Verfassungsschutz in Hessen

Bericht 2018

Geheim- und Wirtschaftsschutz

Geheim- und Wirtschaftsschutz

Aufgaben/Ziele

Das Arbeitsfeld des LfV umfasst nicht nur die Beobachtung extremistischer Bestrebungen, sondern erstreckt sich auch auf den sogenannten Geheim- und Wirtschaftsschutz. In den Bereich Geheimschutz fällt insbesondere die Mitwirkung des Verfassungsschutzes im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach dem Hessischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HSÜG). So unterstützt das LfV Behörden und Unternehmen, die mit staatlichen Verschlusssachen umgehen müssen, bei der Bewältigung dieser Sicherheitsaufgaben. Ziel des Wirtschaftsschutzes ist es, Unternehmen in ihrem Bemühen zu unterstützen, sich vor Ausspähung zu schützen. Die gesammelten Erfahrungen und das methodische Wissen des Verfassungsschutzes bilden dabei die Grundlage für eine präventive Arbeit zum Know-how-Schutz in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung.

Auf einen Blick

  • Definition und Aufgaben des Geheimschutzes
  • Personeller Geheimschutz
  • Materieller Geheimschutz
  • Definition und Aufgaben des Wirtschaftsschutzes
  • Cyberabwehr
  • Extremismusprävention
  • Auslandsreisen
  • Das LfV als Ansprechpartner

Geheimschutz

Definition und Aufgaben des Geheimschutzes | Informationen, die als Verschlusssache eingestuft sind, bedürfen bei ihrer Bearbeitung und Aufbewahrung eines besonderen Schutzes. Dies gilt für öffentliche Stellen und die Privatwirtschaft gleichermaßen. Der Geheimschutz befasst sich mit dem ordnungsgemäßen Umgang mit Verschlusssachen, das heißt mit im staatlichen Interesse geheimzuhaltenden Informationen, die Unbefugten nicht zur Kenntnis gelangen dürfen. Entsprechende Maßnahmen richten sich nach der Verschlusssachenanweisung (VSA) des Landes Hessen.

Das LfV berät alle Behörden und Unternehmen in Hessen, die Umgang mit Verschlusssachen haben. Es informiert, wie Verschlusssachen durch geeignete personelle und materielle Maßnahmen vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden können. Staatliche Verschlusssachen werden durch eine Vielzahl von Maßnahmen personeller und organisatorisch-technischer Natur geschützt (personeller und materieller Geheimschutz).

Personeller Geheimschutz | Zweck des personellen Geheimschutzes ist es, zu verhindern, dass mit einem Sicherheitsrisiko behaftete Personen Zugang zu Verschlusssachen erhalten oder an sicherheitsempfindlicher Stelle innerhalb von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt werden. Ein Sicherheitsrisiko besteht zum Beispiel bei:

  • Unzuverlässigkeit,
  • fehlender Verfassungstreue,
  • Erpressbarkeit durch Überschuldung und
  • bei besonderer Gefährdung durch Werbungsversuche ausländischer Nachrichtendienste, insbesondere bei Reisen in entsprechende Länder.

Bevor eine Person zum Umgang mit Verschlusssachen ermächtigt wird, muss eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt werden. Hierbei ist das LfV mitwirkende Behörde, die auf Ersuchen der zuständigen Stelle tätig wird. Sicherheitsüberprüfungen im Rahmen des Geheimschutzes in der Wirtschaft veranlasst das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen. Im Hessischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HSÜG) sind die Verfahrensabläufe für unterschiedliche Überprüfungsarten geregelt. Eine Überprüfung findet nur mit Einwilligung des Betroffenen statt. Im Rahmen der Mitwirkung an Sicherheitsüberprüfungen wurden im Berichtsjahr 496 Überprüfungen abgeschlossen.

Die Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen von Beschäftigten an sicherheitsempfindlichen Stellen in lebenswichtigen oder verteidigungswichtigen Einrichtungen (Sabotageschutz) ist seit 2013 ebenfalls Aufgabe des Verfassungsschutzes. In diesem Zusammenhang wurden im Berichtsjahr zusätzlich 481 Sicherheitsüberprüfungen abgeschlossen.

Materieller Geheimschutz | Der materielle Geheimschutz umfasst ­organisatorische und technische Maßnahmen. Sie sind im Wesentlichen in der VSA zusammengefasst, die sich auch an die Unter­nehmen in Hessen richtet. Die VSA regelt unter anderem die Herstellung, Aufbewahrung und Vernichtung von Verschlusssachen. Das LfV hat auch hier eine mitwirkende Funktion, das heißt, es berät und unterstützt Dienststellen und geheimschutzbetreute Unternehmen, die Verschlusssachen erstellen und bearbeiten.

