018 (GVBl. S. 302), ab. Mit Ablauf des 3. Juli 2018 wurde das alte Gesetz aufgehoben. Das Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen besteht aus zwei Artikeln: Den Artikel 1 bildet das am 4. Juli 2018 in Kraft getretene HVSG, den Artikel 2 das Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen (Verfassungsschutzkontrollgesetz), das am 18. Januar 2019 in Kraft trat.

Das Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen trägt dem in den vergangenen Jahren eingeleiteten Wandel des Verfassungsschutzes in Hessen Rechnung und beschreibt einen ­modernen Verfassungsschutz mit klaren Regeln und gestärkter parlamentarischer Kontrolle. Durch inhaltliche Umstrukturierung, redaktionelle Überarbeitung und Straffung des Gesetzes ist der Verfassungs­schutz in Hessen auf eine trag- und zukunftsfähige gesetzliche Grundlage gestellt.

Auf einen Blick

  • Empfehlungen und Urteile umgesetzt
  • Standardisierungen – optimierte Informationsübermittlung
  • Verfassungsschutzkontrollgesetz

Empfehlungen und Urteile umgesetzt | In Bezug auf die klare Definition der Befugnisse des LfV und deren Grenzen werden im HVSG die auf Bundes- und Länderebene erarbeiteten – insbesondere die der Öffentl ichkeit am 12. Oktober 2015 durch die Expertenkommission der Hessischen Landesregierung vorgestellten – Handlungsempfehlunge n umgesetzt. Dabei werden auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, resultierend aus seinen Urteilen über das Antiterrordateigesetz (ATDG) vom 24. April 2013 und das Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) vom 20. April 2016 beachtet. Hinsichtlich seiner Ausgestaltung im Einzelnen hatte das ATDG den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, während das BKAG in verschiedener Hinsicht im Widerspruch zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestanden hatte. Ebenso fließen Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses vom 22. August 2013 in das HVSG ein.

Standardisierungen – optimierte Informationsübermittlung | Die Neufassung des Gesetzes zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen setzt auf bundeseinheitlich geltende rechtsstaatliche Standards, wie sie insbesondere im Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel-10-Gesetz) und in dem überarbeiteten Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) vom 30. Juni 2017 niedergelegt sind. Die vom Bundesgesetzgeber normierten Grenzen für den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten sind weitestgehend wortgleich im HVSG (§§ 12 und 13) enthalten.

Ebenso finden sich die Vorschriften zur Übermittlung von Informationen zwischen dem LfV und anderen öffentlichen Stellen, insbesondere Polizei und Staatanwaltschaft, in enger Anlehnung an das BVerfSchG im HVSG wieder. Dadurch ist der auf Hessen bezogene Informationsaustausch (§§ 18 bis 20 HVSG) neu geregelt und optimiert.

Verfassungsschutzkontrollgesetz | Um die Bedeutung der parlamentarischen Kontrolle und die Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung zu unterstreichen, ist die bisher als Teil des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz geregelte parlamentarische Kontrolle nun in ein eigenständiges Gesetz, das Verfassungsschutzkontrollgesetz, gefasst. Wichtige Eckpunkte bilden die Pflicht der Landesregierung zur Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV), die Befugnisse der PKV sowie das Recht der Mitglieder der PKV, zur Unterstützung ihrer Arbeit jeweils einen Fraktionsmitarbeiter zu benennen (§§ 3, 4, u. 5 Verfassungsschutzkontrollgesetz). Die in diesem Gesetz enthaltenen Regelungen bilden eine wichtige Legitimationsvoraussetzung für den Verfassungsschutz und seine Tätigkeit in Hessen.

Freiheitliche demokratische Grundordnung

Den Kern der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland bildet die freiheitliche demokratische Grundordnung. In ihr sind tragende Grundprinzipien festgeschrieben, die absolute Werte und unverzichtbare Schutzgüter sind. Resultierend aus den Erkenntnissen über das Scheitern der Weimarer Republik und aus den furchtbaren Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Terror- und Unrechtsregime (1933 bis 1945) ist die Demokratie in Deutschland heute streitbar und abwehrbereit. Sie ist willens und fähig, sich gegen Angriffe ihrer Feinde zu verteidigen. Der Verfassungsschutz hat hierbei die wichtige Funktion eines „Frühwarnsystems“.

Auf einen Blick

  • Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
  • Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
  • Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit | Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unsere Demokratie eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung. In ihr sind die Grundrechte der Bürger garantiert; es ist jedem Bürger möglich, staatliche Entscheidungen durch unabhängige Gerichte nachprüfen zu lassen. Das bedeutet, dass staatliche Willkür ausgeschlossen und das Handeln der Behörden an Recht und Gesetz gebunden ist. Jeder Bürger genießt Rechtssicherheit. Diese Ordnung gründet sich auf dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit, auf der Freiheit und Gleichheit aller Menschen, auf der Gewalten­teilung und der Unabhängigkeit der Gerichte.

Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | Zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die unabänder­liche oberste Werteprinzipien als Kernbestand unserer Demokratie enthält, zählen:

  • die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte,
  • das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  • die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  • das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  • die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
  • die Unabhängigkeit der Gerichte und
  • der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

Garantie der Menschenwürde als Ausgangspunkt | Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in einer Pressemitteilung zu seinem Urteil vom 17. Januar 2017 (2 BvB 1/13) auf den Antrag des Bundes­rates, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisationen als verfassungswidrig einzustufen und aufzulösen, Folgendes erklärt:

„Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG beinhaltet die zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit nicht vereinbar. Daneben sind im Rahmen des Demokratieprinzips die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung aller Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) konstitutive ­Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips gilt dies für die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte und das staatliche Gewaltmonopol“.

Aufgaben, Befugnisse, Mitwirkungsaufgaben

Aufgabe des LfV ist es, den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit von Bund und Ländern zu treffen. Darüber hinaus erstellt das LfV Lageberichte und Analysen. Zu diesem Zweck sammelt es Informationen – insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen – über entsprechende Bestrebungen und Tätigkeiten und wertet sie aus.

Auf einen Blick

  • Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen
  • Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln
  • Mitwirkungsaufgaben des LfV

Aufgaben – Definition extremistische Bestrebungen | Extremistische Bestrebungen im Sinne des HVSG sind politisch bestimmte ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die auf die Überwindung der freiheitlichen demo­kratischen Grundordnung zielen. Nicht extremistisch ist die kritische Auseinandersetzung mit Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, ohne dass diese Auseinandersetzung das Ziel der Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verfolgt.

Neben extremistischen Bestrebungen, die auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen, beobachtet das LfV

  • sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  • Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG), gerichtet sind,
  • Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

Befugnisse – Kein Einsatz von Zwangsmitteln | Das LfV hat keine exekutiven Befugnisse. Es darf zum Beispiel Personen weder vorladen noch festnehmen oder Durchsuchungen durchführen. Die Zusammenarbeit mit dem LfV beruht für Privatpersonen auf Freiwilligkeit. Um Maßnahmen, zu denen das LfV selbst nicht befugt ist, darf das LfV die Polizei nicht ersuchen, was eine der Ausprägungen des Trennungsgebots zwischen Verfassungsschutz und Polizei ist.

Mitwirkungsaufgaben des LfV | Neben den oben beschriebenen Aufgaben unterstützt das LfV im Bereich des Geheim- und Wirtschaftsschutzes Behörden und Unternehmen mit seinen Erkenntnissen und seinem Wissen. Ebenso wirkt das LfV mit bei:

  • Aufenthalts-/Einbürgerungsverfahren von Ausländern und
  • Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen (unter anderem für die Bereiche Luftsicherheit, Atomkraftanlagen und den Umgang bzw. Verkehr mit Waffen und Sprengstoff).

Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzlich festgelegt. In allen Ländern bestehen hierfür eigene gesetzliche Grundlagen. In Hessen sind die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes im HVSG geregelt. Darüber hinaus regelt das Bundesverfassungsschutzgesetz die Aufgaben und die Rechtsstellung des BfV sowie die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern.

Methoden

Um mittels kontinuierlicher Beobachtung verfassungsschutzrelevante Bestrebungen und Tätigkeiten zu erkennen und in fundierten Analysen zu beschreiben, bedient sich das LfV verschiedener Methoden. Sie reichen von der Informationsgewinnung aus allgemein zugänglichen Quellen über das Verwenden technischer Mittel bis hin zum Einsatz von Vertrauensleuten.

Auf einen Blick

  • Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen
  • Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln

Informationserhebung auf der Grundlage allgemein zugänglicher Quellen | Die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen gewinnt das LfV vornehmlich aus allgemein zugänglichen Quellen. Dazu gehören unter anderem

  • Publikationen,
  • Internetinhalte,
  • Besuche öffentlicher Veranstaltungen.

Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln | Verfassungsfeinde und andere Personen bzw. Gruppierungen, die dem Beobachtungsauftrag des LfV unterliegen, arbeiten aber oft konspirativ, das heißt, sie versuchen ihre wahren Ziele und Aktivitäten zu verschleiern oder geheim zu halten. Die Sammlung allgemein zugänglichen Materials durch das LfV und der Informationsaustausch mit anderen Behörden und anderen Stellen genügen deshalb zuweilen nicht, um ein vollständiges und sachgerechtes Bild von verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen sowie von Spionagetätigkeiten und Aktivitäten der Organisierten Kriminalität zu erhalten. Daher ist das LfV befugt, unter bestimmten gesetzlichen Vorgaben auch nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs,
  • technische Mittel zur Wohnraumüberwachung,
  • technische Mittel zur Ortung von Mobilfunkendgeräten,
  • die Observation verdächtiger Personen,
  • das Fertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen,
  • die Beobachtung des Internets sowie
  • das Einsetzen von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauens­leuten.