Wirtschaftsschutz

Definition und Aufgaben des Wirtschaftsschutzes | Der Wirtschaftsschutz als präventiver Teil der Spionageabwehr ist seit je her ein fester Bestandteil der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Dabei ist es das Ziel, Spionageaktivitäten zu verhindern und die Wirtschaft durch Beratung und Aufklärung vor solchen Angriffen zu schützen. Hierzu ist es notwendig, die Sensibilität von Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen gegenüber Gefahren, die durch Angriffe drohen, zu erhöhen, Kenntnisse über Methoden und Ziele ausländischer Nachrichtendienste zu vermitteln und Hilfestellung beim Einsatz geeigneter Schutzmaßnahmen zu leisten („Prävention durch Information“).

Die Erfahrungen und das methodische Wissen des Verfassungsschutzes bilden die Grundlage für die präventive Arbeit im Wirtschaftsschutz. Es liegt im staatlichen Interesse, einen Beitrag zum Know-how-Schutz in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung zu leisten. Zur erfolgreichen Bekämpfung dieser Herausforderung ist daher eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Verfassungsschutz nötig.

Das LfV pflegt daher zu vielen Unternehmen, die in Know-how-intensiven Branchen tätig sind, einen vertrauensvollen Umgang und Informationsaustausch. Auch Unternehmen, die den kritischen Infrastrukturen (KRITIS) zuzurechnen sind, stehen im Austausch mit dem LfV, um sich vor möglichen Gefahren durch Spionage und Sabotage zu schützen.

Zusätzlich gibt es etablierte Strukturen und Arbeitskreise, in denen auch die hessischen Firmen, die sich in der Geheimschutzbetreuung des Bundes oder des Landes Hessen befinden, ihre Kontakte zum Wirtschaftsschutz des LfV pflegen können.

Das LfV hat in den letzten Jahren seine Aktivitäten im Wirtschaftsschutz deutlich verstärkt. In den vergangenen Jahren führte das LfV über 400 Beratungen und Vorträge bei Firmen sowie Veran­staltungen durch, wobei der thematische Schwerpunkt auf der Abwehr von Cyberangriffen mit staatlichem Hintergrund lag. Darüber hinaus war das LfV für die Firmen bei aus Sicht der Unternehmenssicherheit wichtigen Themen – wie etwa möglichen Gefahren durch Terrorismus und Extremismus – ein wichtiger Ansprechpartner. Im Bedarfsfall wurden Experten aus den Fachabteilungen des LfV hinzugezogen.

Cyberabwehr | Etwa 250 hessische Unternehmen erhielten direkt vom LfV Sicherheitshinweise zu Cyberkampagnen. Hierin enthalten waren auch technische Indikatoren, mit denen sich die Firmen gegen diese Angriffe schützen konnten. Außerdem erhielten Multi­plikatoren, wie Verbände und IT-Dienstleister, diese Hinweise für ihre Kunden. Somit erreichten die Hinweise des LfV weit über 400 Unternehmen in Hessen und darüber hinaus.

Wer einen Ausspähversuch vermutet, Angriffe auf Informations- und Kommunikationstechnik feststellt oder allgemeine Fragen zum Know-how-Schutz hat, kann sich an den Wirtschaftsschutz des LfV wenden (siehe unten die Rubrik Das LfV als Ansprechpartner).

Extremismusprävention | Im Rahmen der Sicherheitskooperation mit der Vereinigung für die Sicherheit der Wirtschaft e. V. (VSW) werden seit 2016 zweimal jährlich Workshops zu verschiedenen Aspekten des Wirtschaftsschutzes durchgeführt. So wurde im Berichtsjahr am 19. Juni ein Workshop zu dem Thema „Unternehmensbetroffenheit salafistischer Radikalisierung & Pre Employment Screening“ in den Seminarräumen des VSW in Mainz (Rheinland-Pfalz) angeboten.

Der Workshop setzte sich im ersten Teil mit dem Thema „Islamismus und Radikalisierungsgründe“ auseinander und zeigte auf, dass dieses Problem nicht nur eine gesellschaftliche Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat darstellt, sondern in besonderer Weise Wirtschaftsunternehmen betreffen kann, wenn deren Mitarbeiter in extremistische Kreise geraten. Ebenso wie Unternehmen aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit Zielscheibe islamistischer Angriffe von außen werden können, besteht die Notwendigkeit, Radikalisierungen von Mitarbeitern rechtzeitig zu erkennen und diesen mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken. Im zweiten Teil des Workshops wurde das Instrument Pre Employment Screening (PES, Recherchen vor Mitarbeitereinstellungen) vorgestellt, das in vielschichtigen und variablen Anwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten den Wirtschaftsunternehmen helfen kann, die Angaben von Bewerbern in deren Lebenslauf zuverlässig zu überprüfen.