Die Vertrauensleute gehören nicht dem Verfassungsschutz an, liefern aber Informationen aus dem jeweiligen Beobachtungsobjekt.

Nachrichtendienstliche Mittel dürfen in Bezug auf personen­bezogene Daten nur dann erhoben werden, wenn hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die entsprechenden Regelungen sind in § 5 HVSG festgehalten. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel unterliegt gewissen gesetzlichen Schranken, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 14 HVSG).

Kontrolle

Die Tätigkeit des LfV wird auf vielfältige Weise kontrolliert. Dies geschieht insbesondere durch die PKV des Hessischen Landtags. Die Regularien, welche die parlamentarische Kontrolle und die PKV als Institution betreffen, sind im Verfassungsschutzkontrollgesetz festgeschrieben.

Auf einen Blick

  • Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Landtags
  • Pflichten der Landesregierung
  • Befugnisse der PKV
  • G-10-Kommission
  • Rechts- und Fachaufsicht
  • Weitere Kontrollen

Wahl der PKV-Mitglieder aus der Mitte des Landtags | Im Unterschied zu dem früheren Gremium besteht die amtierende PKV nicht mehr aus fünf, sondern aus sieben Mitgliedern. Der Landtag wählt dazu – analog zu der Regelung auf Bundesebene – die Mitglieder der PKV aus seiner Mitte und bestimmt demnach die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der PKV. Die Beratungen der PKV sind geheim.

Pflichten der Landesregierung | Die Pflicht der Landesregierung zur Unterrichtung der PKV sowie deren Befugnisse sind präzisiert und erweitert worden. Neben der umfassenden Unterrichtung der PKV durch das für das LfV zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport über die allgemeine Tätigkeit des LfV und über Vorgänge von besonderer Bedeutung wird die Kontrollkommission über weitere Sachverhalte informiert: so etwa über besondere Auskunftsersuchen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung, die Ortung von Mobilfunkendgeräten und Observationen sowie den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten (§§ 10, 7, 9, 11, 12 u. 13 HVSG).

Befugnisse der PKV | Jedes Mitglied der PKV kann die Einberufung einer Sitzung verlangen. Darüber hinaus hat jedes Mitglied das Recht der Akteneinsicht; falls erforderlich, ist dabei nunmehr auch Zutritt zu den Dienststellen des LfV zu gewähren. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit kann die PKV einen Sachverständigen mit der Durchführung von Untersuchungen beauftragen, welcher der PKV über das Ergebnis berichten muss. Darüber hinaus hat die PKV das Recht, den Haushaltsplan des LfV mitzuberaten.

G-10-Kommission | Maßnahmen, die mit einem Eingriff in Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) verbunden sind, bedürfen der Genehmigung der G-10-Kommission des Hessischen Landtags.

Rechts- und Fachaufsicht | Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport nimmt die Rechts- und Fachaufsicht über das LfV wahr, das heißt es prüft die Recht- und Zweckmäßigkeit des Handelns des LfV, indem es dessen Aufgabenerledigung steuert und kontrolliert. Dies geschieht etwa mittels Strategie- und Programmplanungen, Zielvereinbarungen, Besprechungen, Weisungen und Erlassen.

Weitere Kontrollen | Darüber hinaus kontrollieren der Hessische Datenschutzbeauftragte, der Hessische Rechnungshof und – mittelbar auf dem Wege der Berichterstattung und Kommentierung – die öffentlichen Medien die Tätigkeit des LfV. Die Speicherung personenbezogener Daten, Auskunftserteilungen und die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, die das LfV zu Lasten Betroffener trifft, unterliegen der vollständigen gerichtlichen Kontrolle.

Strukturen, Organisation, Haushalt

Der Verfassungsschutz ist als Inlandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland föderal organisiert. Der Bund und die 16 Länder unterhalten jeweils eigene Verfassungsschutzbehörden.

Auf einen Blick

  • Organisation
  • Hessisches Extremismus- und Terrorismusabwehr-
    zentrum (HETAZ): Geschäftsstelle im LfV
  • Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget

Organisation | Als obere Landesbehörde untersteht das LfV dem ­Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. Das LfV hat seinen Sitz in Wiesbaden. Das LfV gliedert sich in fünf der Amtsleitung unterstehende Abteilungen. An die Amtsleitung angebunden sind ebenso der Stab sowie die Koordination des Nachrichten­dienst­lichen Informationssystems (NADIS), die Interne Revision, die Geheimschutzbeauftragte und die Datenschutzbeauftragte. Darüber hinaus verfügt das LfV in Hessen über Außenstellen.

Wie in jeder Behörde gibt es einen Personalrat, eine Schwerbehindertenvertretung und eine Gleichstellungsbeauftragte.

Hessisches Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (HETAZ): Geschäftsstelle im LfV | Seit dem 11. März 2019 ist die Geschäftsstelle des HETAZ beim LfV angesiedelt (zu dessen Aufgaben siehe Kapitel „Wesentliche institutionelle Elemente der Sicherheitsarchitektur auf Bundesebene und in Hessen“).

Anzahl der Planstellen – Ausgabenbudget | Die Personalmittel sowie die Finanzmittel für Personal- und Sachausgaben sind im Haushaltsplan des Landes Hessen ausgewiesen. Für das Jahr 2018 standen dem LfV 352 Planstellen zur Verfügung. Das Ausgabenbudget für das Jahr 2018 belief sich auf 29.658.500.- Euro.

Wesentliche institutionelle Elemente der Sicherheitsarchitektur auf Bundesebene und in Hessen

Die Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland wurde in den letzten Jahren ausgebaut und modifiziert. Die Zielsetzung war hierbei, auf Gefahren und Bedrohungen flexibler und schneller reagieren zu können sowie Wissen und Kompetenzen verschiedener ­Sicherheitsbehörden zu bündeln. Relevante Informationen sollen unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten und gesetzlichen Vorgaben zusammengeführt und bewertet werden, ohne die organisatorische Trennung der Sicherheitsbehörden in Frage zu stellen.

Auf einen Blick

  • Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand
  • Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur
  • HETAZ

Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand | Die Organisation und Effizienz der Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere das Zusammenwirken ihrer einzelnen Elemente, unterliegt gegenwärtig einem Prüfungsprozess. So setzte der Deutsche Bundestag am 1. März 2018 einstimmig einen Untersuchungsausschuss zum islamistisch motivierten Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin vom 19. Dezember 2016 ein. Der Untersuchungsausschuss soll sich unter anderem ein Urteil bilden zu der Frage,

„ob die Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder sowie die für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten sachgerechte Maß­nahmen ergriffen haben, ob Informationen zwischen den einzelnen Behörden zeit- und sachgerecht ausgetauscht wurden und ob mit Nachrichtendiensten und Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden im europäischen und außereuropäischen Ausland sachgerecht zusammengearbeitet beziehungsweise Informationen ausgetauscht wurden“.

Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse soll der Untersuchungsausschuss unter anderem

„weitere Schlussfolgerungen für Befugnisse, Organisation, Arbeit und Kooperation der Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und der Nachrichtendienste von Bund und Ländern sowie der für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Kommunen ziehen und gegebenenfalls Empfehlungen für weitere Maßnahmen aussprechen“.

Kernelemente der bundesweiten Sicherheitsarchitektur | Die bundesweite Sicherheitsarchitektur besteht im Wesentlichen aus folgenden Einrichtungen:

  • dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) zur Abwehr und Bekämpfung des islamistischen Terrorismus,
  • dem Gemeinsamen Internetzentrum (GIZ) und
  • dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ).

Am GTAZ in Berlin sind Vertreter folgender Behörden beteiligt:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • Bundeskriminalamt (BKA),
  • Bundesnachrichtendienst (BND),
  • Generalbundesanwaltschaft (GBA),
  • Bundespolizei (BPol),
  • Generalzolldirektion (GZD),
  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),
  • Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) und die
  • Landeskriminalämter.

Im GTAZ gibt es darüber hinaus zwei voneinander institutionell ­getrennte Einrichtungen: Die Nachrichtendienstliche (NIAS) und die Polizeiliche (PIAS) Informations- und Analysestelle. NIAS- und PIAS-Mitglieder kooperieren in verschiedenen Arbeitsgruppen eng miteinander, um bestimmte Fälle aktuell zu bearbeiten sowie Gefahrenprognosen und mittel- bzw. längerfristige Analysen zu erstellen.

Nach dem Vorbild des GTAZ arbeiten im GIZ Vertreter des

  • BfV
  • BKA,
  • BND,
  • BAMAD und
  • der GBA

eng zusammen. Darüber hinaus steht das GIZ in ständigem Austausch mit den zuständigen Landesbehörden.

Aufgabe der Vertreter der am GIZ mitwirkenden Behörden ist die Beobachtung, Auswertung und Analyse von Veröffentlichungen mit islamistischen und jihadistischen Inhalten im Internet, um frühzeitig extremistische und terroristische Strukturen und Aktivitäten zu identifizieren.

Das GETZ ist als „Dachorganisation“ für die Bekämpfung folgender Phänomenbereiche zuständig:

  • Rechtsextremismus/-terrorismus,
  • Linksextremismus/-terrorismus,
  • Extremismus mit Auslandsbezug,
  • Spionageabwehr und Proliferation.

Die Federführung obliegt dem BfV und dem BKA. Die Koordinierte Internetauswertung (KIA) erfolgt beim BfV in Köln.