Der zweite Workshop in Kooperation mit dem VSW fand am 6. November unter dem Titel „Linksextremismus – eine unveränderte Herausforderung“ statt. Es wurde die These diskutiert, dass der Linksextremismus – gerade im Konflikt mit dem politischen Gegner – sich häufig selbst als vermeintlich „guten Extremismus“ präsentiert bzw. als solcher wahrgenommen wird. Linksextremistische Themen werden öffentlich als möglichst anschlussfähig dargestellt, wobei Linksextremisten in Wahrheit die freiheitliche demokratische Grundordnung überwinden wollen. Bei Blockaden, Demonstrationen und massiven Sachbeschädigungen nehmen Linksextremisten vor dem Hintergrund ihrer antikapitalistischen Ideologie vor allem die Wirtschaft ins Visier. Unter anderem wurden folgende Fragen diskutiert: Wie wirken linksextremistische Ideologien in die Gesellschaft? Welche Aktionsformen sind risikorelevant? Wie lassen sich linksextremistische Personen erkennen bzw. ihre Aktionen verhindern?

Auslandsreisen | Einen weiteren Schwerpunkt des LfV im Bereich Wirtschaftsschutz bilden die Beratung vor Auslandsreisen und Feedback-Gespräche nach Auslandsreisen. Rein präventiv sind hier regelmäßig folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Gefahren drohen nicht nur, wenn sich ein Benutzer weltweit im Internet bewegt oder entsprechende Kommunikationsmittel benutzt. Gefahren entstehen auch bei Reisen in Länder, in denen die Verhältnisse politisch instabil sind, Unruhen herrschen oder sich Krisen ausgebreitet haben. Der Aufenthalt in solchen Ländern ist stets mit einem hohen Risiko behaftet. Das persönliche Verhalten in solchen Regionen erfordert größte Vorsicht und ständige Aufmerksamkeit.
  • Vor allem die Konflikte in Regionen in Afghanistan und in Pakistan sowie in Syrien und im Irak, in denen Stammeszugehörigkeiten oder Glaubensgemeinschaften über gemeinsame Grenzen hinausreichen, stellen für Reisende ein besonderes Sicherheitsproblem dar. Es besteht die Gefahr von Attentaten, Überfällen, Entführungen und anderen Gewaltverbrechen. Bei Reisen in Länder wie China und Russland können Angehörige unliebsamer Minderheiten von erheblichem Interesse für die dortigen Nachrichtendienste sein. Dies trifft auch auf Reisende zu, die über besonderes Wissen in Wirtschaft, Technik und Politik verfügen.

Bei Besuchen in solchen Staaten sind einige Regeln zu beachten, um im Rahmen der vor Ort notwendigen Kommunikation den unnötigen Abfluss von Daten zu verhindern bzw. zu minimieren:

  • Telekommunikation so weit wie möglich einschränken.
  • Nur eigene Kommunikationsmittel nutzen und Sprechdisziplin einhalten. Kein Kommunikationsmittel des Gastgebers zum Austausch sensibler Informationen verwenden.
  • Informationen auf mehrere Kommunikationsmittel sowie getrennte inhaltliche Nachrichten aufteilen (E-Mail, Telefon, persönliche Gespräche).
  • Bei Besprechungen Akku aus dem Handy entfernen oder zumindest ungenutzte Schnittstellen (zum Beispiel Bluetooth, Infrarot, WLAN) deaktivieren.
  • Laptops, Tablets, USB-Sticks, Handys, Smartphones, Navigationsgeräte oder andere elektronische Geräte nicht aus der Hand geben bzw. nicht im Hotel zurücklassen.
  • Überwachungen im Hotel einkalkulieren.
  • Nur absolut notwendige Daten auf (externen) Medien speichern.
  • Visa- und Meldebestimmungen sowie die Vorschriften bezüglich der Ein- und Ausfuhr von Devisen beachten.
  • Jede Beteiligung an illegalen Transaktionen, unter anderem den Geldtausch auf der Straße und den Kauf gefälschter Gegenstände, vermeiden.
  • Sonstige Ein- und Ausfuhrbestimmungen beachten.
  • Fotografier- und Filmverbote befolgen.
  • Keine negativen Äußerungen über das Gastland und sein Gesellschaftssystem tätigen.
  • Bei unverschuldetem oder auch verschuldetem Fehlverhalten gegenüber Behörden sofort die nächste diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland verständigen (schon vor Reisebeginn entsprechende Daten beschaffen).
  • Vorsicht bei Taxifahrten walten lassen und ein Fahrzeug eines öffentlichen Taxistands nehmen.
  • Menschenmengen und Demonstrationen meiden.

Das LfV als Ansprechpartner | Wer einen Ausspähversuch vermutet, Angriffe auf Informations- und Kommunikationstechnik feststellt oder allgemeine Fragen zum Schutz von Know-how hat, kann sich unter folgenden Kontaktdaten an das LfV wenden:

Telefonnummer: 0611-720600

E-Mail-Adresse: wirtschaftsschutz@lfv.hessen.de

Zur vertraulichen Kommunikation bietet das LfV verschiedene verschlüsselte Übertragungswege an. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie auf der Homepage des LfV unter lfv.hessen.de/presse/
anfragen-oder-beratung-zum-thema-wirtschaftsschutz
oder bei einem persönlichen Kontakt, wobei das LfV auch eine vertrauliche Zusammenarbeit anbietet.

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