Am GETZ als Informations- und Kommunikationsplattform beteiligen sich – analog zu den Aufgaben des GTAZ – zur Bündelung der Fachexpertise und der Sicherstellung eines möglichst lückenlosen und schnellen Informationsflusses folgende Behörden:

  • Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern,
  • BKA,
  • BPol,
  • Europol,
  • GBA,
  • GZD,
  • BND,
  • BAMAD,
  • BAMF,
  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die
  • Landeskriminalämter.

HETAZ | Am 11. März 2019 konstituierte sich in Hessen das HETAZ als anlass- und phänomenbezogene Kommunikations-, Informations- und Kooperationsplattform unter ständiger Beteiligung des Landeskriminalamts (LKA), der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Abteilung Staatsschutz, der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie des LfV. Abhängig von konkreten Gefährdungs- und Bedrohungssachverhalten werden Vertreter weiterer Behörden, wie zum Beispiel von Polizeipräsidien, Ausländerbehörden und Jugendämtern im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs und ihrer Zuständigkeit hinzugezogen. Die Geschäftsstelle des HETAZ ist beim LfV angesiedelt.

Ziel ist es unter anderem, einen abgestimmten, fortlaufenden und nachhaltigen Informationsaustausch mit kurzen Kommunikationswegen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften und des für den Verfassungsschutz und die Polizei gültigen ­informationellen Trennungsgebots zu gewährleisten. Durch Bündelung, Verdichtung und Bewertung der Informationen soll die Erkenntnislage der zuständigen Behörden verbessert und der Austausch über operative Maßnahmen in enger Kooperation erleichtert werden. Hieraus soll auch eine noch effektiver und effizienter als bisher gestaltete Strafverfolgung resultieren.

Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit

Der Verfassungsschutz hat unter anderem die Aufgabe, die Öffentlichkeit über die in § 2 Abs. 2 HVSG genannten Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren und aufzuklären. Zu diesem Zweck stellt das LfV der Öffentlichkeit seinen jährlichen Verfassungsschutzbericht sowie eine Vielzahl weiterer Informations- und Präventionsangebote zur Verfügung. Darüber hinaus können sich Journalisten mit Anfragen an die Pressestelle des LfV wenden. Nachdem in den letzten Jahren die große Nachfrage nach dem Präventionsangebot des LfV die Notwendigkeit der Extremismusprävention deutlich belegt hat, wurde diese im § 2 Abs. 1 HVSG explizit als Aufgabe des LfV gesetzlich verankert.

Auf einen Blick

  • Hessischer Verfassungsschutzbericht
  • Informationsbroschüren des LfV
  • Prävention − Allgemeines
  • Aufklärende Prävention − Zielgruppen
  • Beratende Prävention − Zielgruppen
  • Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus (KOREX)
  • Kooperationspartner
  • Fair Play Forum
  • Pädagogischer Tag
  • Weitere Maßnahmen
  • Informationsstand auf dem Hessentag
  • Herbstgespräch
  • Entwicklung der Präventionsarbeit
  • Prävention für die Wirtschaft

Hessischer Verfassungsschutzbericht | Im Mittelpunkt der Unterrichtung der Öffentlichkeit steht der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebene jährliche Verfassungsschutz­bericht. Er informiert über die wesentlichen während des Berichtsjahrs gewonnenen Erkenntnisse des LfV und bewertet diese.

Informationsbroschüren des LfV | Damit sich die Bürgerinnen und Bürger gezielt mit verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen auseinandersetzen können, gibt das LfV Informationsbroschüren heraus. Folgende Publikationen können derzeit beim LfV direkt angefordert bzw. über dessen Internetpräsenz abgerufen werden (siehe unten Kontakt und Internetpräsenz):

  • Verfassungsschutz in Hessen − Beobachten, analysieren und informieren.
  • Extremismus erkennen − Handreichung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe.
  • Salafistische Bestrebungen in Hessen.
  • Kennzeichen und Symbole der Rechtsextremisten.
  • Gedenk- und Jahrestage von Rechtsextremisten.
  • Rechtsextremismus und Sonnwendfeiern.
  • Verfassungsfeindliche Bestrebung: „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“.
  • Mit Militanz zur Errichtung einer „herrschaftsfreien Gesellschaft“ – Einblicke in die autonome Bewegung.
  • „… und diese Gerüchte stammen nicht von irgendwelchen Nazis!“ Eine Studie zu Erscheinungsformen und ideologischen Hintergründen antisemitischer Agitation in den sozialen Netzwerken (= PAAF Analysen 1).

Darüber hinaus finden interessierte Bürgerinnen und Bürger weitere Informationsmaterialien auch auf den Internetseiten des BfV
und ­denen der anderen Landesämter für Verfassungsschutz ­( www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen ).

Prävention − Allgemeines | Das LfV hat seine Präventionstätigkeit kontinuierlich ausgebaut und verstetigt. Informationen und vorbeugende Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Salafismus bilden dabei einen deutlichen Schwerpunkt. Das Spektrum der Öffentlichkeits­arbeit und Präventionsmaßnahmen umfasst die Bereitstellung von Informationsmaterialien, die aktive Teilnahme am öffentlichen Diskurs durch ­Vorträge und Redebeiträge bei Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen sowie Presseauskünfte, zielgruppenorientierte Sensibilisierungsveranstaltungen (aufklärende Prävention) und Beratungsleistungen in konkreten Fällen (beratende Prävention).

Aufklärende Prävention − Zielgruppen | Oberstes Ziel der Präventionsarbeit des LfV ist, Menschen gegen Extremismus zu immu­nisieren. Daher versucht das LfV möglichst viele Menschen sowohl in staatlichen als auch nichtstaatlichen Stellen über Gefahren, die von extremistischen Bestrebungen ausgehen, aufzuklären. Das LfV bietet zu verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen Fortbildungen an, in denen es über Ideologien, Erscheinungsformen, Strate­gien sowie Anhaltspunkte für Radikalisierung informiert. Die Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer werden somit in die Lage versetzt, extremistische Bestrebungen, die ihnen möglicherweise im Alltag begegnen, zu erkennen.

Eine wichtige Zielgruppe der aufklärenden Prävention sind Multiplikatoren im Bereich der (Jugend-)Bildung, das heißt zum Beispiel Lehrkräfte. Das LfV ist durch die Hessische Lehrkräfteakademie als Anbieter von Fortbildungen für hessische Lehrerinnen und Lehrer akkreditiert. Auf seiner Internetseite sowie über die Online-Fortbildungsangebote der Staatlichen Schulämter bietet das LfV entsprechende Veranstaltungen an.

Weitere Adressaten sind Kommunen, Bildungseinrichtungen, Justiz, Polizei, Feuerwehr, religiöse Träger, private Sicherheitsdienstleister sowie Unternehmen und Wirtschaftsverbände.

Außerdem steht das LfV als Ansprechpartner für Vorträge bei Bürgermeisterdienstversammlungen, Magistrats- und Ausschusssitzungen sowie Parteien, Vereinen und anderen Multiplikatoren zur Verfügung.

Beratende Prävention − Zielgruppen | Um den Bedarfsträgern Handlungssicherheit im Erkennen von und im Umgang mit extremis­tischen Bestrebungen zu vermitteln, bietet die beratende Prävention ergänzend zur aufklärenden Prävention einzelfallbezogene Leistungen an. Hierzu zählen insbesondere Gespräche, Vorträge und Schulungsmaßnahmen für ausgewählte Bedarfsträger wie zum Beispiel Landkreise, Städte und Gemeinden, Schulen, soziale Einrichtungen, andere Behörden und öffentliche Stellen sowie weitere Institutionen wie Vereine, Verbände (zum Beispiel Sport- und Jugendvereine) und Moscheegemeinden, darunter auch islamistische, das heißt unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Moscheegemeinden.

Besonders die hessischen Kommunen sind wichtige Partner bei der Extremismusprävention. So ist das LfV in zahlreichen kommunalen Präventionsgremien vertreten bzw. arbeitet eng mit diesen zusammen und steht als direkter Ansprechpartner zur Verfügung.

Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus (KOREX) | Bereits im Jahr 2008 wurde im LfV das KOREX eingerichtet. Dessen Kernaufgabe ist die Aufklärungsarbeit mittels Aufbereitung des Fachwissens des LfV für bestimmte Zielgruppen sowie für die breite Öffentlichkeit. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des KOREX liegt dabei auf Fortbildungsangeboten. In diesem Rahmen informiert das KOREX über aktuelle Entwicklungen und Erscheinungsformen des Rechtsextremismus, insbesondere über Strategien, mit denen Rechtsextremisten um Zuspruch werben und wie Rechtsextremisten zu erkennen sind. Darüber hinaus erstellt das KOREX Broschüren und berät Verantwortungsträger in Politik, Behörden und Gesellschaft.

Kooperationspartner | Bei der Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist das LfV eng mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und zivilgesellschaftlichen Trägern vernetzt. Das 2013 eingerichtete HKE übernimmt die zentrale Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen zur Extremismusprävention und -intervention in Hessen. Das LfV ist im Rahmen dieses organisations- und ressortübergreifenden Ansatzes in der Lenkungsgruppe des HKE vertreten. Erreichbar ist das HKE über die Internetadresse www.hke.hessen.de .

Weiterhin gehört das LfV mit dem KOREX dem Expertenpool des landesweiten beratungsNetzwerks hessen − Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus an. In dem Expertenpool sind staatliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Initiativen miteinander vernetzt.

Zudem ist das LfV Mitglied im Fachbeirat des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus. Das 2014 gegründete Netzwerk ist das erste landesweite Präventionsprojekt gegen Salafismus in Deutschland. Im Mittelpunkt des Präventionsnetzwerks steht die Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus, die beim zivilgesellschaftlichen Träger Violence Prevention Network (VPN) angebunden ist. Die Beratung von islamistisch radikalisierten Personen und die Ausstiegsbegleitung stehen im Zentrum der Arbeit der Beratungsstelle Hessen.

Darüber hinaus arbeitet das LfV eng mit den hessischen Kommunen zusammen. So bot der Lahn-Dill-Kreis (Interessengemeinschaft Medienprävention) am 4. Dezember 2018 gemeinsam mit dem LfV eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema „Das Ringen um die Meinungsherrschaft – Rechtsextremistische Agitationsstrategien von offline bis online“ an. Dabei informierte ein KOREX-Referent die etwa 85 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die aktuellen Agitationsstrategien von Rechtsextremisten und stand im Anschluss für Fragen zur Verfügung.

Fair Play Forum | Am 20. Januar 2018 bot das LfV beim Fair Play Forum des hessischen Fußballs ein „Schnuppermodul“ unter dem ­Titel „Extremismus und Prävention“ an. Dabei wurde den Teilnehmern ein Einblick in die Phänomenbereiche Rechtsextremismus und Salafismus gegeben, um ihnen zu ermöglichen, Radikalisierung im eigenen Verein frühzeitig zu erkennen.

Pädagogischer Tag | Am 16. Mai 2018 gestaltete das LfV erstmals einen kompletten pädagogischen Tag zum Thema „Extremismus“. Auf Einladung des größten allgemeinbildenden Gymnasiums in Hessen, der Karl-Rehbein-Schule in Hanau (Main-Kinzig-Kreis), informierten und sensibilisierten zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LfV etwa 120 Lehrkräfte. Nach einem Vortrag des Präsidenten des LfV über die Aufgaben und Befugnisse des hessischen Verfassungsschutzes ging die Arbeit in insgesamt zehn Workshops zu Rechts- und Linksextremismus, Islamismus, Antisemitismus und Extremismus mit Auslandsbezug weiter.

Weitere Maßnahmen | Das LfV ist in die Fortbildungsprogramme der Justizvollzugsanstalten eingebunden und bildet gemeinsam mit dem LKA Strukturbeobachter zum Phänomenbereich Islamismus weiter. Zudem veranstaltet das LfV seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Wagnitz-Seminar des Hessischen Ministeriums der Justiz ein mehrtägiges Seminar zu den Themen „Islamismus“ und „Rechtsextremismus“ für Richter, Staatsanwälte und Bewährungshelfer. Darüber hinaus bot das LfV regelmäßig Veranstaltungen zu allen Phänomenbereichen im Rahmen der polizeilichen Aus- und Fortbildung an.

Seit 2015 fanden rund 30 Fortbildungsveranstaltungen für Mit­arbeiter in Hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen (HEAE) zum Thema „Extremistische Einflussnahme im Kontext von Flüchtlingseinrichtungen“ statt. Bei diesen vom HKE koordinierten Schulungen ging es unter anderem darum, Handlungsoptionen zu entwickeln für Fälle, in denen

  • Anzeichen für eine extremistische Radikalisierung unter Flüchtlingen bemerkt werden,
  • Tätigkeiten extremistischer Personen oder Gruppen in oder an einer Flüchtlingsunterkunft festgestellt werden,
  • Flüchtlinge extremistische Treffpunkte besuchen
  • und/oder Hinweise auf ehemalige Mitarbeiter ausländischer Nachrichtendienste bzw. auf nachrichtendienstliche Aktivitäten anderer Staaten in Bezug auf Flüchtlinge erlangt werden.

Darauf aufbauend wurde 2017 in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Gießen, dem HKE und dem VPN eine landesweite Abfolge von Präventionsveranstaltungen für kommunale Bedienstete mit dem Titel „Salafismusprävention in den Kommunen“ auf den Weg gebracht. Im Berichtsjahr wurde die Veranstaltung hessenweit durchgeführt und so Vertretern aller Kommunen eine Teilnahme an der Schulung ermöglicht.

Anlassbezogen veranstaltete das LfV zudem exklusiv für bestimmte Bedarfsträger – zum Beispiel aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft – Informationsveranstaltungen zu aktuellen extremistischen Erscheinungsformen.

Informationsstand auf dem Hessentag | Ein weiterer wichtiger Baustein der Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit des LfV ist dessen Präsenz in der Landesausstellung während des Hessentags, der im Berichtsjahr in Korbach (Landkreis Waldeck-Frankenberg) stattfand. Am Informationsstand des LfV hatten die Besucher die Möglichkeit, mit Experten über die Arbeit des Verfassungsschutzes ins Gespräch zu kommen und sich durch entsprechende Publikationen und Schautafeln über verschiedene extremistische Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren. Erstmals konnten Interessierte an einem „LfV-Wissenstest“ teilnehmen, bei dem sieben Multiple-Choice-Fragen mit Hilfe der Informationen am LfV-Stand beantwortet werden mussten, was vom Publikum sehr gut angenommen wurde.

Bei einer Bühnenveranstaltung in der Landesausstellung kooperierte das LfV mit der Alten Landesschule in Korbach. Schüler zeigten zunächst einen selbstgedrehten Film und eine Präsentation zum Thema „Antisemitismus“; dieser Auftritt wurde ergänzt von einem Interview mit der Leiterin der Phänomenbereichsübergreifenden wissenschaftlichen Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF) im LfV, deren Studie zu Antisemitismus in den sozialen Medien der Arbeit der Schülergruppe zugrunde lag. Der Präsident des LfV sprach live im Hessentagsradio über Aufgaben und Befugnisse des LfV sowie über aktuelle Herausforderungen für die hessischen Sicherheitsbehörden.

Herbstgespräch | Das jährliche Herbstgespräch des LfV fand am 14. November zu dem Thema „Die Strategien der Extremisten – Wie Verfassungsfeinde unsere Gesellschaft verändern wollen“ in Wiesbaden statt. Der Hessische Minister des Innern und für Sport, Peter Beuth, warnte in seinem Impulsvortrag vor neuen extremistischen Strategien: „Wenn Extremisten ihre verfassungsfeindlichen Gesichter hinter gefälligen Masken verbergen, um junge Leute auf ihre Seite zu ziehen, müssen bei uns alle Alarmglocken läuten“. Es sei wichtig, „dass wir extremistische Botschaften frühzeitig als solche entlarven und brandmarken“. Dafür bedürfe es gut aufgestellter Sicherheitsbehörden und einer sensiblen und wachsamen Gesellschaft, die eine eindeutige Grenzziehung zum Extremismus aktiv einfordere.

In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterten vor knapp 300 geladenen Besuchern Julia Ebner (Extremismusforscherin, London), Dr. Burkhard Körner (Präsident des Bayerischen LfV, München), Prof. Dr. Borwin Bandelow (Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Göttingen und Experte für Angsterkrankungen) sowie Michael Götschenberg (ARD-Terrorismusexperte, Berlin) unter der Moderation von Jörg Diehl (Spiegel Online) die Gefahren, die von Extremismus und den Strategien der Extremisten für unsere Gesellschaft ausgehen. Informationen über die Veranstaltung sind auf der Internetseite des LfV unter https://lfv.hessen.de/prävention/
das-herbstgespräch/20-herbstgespräch-rückblick abrufbar.

Entwicklung der Präventionsarbeit | Im Berichtsjahr führte das LfV erneut eine große Anzahl von Präventionsveranstaltungen durch. Die große Nachfrage nach den Präventionsdienstleistungen des LfV korrespondiert mit der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen, der damit verbundenen Öffnung der Behörde gegenüber der Öffentlichkeit und dem kontinuierlichen Ausbau der aufklärenden und beratenden Prävention. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Präventionstermine vervielfacht. Mit 264 Veranstaltungen wurde im Berichtsjahr die zweithöchste Anzahl an jährlichen Präventionsterminen in der Geschichte des LfV erreicht. Wie in den vergangenen Jahren fanden die meisten Veranstaltungen zu den Themen „Rechtsextremismus“, „Islamismus“ und „Wirtschaftsschutz“ statt.

Prävention für die Wirtschaft | Informationen über die Aktivitäten und Dienstleistungen des LfV zum Thema „Wirtschaftsschutz“ sind im Kapitel Geheim- und Wirtschaftsschutz enthalten.

Kontakt und Internetpräsenz

Alle Bürgerinnen und Bürger können sich an den Verfassungsschutz in Hessen wenden. Für allgemeine Fragen stehen Mitarbeiter des LfV via E-Mail ( poststelle@lfv.hessen.de ) und Telefon (0611-720566 ) zur Verfügung.

Für spezielle Fragen zur Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit ist das LfV unter folgender Telefonnummer erreichbar: 0611-720404 . Die
E-Mail-Adresse lautet: praevention@lfv.hessen.de

Für spezielle Fragen zum Wirtschaftsschutz ist das LfV unter der ­
E-Mail-Adresse wirtschaftsschutz@lfv.hessen.de erreichbar.

Die Internetseite www.lfv.hessen.de enthält außerdem Informationen zu den Aufgaben und Befugnissen des LfV sowie zu allen extremistischen Phänomenbereichen. Das LfV veröffentlicht auf seiner Homepage auch aktuelle Stellenangebote.

Impressum